Test: iMac 27 Zoll (2020)

Apple Silicon kommt: Lohnt sich der Kauf noch?

Interessierte Mac-Anwender wissen unterdessen, dass Apple bereits Ende Jahr die ersten Rechner mit einer eigenen CPU ausstatten will, die zurzeit ganz pragmatisch unter dem Namen «Apple Silicon» gehandelt wird. Die Intel-CPUs werden hingegen aus der Apple-Welt verschwinden. Diese Transformation soll in den nächsten zwei Jahren abgeschlossen sein.
Nun verkörpert ein Wechsel der CPU einen brachialen Akt, der üblicherweise mit unzähligen Stolperfallen und Problemen kommt – und im schlimmsten Fall in einem Fiasko endet. Trotzdem wird Apple diese Aufgabe zum dritten Mal schultern. Der Ur-Mac erblickte 1984 mit dem Motorola 68000 das Licht der staunenden Fachwelt. 1994 folgte der erste Bruch mit dem Wechsel auf die PowerPCs, deren Entwicklung durch ein Konsortium von Apple, IBM und Motorola gesteuert wurde.
Doch die Chip-Architektur des PowerPCs konnte nicht mit jener von Intel mithalten, besonders nicht bei den Notebooks, die auf genügsame und möglichst kühle CPUs angewiesen sind. Auf der WWDC 2005 verkündete Steve Jobs den Umstieg auf Intel-Prozessoren. Der war Ende 2007 bereits abgeschlossen und verlief – zur allgemeinen Überraschung – erstaunlich schmerz- und problemlos. Der Umstieg auf Rechner mit Apples eigenem Silizium wird vermutlich noch einfacher sein, denn Apple hatte jahrelang Zeit, um mit seinen eigenen Entwicklerwerkzeugen darauf hinzuarbeiten.
Nichtsdestotrotz wird es auch dieses Mal wieder drei Anwendergruppen geben, die ihre eigenen Ängste und Hoffnungen mitbringen.
Der Technikaffine. Er freut sich auf neue Rechner, die neuen Möglichkeiten und mehr Tempo. Apples eigene CPU wird frischen Wind in ein staubtrockenes Thema bringen, weil die CPU einige Eigenschaften mitbringt, die bereits von den iOS-Geräten bekannt sind. Dazu gehören schnellere Bildoptimierungen oder eine bessere Grafik bis hin zu diffusen Stichworten wie den «Always-On-Processor», der darauf schliessen lässt, dass der Rechner so schnell geweckt wird wie ein iPad oder iPhone.
Gross sind die Verlockungen von Apples eigenem Silizium
Quelle: Screenshot / Apple Inc.
Apple verspricht einen fliessenden, problemlosen Umstieg – auch dank der Software «Rosetta 2», die bei alten Anwendungen notfalls mit einer Emulation unter die Arme greift. Damit kennen sich die Ingenieure aus: Das erste Rosetta sorgte bereits beim Umstieg auf die Intel-Architektur dafür, dass keine Anwendung zurückgelassen wird. Dessen ungeachtet könnte es in der ersten Zeit zu kleinen und weniger kleinen Hicksern kommen, die der Technikaffine in Kauf nehmen wird. Es lebe der Fortschritt!
Der Vorsichtige. Jeder Wechsel ist mit Risiken verbunden. Viele vorsichtige Anwender werden deshalb diesem Umstieg mit Skepsis begegnen. Für sie ist der aktuelle iMac auf Intel-Basis die Chance schlechthin, um für die nächsten Jahre mit einem top-aktuellen, steinsoliden Gerät zu arbeiten.
Der Abhängige. Im Gegensatz zu den Vorsichtigen ist die persönliche Meinung für die Anschaffung nicht relevant. Stattdessen muss ein System auf Gedeih und Verderb einfach nur so gut laufen, wie es bis anhin der Fall war. Unschwer zu erraten, dass diese Zielgruppe gerne zum iMac 2020 greifen wird.

Unsicherheiten

Einige Unsicherheiten stehen noch im Raum. So ist zurzeit nicht klar, wie gut die neuen Macs mit Windows 10 klarkommen werden. Diese Frage wird für all jene beschäftigen, die manchmal zweigleisig fahren müssen, weil sie in einer Windows-dominierten Umgebung arbeiten. Sie werden weiterhin auf einen «PC im Mac» setzen wollen, etwa mithilfe der Software Parallels Desktop oder VMware Fusion.
Unsicher ist auch die Lauffähigkeit von eher exotischen Programmen, die nicht immer genau nach Apples Richtlinien programmiert wurden – und je weiter sie sich von den Vorgaben entfernen, desto mehr steigt die Wahrscheinlichkeit für mögliche Probleme. Dazu zählen auch Gerätetreiber und Plug-Ins für Programme, die sehr hardwarenah programmiert wurden. Doch dafür gibt es einen einfachen Test: Wenn eine Software unter macOS 10.15 «Catalina» und erst recht unter dem kommenden macOS 11 «Big Sur» läuft, dann wird sie den Sprung auf die neue Plattform sehr wahrscheinlich mitmachen. Und wenn nicht, sollte dieser Schuss vor den Bug Anlass genug sein, um sich in der Zwischenzeit nach einer fähigen Alternative umzusehen.

Fazit

Der iMac 2020 ist ein würdiger Abschluss einer Baureihe, die zum Aushängeschild für die Apple-Welt wurde. Es wird natürlich weitere iMacs mit Apples eigener CPU geben – doch hier und heute ist das aktuelle Modell ein leistungsfähiges Gerät, das auch anspruchsvolle Aufgaben in den nächsten Jahren klaglos bewältigen wird.
Dessen ungeachtet stellt sich die Frage, ob man wirklich noch auf eine Architektur setzen soll, die bereits abgekündigt ist. Wenn Sie sofort einen neuen iMac brauchen, dann sind Sie hier genau richtig – denn besser wird es mit den Intel-Prozessoren nicht mehr. Wenn Sie mit der Anschaffung hingegen noch ein Jahr oder zwei warten können, dann sollten Sie das auch tun – denn die Verheissungen der neuen Modelle sind unwiderstehlich. Und vielleicht bekommt der nächste iMac sogar ein neues Design.

Testergebnis

Tempo, Display, Anschlüsse, Tempo des SSD, Software, Lautsprecher
Nur Wi-Fi 5 (AC), Interessenskonflikte durch Apples eigene CPU, schwache Standard-Konfigurationen

Details:  27-Zoll Display mit 5120×2880 Pixel, Farbraum P3, True Tone, Intel Core i7 (8 Kerne) mit 3,8 GHz (Boost: 5,0 GHz), Radeon Pro 5500 XT mit 8 GB VRAM, 8 GB RAM, 512 GB SSD , Wi-Fi 5 (AC), Bluetooth 5.0, macOS 10.15 «Catalina»

Preis:  2599 Franken

Infos: 
Anmerkung zur Note: 1 = unbrauchbar • 1,5 = sehr schlecht • 2 = schlecht • 2,5 = ungenügend • 3 = genügend • 3,5 = ordentlich • 4 = gut • 4,5 = sehr gut • 5 = ausgezeichnet



Kommentare
Es sind keine Kommentare vorhanden.