News 11.08.2014, 06:13 Uhr

IBM kopiert Gehirne mit einem Supercomputer auf Briefmarkengrösse

Ist die neuste Entwicklung aus IBMs Hardwareschmiede der Start in eine neue Computer-Ära? BigBlue hat einen Chip präsentiert, der wie ein menschliches Hirn funktionieren und mehrere Rechenprozesse parallel lösen soll.
46 Milliarden synaptische Rechenoperationen soll ein neuer IBM-Chip ausführen können. Pro Sekunde und Watt. Möglich machen dies 4096 einzelne Rechenkerne mit einer Speicherleistung von 100 000 Bits, 1 Million «Neuronen» und 256 Millionen «Synapsen». Die Begriffe sind bewusst so gewählt, denn IBMs «TrueNorth»-Chip soll wie ein menschliches Hirn arbeiten.
«Es ist ein Supercomputer von der Grösse einer Briefmarke, dem Gewicht einer Feder und dem Stromverbrauch eines Hörgerätes», sagt Dharmendra Modha, Chefentwickler von IBM Research, zusammen. Er verspricht sich viel von der neusten Entwicklung, die schmecken, fühlen und hören können soll: «Das ist eine radikale Innovation.»

Erstmals 16 Chips zusammengeschlossen

Mit «TrueNorth» soll es erstmals möglich sein, mehrere Arbeitsprozesse gleichzeitig ablaufen lassen zu können. Gleichzeitig kann die Chip-Architektur beliebig ausgebaut und so die Rechenleistung nahezu unendlich erhöht werden. In einem Testlauf hatte IBM 16 Chips zusammengeschlossen. Damit kann man also 16 Millionen Gehirnzellen und insgesamt vier Milliarden Synapsen simulieren. Mit dem menschlichen Gehirn kann der Chip damit aber noch lange nicht mithalten. Dieses besteht aus rund 100 Milliarden Hirnzellen und 100 Billionen Synapsen.

Mögliches Herzstück künftiger Roboter

Die Anwendungsmöglichkeiten des Chips klingen dennoch beeindruckend. «True North» könne beispielsweise in Datenbrillen eingesetzt werden, um Sehbehinderten bei der Orientierung zu helfen. Eines Tages könne der Chip sogar «riechen», welche Krankheit ein Patient hat, schreiben die IBM-Wissenschaftler. Und auch als Herzstück von Robotern würde er ungeahnte Möglichkeiten bieten. Dies alles bei minimalen Energieaufwand. Laut IBM verbraucht der Chip nur 70 Milliwatt.

Noch keine Software und Geräte 

Zehn Jahre arbeiteten 200 Mitarbeiter an der Entwicklung des Chips, der 53 Millionen Dollar kostete.
Noch gibt es keine Software für «TrueNorth» und auch keine Geräte, die den Chip einsetzen. Eine Softwareumgebung namens SyNAPSE  hat IBM jedoch bereits enthüllt. Das Unternehmen hofft jetzt, dass die IT-Industrie gefallen am Chip findet und Anwendungszenarien entwickelt.
«Wir haben das Unmögliche möglich gemacht. Jetzt hoffen wir, dass das Mögliche schon bald zur Realität wird», sagt IBM-Forscher Modha.

Fabian Vogt
Autor(in) Fabian Vogt



Kommentare
Es sind keine Kommentare vorhanden.