Oft gelesen und geteilt 12.06.2012, 08:10 Uhr

Wohnung entkabeln, Teil 3

Im dritten und letzten Teil der Entkabelungsaktion geht es ums Fernsehen. Und jetzt wird es echt schwierig.
Neben dem Audiokabel, das erfolgreich eliminiert werden konnte (siehe Entkabelung, Teil 2), schlängelt sich auch ein Fernsehkabel quer durchs Wohnzimmer – von der Buchse des TV-Antennenkabels zur Settop-Box von UPC Cablecom. Dieses Kabel soll verschwinden.
Erste Idee: Zattoo auf dem Fernseher
Meine erste Idee ist, Zattoo auf dem Fernseher zu schauen. Testweise schliesse ich ein Netbook an den Fernseher an. Zattoo läuft hier im Webbrowser des Netbooks (natürlich mit Vollbild), und dank eines HDMI-Ausgangs kann das Signal digital auf den Fernseher übertragen werden. So weit, so gut.
Natürlich ist es viel zu umständlich, mit dem Netbook fernzusehen. Man muss zuerst das System aufstarten, den Browser öffnen, die Seite von Zattoo anwählen, das alles ohne Fernbedienung. Der Akku ist schnell unten, das Netbook macht Lärm. Aber dies ist nur ein erster Test. Es gibt ja andere Lösungen wie die WebVideoBox oder ein Smart-TV mit integriertem Web-Browser. Spezielle Zattoo-Apps für Smart-TVs gibt es bis jetzt noch nicht.
Zattoo: Der Arte-Sender steht gratis in HD zur Verfügung. Das ist praktisch für Testzwecke
Der erste Versuch ist ein Flop. Die sehr bescheidene Rechenleistung des Netbooks stösst beim Abspielen eines TV-Senders bereits an ihre Grenzen. Vor allem aber ist die drahtlose Verbindung zu langsam. Schon bei niedriger Qualität kommt es ständig zu Rucklern und Totalausfällen. Den Sender Arte kann man auch mit Gratis-Account in HD schauen; da geht dann gar nichts mehr. Auf einem voll ausgewachsenen TV muss aber eine gewisse Auflösung vorhanden sein. Denn was auf einem 10-Zoll-Bildschirm noch völlig einwandfrei aussieht, entpuppt sich bei 32 oder gar 40 Zoll als Zumutung. Daran krankt auch die WebVideoBox , die unter anderem Zattoo auf den Fernseher bringt und die wir kürzlich getestet haben. Wenn Windows gleichzeitig Updates herunterladen möchte, muss man selbst bei einer kabelgebundenen (sehr schnellen) Verbindung mit Störungen rechnen.
Auf der nächsten Seite: Drahtlos-Adapter

Drahtlos-Adapter

Zweite Idee: Drahtlos-Adapter
Die zweite Idee wäre die drahtlose Übertragung des TV-Signals mit einem Adapter. In der Nähe der Buchse steht ein kleiner Sender, am TV wird ein Empfänger angeschlossen. Sucht man im Web nach solchen Adaptern, findet man eine ganze Menge. Doch welcher ist der richtige?
Es gibt Adapter, die vom Notebook zum Fernseher streamen. Ein Beispiel dafür ist der Netgear Push2TV PTV2000. Beim Streamen von Zattoo wäre vielleicht die Bildqualität besser - immerhin verspricht der Hersteller, dass der Adapter Full HD überträgt. Aber sicher ist das nicht. Ausserdem schwebt mir eine andere Sorte von Adapter vor.
Das Marmitek GigaView 821 in einer kabelfreien Modellwelt. Diese hat aber wenig mit meinem Lebensraum gemeinsam
Der Adapter Marmitek GigaView 821 ersetzt das HDMI-Kabel. Er streamt also von der Settop-Box zum TV. Allerdings: Damit das lange TV-Antennenkabel verschwindet, müsste die Settop-Box bei der TV-Buchse stehen, und dort hat es bei mir nicht wirklich Platz. Immerhin muss man die Fernbedienung nicht an einen unzugänglichen Ort richten, sondern kann sie normal verwenden - der Signalempfänger beim TV überträgt das Infrarot-Signal zurück zum Sendermodul.
Der Adapter ist zudem mit über 400 Franken recht teuer. Günstigere Lösungen gibt es zwar auch, doch nicht in hoher Qualität. Beim Marmitek Digital TV Anywhere etwa wird Scart als Anschluss verwendet. Digitale Übertragung und HD-Qualität kann man somit vergessen.
Was ich mir wünsche, ist also ein Adapter, der das TV-Kabel ersetzt. Auch das gibt es zwar, allerdings scheint das nur analog zu funktionieren. Der Empfänger hat jedenfalls keinen Kabelausgang, der das Signal zur Settop-Box weiterleiten würde. Mit digitalem, verschlüsseltem Signal sehe ich hier schwarz.
Auf der nächsten Seite: weitere Möglichkeiten, Entscheidung und Fazit

weitere Möglichkeiten, Entscheidung und Fazit

«Wechsle doch zu Swisscom!»
Zugegeben: Swisscom-Abonnenten haben mich schon ab und zu mit ihren exklusiven On-Demand-Sportübertragungen und den gediegenen mobilen Lösungen neidisch gemacht. Nun stelle ich fest, dass Swisscom Drahtlos-Kits für ihre Settop-Boxen anbietet. Das wäre genau das, was ich bräuchte.
Aber nur wegen eines läppischen TV-Kabels wechsle ich nicht den Anbieter und zahle noch 300 Franken für dieses Wireless-Kit plus fast doppelt so hohe monatliche Fixkosten (u.a. ein überteuerter Festnetzanschluss, den ich gar nicht brauche). Dafür schaue ich zu wenig fern. Ich bin mit meiner jetzigen Lösung eigentlich sehr zufrieden. Und was den Support bei UPC Cablecom betrifft, habe ich den Eindruck, dass die Verantwortlichen ihre Lektion gelernt haben.
Horizon am Horizont
Ratlos statt drahtlos? Nicht ganz. Als letzte Möglichkeit bleibt die Hoffnung auf die neue Plattform Horizon. In diesem Jahr (was immer das heisst, ich rechne mal mit Dezember) verspricht UPC Cablecom eine völlig neue Settop-Box, die - unter anderem - auch drahtlos streamen kann.
Soll Drahtlos-Streaming beherrschen: die Horizon-Box
Damit wäre zwar die Settop-Box immer noch am falschen Ort. Aber diese Box wird kleiner sein als die jetzige Blechkiste, ausserdem wird - so hoffe ich - kein Empfänger nötig sein, sofern der Fernseher WLAN beherrscht. Drittens ist das wahrscheinlich viel weniger teuer, und viertens dürfte Horizon auch sonst viel besser sein als die jetzige Cablecom-Plattform.
Falls Horizon nicht das bringt, was ich mir wünsche, kann ich immer noch zur Konkurrenz wechseln. Es hat keine Eile. Abwarten scheint mir im Moment das Klügste.
Zugabe: Weg mit der Settop-Box
Cablecom bietet als Alternative zur Settop-Box (Media Receiver) auch die DigiCard an. Diese Entschlüsselungskarte wird direkt in den CI+-Slot des Fernsehers gesteckt. Das bedeutet: ein Gerät weniger, wodurch auch ein HDMI-Kabel und ein Stromkabel eliminiert wird. An sich eine gute Sache.
Nur: Mein angejahrter Fernseher hat keine CI+-Schnittstelle. Ich müsste eigens einen neuen TV kaufen. Zwar wäre jetzt kein schlechter Zeitpunkt - die heutigen Fernseher sind super und nicht allzu teuer, doch ich bin mit meinem vollauf zufrieden und es geht mir grundsätzlich gegen den Strich, einwandfrei funktionierende Geräte auf die Müllhalde zu kippen. Auf Ricardo.ch bekäme ich noch etwa 50 Franken für die Kiste. Neupreis war über 1300, damals ein Schnäppchen.
Nicht gerade ein Schmuckstück: Der Mediabox Receiver von UPC Cablecom
Und es gibt noch einen Hinderungsgrund: Mit einer DigiCard statt einer Settop-Box würde ich es wohl überhaupt nie schaffen, das TV-Kabel zu eliminieren.
Fazit und Zusammenfassung
Zattoo scheidet als Drahtlos-Variante am Fernseher aus. Die Datenübertragung ist im Moment noch zu langsam und unzuverlässig. Insbesondere wenn man eine hohe Qualität wünscht.
Möglich, aber teuer und in meinem Fall unpraktisch wäre ein drahtloses Streaming von der Settop-Box zum TV.
Meine (wahrscheinliche) Lösung, die aber erst in ein paar Monaten kommt: Die Horizon-Plattform von UPC Cablecom.
Falls jemand einen besseren Vorschlag oder ganz andere Erfahrungen gemacht hat: Für sachdienliche Hinweise benützen Sie bitte die Kommentarfunktion!

Autor(in) David Lee



Kommentare
Es sind keine Kommentare vorhanden.