News 04.12.2012, 14:20 Uhr

«Es geht nicht um die Kunden, sondern um den Markt»

Beim jährlichen Treff der Telekombranche klopfen sich die Exponenten gegenseitig auf die Schultern. Ein kritischerer Blick auf den Markt hätte dem Anlass gutgetan.
An der Jahrestagung zum Telekommarkt in Zürich kommen am Dienstag mit der Kommunikationskommission ComCom und dem Bundesamt für Kommunikation Bakom die wichtigsten Behörden der Branche zu Wort. Sie betonen unisono, wie gut die Schweiz im internationalen Vergleich dastehe und ziehen dazu unter anderem den OECD-Vergleich als Beispiel heran. Dort belegt die Schweiz tatsächlich den Spitzenplatz und liegt weit über dem Durchschnitt. Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit: Im zukunftsträchtigen Hochbreitbandmarkt (FTTX, LTE etc.) rangiert die Schweiz gemessen an der Anzahl aktiver Anschlüsse nur auf Rang 13. Konkret heisst das: Nur gerade 1,73 Prozent aller Schweizer surfen mit einer Geschwindigkeit von über 100 Mbit pro Sekunde, obwohl es die Abdeckung in mehr als der Hälfte aller Haushalte ermöglichen würde. Fraglich, ob dafür nur die hohen Preise verantwortlich sind. Vielmehr dürfte das winzige Angebot an z.B. Streaming von HD-Filmen dafür sprechen.
Fast komplette VDSL-Abdeckung, Glasfaser auf dem Vormarsch
Auch bei der Marktentwicklung malen ComCom und Bakom eine positive Zukunft. Sie heben hervor, dass bis 2015 ein Drittel aller Haushalte Glasfaser (FTTH) nutzen kann und bereits nächstes Jahr eine VDSL-Abdeckung von 95 Prozent erreicht wird. Das ist eine respektable Leistung, aber die Marktsituation lässt das in einem etwas anderen Licht erscheinen. Swisscom dominiert den Breitband- und Mobilfunkmarkt beinahe nach Belieben. Das führt so weit, dass der Anbieter seine Marktanteile im Festnetzbereich seit 2005 regelmässig steigern konnte, während die Konkurrenten und die anderen ehemaligen Monopolisten in Europa Anteile verloren haben. Wohl auch deshalb sagte ComCom-Chef Marc Furrer, dass eine Fusion von Orange und Sunrise irgendwann in der Zukunft wieder diskutiert werden müsse.
Keine weiteren Regulierungen gewünscht
Wenig kundenfreundlich ist ausserdem das fehlende Regulierungsinstrument der ComCom auf dem FTTH-Netz, weil dem Fernmeldegesetz eine technologieneutrale Formulierung fehlt. Wird das nicht ins Gesetz aufgenommen, besteht die Gefahr von überhöhten Preisen und langjährigen Gerichtsstreits, wie es sie bereits bei der Entbündelung der letzten Meile gab. Ob sich das kurzfristig ändert, ist unwahrscheinlich. Furrer erklärte, es bestehe die Gefahr, dass Swisscom durch Überregulierung die Investitionslust genommen werde und man dadurch die Spitzenposition der Schweiz gefährde. Die Verbandsvertreter bestätigten diese Haltung: Beispielsweise sagte Peter Grütter, Präsident vom Telekom-Verband Asut, dass der Markt im Zweifel allfällige Probleme besser löse, als der Staat.
Auch Franz Stampfli, Openaxs-Präsident, und Kurt Lanz, Leiter Infrastruktur bei Economiesuisse, stehen der Regulierung kritisch gegenüber. Stampfli findet einen Eingriff sogar bedenklich. Es bestehe kein Handlungsbedarf. Am deutlichsten jedoch drückte sich Alexander Mogg, Partner beim Beratungshaus Roland Berger, aus: «Es geht nicht darum, den Konsumenten profitieren zu lassen, sondern den Telekommarkt Schweiz zu stärken.»

Autor(in) Reto Vogt



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