News 12.11.2012, 12:40 Uhr

Patentstreit: Sinneswandel bei Apple?

Apple-Chef Tim Cook hat den ausufernden Patentkrieg gegen das Smartphone-Betriebssystem Android nur geerbt. Jetzt macht er einen ersten Schritt, um ihn zu beenden.
Der Smartphone-Pionier HTC, mit dem sich Apple am Wochenende geeinigt hat, war zuletzt zwar nicht der stärkste Gegner im Android-Lager. Aber es ist dennoch ein ganz klares Signal: Mit Apple kann man reden.
Cooks legendärer wie streitbarer Vorgänger Steve Jobs hatte hingegen vor Jahren einen «Atomkrieg» gegen Android ausgerufen, um das Google -Betriebssystem aus dem Markt zu schlagen. Jobs war wütend, weil er Bedienung und Aussehen von Android-Geräten als vom iPhone abgekupfert empfand.
Apple kann Android vor Gericht nicht besiegen
Apple: genug vom Klagen?
«Ich werde Android vernichten, weil es ein gestohlenes Produkt ist», drohte der vor gut einem Jahr verstorbene Apple-Gründer laut seinem Biografen Walter Isaacson. 2010 reichte Apple die ersten Klagen ein. Zuletzt wurde jedoch immer deutlicher: Apple kann Android vor Gericht nicht besiegen. Vielleicht einzelne Geräte bremsen, Funktionen entfernen lassen oder Herstellern das Leben schwerer machen. Auch Verbraucher bekamen den Patentkrieg schon mit einigen Verkaufsstopps zu spüren. Aber die langsamen Mühlen der Gerichte sind nicht in der Lage, mit der Dynamik des Systems Android mit seinen vielen Herstellern und unzähligen Modellen mitzuhalten.
Im dritten Quartal erreichte Android einen neuen Rekordwert im Smartphone-Markt: 75 Prozent der Computerhandys liefen mit dem Google-Betriebssystem. Apple hing vor dem Start des neuen iPhone 5 bei rund 15 Prozent fest. Apple muss sich zwar im Gegensatz zu anderen Konkurrenten keine besonders grossen Sorgen machen - das Weihnachtsgeschäft mit dem neuen Modell dürfte wieder glänzend laufen und die hohen Margen sorgen auch bei kleineren Marktanteilen für Milliardengewinne. Doch 75 Prozent bedeuten schon eine ganz klare Dominanz. Die ironischerweise auch noch im selben Quartal erzielt wurde, in dem Apple seinen bisher grössten Patenterfolg gegen Samsung errang: Eine Entscheidung kalifornischer Geschworener, die dem iPhone-Konzern über eine Milliarde US-Dollar Schadenersatz zusprachen.
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Ich werde Android vernichten, weil es ein gestohlenes ...

Motorola in schwieriger Situation
Samsung wehrt sich dagegen und will das Urteil kippen, noch bevor es offiziell vom Gericht bestätigt wird. Im Konflikt mit Samsung gab es auf Anordnung des US-Gerichts auch in diesem Jahr schon mehrere Verhandlungsrunden auf höchster Ebene, die jedoch alle ergebnislos ausgingen. Und Samsung hat auch ein ganz anderes Durchhaltevermögen als HTC: Der grösste Smartphone- und Handy-Hersteller der Welt fährt Rekordgewinne ein, während der kleinere Konkurrent aus Taiwan mit sinkenden Verkäufen kämpft.
In einer schwierigeren Situation ist Apples dritter Android-Gegner Motorola, der Handy-Pionier, der inzwischen von Google übernommen wurde. Der Internetkonzern hat zwar genug Ressourcen für einen langen Kampf - muss sich aber zurückhalten, weil amerikanische und europäische Regulierer die Klagen mit Motorola-Patenten für Technologie-Standards unter die Lupe nehmen. Laut Medienberichten steht die US-Regierung sogar kurz vor einer Klage wegen Behinderung von Konkurrenten.
Cook: «Ich habe Klagen schon immer gehasst»
Tim Cook hatte schon vor Monaten angedeutet, dass er einen weniger unversöhnlichen Kurs als sein grosser Vorgänger verfolgt. «Ich habe Klagen schon immer gehasst und ich hasse sie jetzt noch», bekannte er im Frühjahr in einer Telefonkonferenz. Zugleich umriss er damals seine Vorstellungen von einem Friedensabkommen: «Wir wollen, dass die anderen selber ihre Sachen erfinden. Wenn wir eine Vereinbarung erzielen könnten, bei der wir sicher wären, dass es so ist, wäre mir eine Einigung viel lieber als ein Kampf.»
Ungewohnt versöhnlich zeigte sich Apple zuletzt auch im Streit mit den Schweizerischen Bundesbahnen um die Nutzung der Bahnhofsuhr unter iOS 6. Nach wenigen Monaten konnten sich die Parteien einigen, Apple zahlt den SBB angeblich 20 Millionen Franken an Lizenzgebühren.



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