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27.01.2021, 15:03 Uhr

Fujifilm GFX 100S: Mittelformat ohne Allüren

Mit der GFX100S lanciert Fujifilm eine ultrakompakte Mittelformat-Kamera und zielt damit auf die aktuellen Vollformat-Modelle. Wir haben einige Fragen.
Die Fujifilm GFX100S gefällt durch ihr kompaktes Äusseres
(Quelle: Fujifilm)
Mit der GFX100S stellt Fujifilm den jüngsten Spross ihrer Mittelformat-Kameras vor. Obwohl die Kameras der Königsklasse als hochspezialisierte Arbeitstiere gelten, brechen die Japaner mit diesem Vorurteil. Hanspeter Gass arbeitet bei Fujifilm Schweiz als Technical Sales Managers. Im Interview legt er seine Sicht der Dinge dar und erklärt, warum die neue GFX100S vor allem auf die Vollformat-Käufer abzielt.
PCtipp: Die Fujifilm GFX100S bietet einen Mittelformat-Sensor mit einer Auflösung von enormen 102 Mpx. Hand aufs Herz: Wer kann diese enorme Auflösung heute ausnutzen?
Hanspeter Gass: Im professionellen Bereich denke ich zum Beispiel an die Sach- und Studiofotografie, bei der Motive wie Uhren, Kleider oder Autos mit maximalem Detailreichtum abgebildet werden müssen. Auch bei der Archivierung von Kunstwerken oder Fotografien geht es nur um zwei Dinge: um die Detailtreue und die Farbreproduktion.
Ein typisches Arbeitsbeispiel ist die berühmte «Welle von Kanagawa» des japanischen Künstlers Katsushika Hokusai. Die noch existierenden Abzüge des Farbholzschnittes sind über 180 Jahre alt und sollen digital in der bestmöglichen Qualität für die kommenden Generationen konserviert werden. Eine Fujifilm GFX100S wurde dazu verwendet, um dieses Kunstwerk hochauflösend und mit einer maximalen Detailtreue zu reproduzieren.
Katsushika Hokusai / Welle von Kanagawa, aus der Series Thirty-six Views of Mount Fuji, Sumida Hokusai Museum.
Quelle: Fujifilm
Die Aufstellung zeigt, dass es dazu kein kompliziertes Setting braucht, sondern nur gutes Licht – und natürlich eine Kamera, die das Maximum an Informationen aus der Vorlage herausholt.
Das Setting im Detail: weniger ist mehr
Quelle: Fujifilm
In solchen Situationen punktet die GFX100S mit einer weiteren Eigenschaft. Der Sensor lässt sich zwischen mehreren Aufnahmen in winzigen Schritten von 0,5 Pixeln verschieben. Die Aufnahmen werden anschliessend zu einem neuen, extrem hoch aufgelösten Bild mit bis zu 400 Mpx zusammengesetzt. Dieses Verfahren nennt sich «Pixelshift».
Das Pixelshift-Verfahren verhilft zur enormen Auflösung von rund 400 Mpx
Quelle: Fujifilm
Es dreht sich alles um die Auflösung.
Nein, das wäre nicht genug. Mit unserer Interpretation des Pixelshift-Verfahrens erfasst jeder Pixel alle Farbinformationen und nicht nur den roten, blauen oder grünen Farbanteil. Grün enthält übrigens wie bei herkömmlichen Aufnahmen den doppelten Farbanteil.
Auf diese Weise erreichen wir eine maximale Farbreproduktion ohne Falschfarben, die nicht nur bei der Archivierung, sondern auch bei der Mode-, Porträt- und Produktfotografie so wichtig ist. Und dass besonders Landschaftsfotos von diesem schier endlosen Detailreichtum profitieren, versteht sich fast von selbst.
Das Resultat der Pixelshift-Methode ist übrigens keine RAW-Datei, sondern ein DNG mit einer beachtlichen Grösse von etwa 80 MB bis 1.2 GB. Der Fotograf kann die Dateigrösse ein wenig beeinflussen, indem er sich bei der Farbtiefe zwischen 16 Bit und 14 Bit entscheidet.
Das Mittelformat-Segment ist doch eher speziell. Hier tummeln sich etablierte Mitbewerber wie Hasselblad und Phase One. Wie findet die GFX100S ihren Platz?
Unsere primäre Zielgruppe der GFX100S sind nicht nur die gestandenen Fotografen in diesem Segment. Denn erstmals halten ambitionierte Amateure und Profis eine Mittelformat-Kamera in den Händen, deren Abmessungen viel eher einer Vollformat-Kamera ähneln und deren Gehäuse weniger als ein Kilogramm wiegt.
Die kompakte Mittelformat-Kamera könnte problemlos als Vollformat-Modell durchgehen
Quelle: Fujifilm
Unsere Kunden zelebrieren die Fotografie und drucken die Bilder auch aus. Die Farbabstufungen und der Detailreichtum sind auf einem hochwertigen Papier deutlich sichtbar. Diese Bildqualität finden Sie auch heute nur bei Mittelformat-Kameras. Die GFX100S bietet sie in einem kompakten Gehäuse und zu einem erschwinglichen Preis.
Wer sind also die Mitbewerber?
Im Grunde genommen stehen alle Systemkameras auf dem Markt in Konkurrenz zur GFX100S. Das gilt besonders für die aktuellen Vollformat-Modelle. Seit dem technologischen Wandel von der DSLR zur spiegellosen Systemkamera sind immer mehr Fotografen auf diese kompakten und leichten Systeme umgestiegen. Wir möchten diesen Umsteigern eine Alternative anbieten, oder eine Ergänzung zu den vorhanden Vollformat-Systemen. Grundsätzlich richtet sich die GFX100S an Fotografen mit hohen Ansprüchen. Damit sind nicht nur Profis gemeint, die ihren Lebensunterhalt mit der Kamera verdienen, sondern auch Enthusiasten mit einer grossen Hingabe an die Fotografie.
Was gefällt Ihnen an der GFX100S besonders?
Weil die GFX100s mit einem 44×33 Millimeter grossen Sensor ausgestattet ist, werden die Fotos im Seitenverhältnis 4×3 gespeichert. Ich ziehe dieses Format dem klassischen Kleinbild-Verhältnis von 3×2 vor, weil es eine ausgewogenere, ruhigere Komposition ermöglicht. Das gilt erst recht für Aufnahmen im Hochformat.
Sollte jedoch ein Fotograf vom Vollformat herkommen und das Seitenverhältnis 3×2 bevorzugen, so kann die GFX100s im Format 36×24 Millimeter genutzt werden. Der Sensor wird dabei zwar beschnitten, aber letztendlich stehen dem Fotografen immer noch etwa 80 Mpx zur Verfügung.
Wo müssen Einsteiger ins Vollformat bei der Bedienung umdenken?  
Die GFX100S ist zurzeit das kompakteste Mittelformatsystem im Markt. Ausserdem ist sie bei der Bedienung das intuitivste System bei Kameras mit einer Auflösung von 100 Mpx und mehr. Wir haben in der Vergangenheit schon einige Fotografen dazugewonnen, die bis anhin Kameras von klassischen Herstellern im Mittelformat-Segment verwendet haben. Deren Feedback läuft auch darauf hinaus, dass unser System sehr einfach zu bedienen ist.
Während dem Shooting wird das übergrosse Format bei der Bedienung gar nicht wahrgenommen. Das ändert sich allerdings bei der Sichtung der Bilder, wenn die qualitative Überlegenheit zum Vorschein kommt. Kurz, unser Ziel war es, das Mittelformat-Erlebnis so einfach zu machen, wie die Bedienung einer typischen Vollformat-Kamera.
Das Display der GFX100S offenbart alle wichtigen Informationen auf einen Blick
Quelle: Fujifilm
Das GFX-System ist relativ neu. Wie weit ist das Objektiv-Line-up gediehen?
Zurzeit decken die Objektive des GFX-Systems den Bereich zwischen 23 Millimeter (entspricht 18 Millimeter auf KB umgerechnet) bis hin zu 250 Millimeter (ca. 200 Millimeter) ab. Auch Telekonverter stehen zur Verfügung. Das ist eine beachtliche Spannweite, wenn man bedenkt, dass das GFX-System erst vier Jahre alt ist. In dieser Zeit konnten wir nicht weniger als vier Kameras und zwölf brandneue Objektive lancieren.
Speziell ist auch, dass fast alle Objektive sind mit einem Linearmotor (LM) ausgestattet sind. Zwei Kameras, darunter auch die neue GFX100S, sind mittlerweile mit einem IBIS (In Body Image Stabilisation) ausgestattet, der bis zu 6 Belichtungsstufen kompensiert.
Der Bildstabilisator im Gehäuse (IBIS) kompensiert je nach verwendetem Objekt bis zu 6 Belichtungsstufen
Quelle: Fujifilm
Wie schätzen Sie die Marktchancen ein?
HG: Wie schon erwähnt, richten wir uns an alle Fotografen mit hohen Ansprüchen an das Bild. Das klingt jetzt etwas salopp, aber wir merken jeden Tag, dass die Schweiz ein starker Markt im Bereich der High-End-Fotografie ist. Engagierte, enthusiastische Anwender sind bereit, etwas mehr Geld und vor allem viel Zeit zu investieren, um ihre Vorstellungen von der Fotografie zu zelebrieren.
Die Schweiz hat etwa so viele Einwohner wie in anderen Ländern eine Grossstadt. Sie ist für uns jedoch wichtig. Auch in absoluten Zahlen sind wir einer der absatzstärksten Märkte für das GFX-System. Offensichtlich ist die Schweiz für unsere Mittelformat-Kameras geradezu prädestiniert.
Quelle: Fujifilm
Hanspeter Gass ist Technical Sales Manager für die FUJIFILM Photo Division Schweiz. Er kennt das GFX-System seit Anbeginn und steht immer wieder mit den Entwicklern in Japan in engem Kontakt. Privat ist Hanspeter ein sehr engagierter Fotograf, veröffentlichte bereits ein Buch und hält verschiedene Vorträge und bietet spezialisierte Masterclass-Kurse an.


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