Oft gelesen und geteilt 03.05.2011, 11:05 Uhr

Das Kommen & Gehen der IT-Giganten

Commodore, Atari, 3dfx: Vom Ruhm vergangener Tage bleibt manchmal nur der Name. Vom Aufstieg und Fall bekannter, untergegangener IT-Giganten.
Der Commodore-Rechner C64 – auch liebevoll Brotkasten genannt – ist legendär. In den frühen 1980ern räumte der starke C64 unter der Konkurrenz auf und wurde zu einem der beliebtesten Heimcomputer. Die direkten C64-Nachfolger konnten aber nicht so recht an den Erfolg anknüpfen. Mit den Amiga-Modellen hatte Commodore zwar mehr Glück, aber dem wachsenden Konkurrenzkampf war das Unternehmen am Ende trotzdem nicht gewachsen. Viele werfen Commodore zudem schlechtes Marketing und finanziell verlustreiche Abenteuer vor.
So sieht der C64 von innen aus.

Das Ende kam Anfang 1994, als die ersten Tochterunternehmen den Betrieb einstellten. Im April muss das Mutterunternehmen – mittlerweile auf den Bahamas angesiedelt – alle verbliebenen Vermögensgegenstände verkaufen. Unter dem Titel The Deathbed Vigil and other Tales of Digital Angst hat der Commodore-Entwickler Davie Haynie die letzten Tage auf Video festgehalten: Leere Fabrikhallen und Galgenhumor zu mal düsteren, mal rockigen Klängen.
Commodore Deutschland und Commodore UK blieben als Letzte übrig. Während die deutsche Tochter mit in den Pleitesog gerissen wurde, versuchte der UK-Zweig die Mutterfirma mit allen Rechten aufzukaufen, um das Blatt zu wenden. Dabei wurde sie aber von Escom überboten. Aber auch mit Escom hat es das Schicksal nicht gutgemeint – mehr dazu auf der nächsten Seite …
Der Markenname Commodore existiert übrigens noch. Commodore USA will den Brotkasten schon im Mai zurück auf die Schreibtische bringen. Im Inneren arbeitet nun ein Dual-Core-Atom-Prozessor mit 1,8 GHz und ein ION2-Grafikchipsatz von nVidia. Als Betriebssystem soll Windows 7 zum Einsatz kommen, neben einem Emulator für C64-Programme und -Spiele. Die günstigste Ausführung mit 2 GB RAM und 160-GB-Festplatte soll 595 US-Dollar kosten. Für Bastler wird es das Commodore-Gehäuse mit CardReader für 250 US-Dollar geben.

Kennen Sie Escom?

Kennen Sie Escom?
Escom agierte als Niedrigpreisanbieter Mitte der 1990er auf dem deutschen Markt. Das Unternehmen hiess früher Schmitt Computersysteme GmbH und war ursprünglich eine reine Musikgeschäftekette namens Orgel-Schmitt.
Bis 1995 sah es gut aus für Escom: Das Unternehmen wuchs rasch und wurde nach Vobis zweitgrösster PC-Verkäufer in Deutschland. Allerdings handelte sich Escom durch risikoreiche Einkäufe immer wieder schmerzhafte Verluste ein. Zum Weihnachtsgeschäft 1995 blieb man auf einer grösseren Menge Pentium-Prozessoren mit 75 MHz sitzen, weil schnellere CPUs mit 90 MHz nur geringfügig teurer waren. Und eine zu schnelle Europa-Expansion bescherte dem Unternehmen weitere rote Zahlen.
Im Frühjahr 1995 hat Escom übrigens Rechte aus der Commodore-Konkursmasse aufgekauft. Zur geplanten Verwertung kam es aber nicht mehr: 1996 meldete die Firma selbst Konkurs an. Die Reste wurden von der Ladenkette Comtech Computersysteme übernommen. Viel Glück hatte Comtech nicht damit: 2003 musste auch Comtech die Pforten schliessen. Die Marke Escom.de gehört mittlerweile der buch.de internetstores AG.

Atari: Pong und Pleite

Atari: Pong und Pleite
Das 1972 gegründete Unternehmen Atari machte sich in den 1980ern einen Namen in der noch jungen Videospielbranche: unter anderem mit einer Pong-Konsole für den Fernseher. Kurze Zeit arbeiteten auch Steve Jobs und Steve Wozniak für die Firma. Unter der Führung des entlassenen Commodore-Gründers Jack Tramiel setzte Atari seinen Schwerpunkt Mitte der 80er neu auf Heimcomputer. Denn die Videospielbranche war eingebrochen. Der Atari ST wurde auch prompt zum Verkaufsschlager – allerdings vorrangig in Deutschland.
Die Intel-PCs der frühen 90er machten Atari zunehmend das Leben schwer. Hinzu kam das, verglichen mit der Konkurrenz, dünne Software-Angebot. 1992 zog sich das Unternehmen aus Europa weitgehend zurück. Ein Jahr später startete Atari mit der Spielkonsole Jaguar einen letzten grossen Versuch, Boden im Videospielsegment zurückzuerobern. Das Gerät floppte, den Markt teilen sich seitdem Sony, Nintendo und Microsoft.
1996 übernahm der Festplattenhersteller JTS Corporation alle Aktien, ging aber zwei Jahre später selbst insolvent. Die Rechte wanderten weiter zu Hasbro Interactive, dann zum Computerspiele-Entwickler Infogrames, der sich auf Nordamerika beschränkt und nur noch unter dem Namen Atari vertreibt. In Europa kaufte der Spiele-Publisher Namco Bandai Niederlassung und Rechte.

3dfx – was ist das?

3dfx – was ist das?
1994 gegründet, erlangte 3dfx schnell Bekanntheit durch seine Voodoo-Grafikchips für den PC. Die dafür entwickelte Programmierschnittstelle Glide erfreute sich bei Entwicklern grosser Beliebtheit. In der Folge kamen exklusiv für 3dfx-Karten entwickelte Spiele auf den Markt: Pandemonium 2, Bleifuss Rally, Grand Theft Auto (DOS-Version) und Need for Speed 2 SE. Der Shooter-Klassiker Unreal sieht auf 3dfx-Karten dank zusätzlicher Effekte besser aus.
Schon zur zweiten Voodoo-Generation – den Voodoo-2-Grafikkarten – hatte Mitbewerber nVidia einen Trumpf in der Hand. Die Riva-TNT-Chips von nVidia vereinigten 2D- und 3D-Darstellung. 3dfx setzte auf reine 3D-Karten – für den 2D-Betrieb brauchte der Nutzer einen weiteren Chip. Erschwerend für 3dfx kam hinzu, dass Microsofts Direct3D das favorisierte Glide allmählich verdrängte.
Für die folgenden Voodoo-Generationen entschied sich 3dfx, die kompletten Grafikkarten selbst zu produzieren. Bislang entwickelte das Unternehmen lediglich die Chipsätze, die andere Firmen auf ihren Grafikkarten verbauten. Dazu beendete die Chip-Schmiede bewährte Kooperationen, konnte aber weder mit Voodoo 3, 4 oder 5 dem Rivalen nVidia dauerhaft Paroli bieten. Letztendlich entschied sich das Unternehmen, zu den Wurzeln zurückzukehren und wieder Chipsätze zu entwickeln. Doch Ende 2000 kaufte nVidia Patente und Namen des angeschlagenen Herstellers auf. Zwar blieb 3dfx noch ein Werk in Mexiko – 2002 musste aber auch das schliessen.

Midway

Midway
Midway Games Inc. wurde in den frühen 1970ern gegründet und vertrieb die Spiele-Legenden Space Invaders und Pac-Man. 1988, wenige Jahre nach dem Einbruch des ehemals boomenden Videospielmarkts kauft der Flipperautomatenhersteller Williams das Unternehmen. Jahre später verkauft Williams aber seine gesamten Anteile des mittlerweile in ein Aktienunternehmen umgewandelten Midways.
Ab 1996 konzentriert sich Midway auf den wachsenden Heimkonsolen- und PC-Markt. Die anfänglichen Erfolge ebben nach 2000 ab, 2001 muss das Unternehmen erste Abteilungen schliessen. In den folgenden Jahren geht es kontinuierlich bergab: Stand Midway in der Zeitschrift Game Developer im Jahr 2000 noch auf Platz 4 der erfolgreichsten Spiele-Publisher, rutschte das Unternehmen 2005 auf Platz 19 ab, 2006 auf Platz 20.
Der Grossaktionär Sumner Redstone kauft bald grosse Mengen Aktien des Unternehmens auf. 2008 leitet Midway eine gross angelegte Sparwelle ein, um die Ausgaben zu kürzen. Sumner Redstone verkauft seine gesamten Midway-Aktien jetzt zu 0,0012 US-Dollar pro Stück. Das Ende: Anfang 2009 erklärt Midway seine Zahlungsunfähigkeit. Warner Bros. kauft grosse Teile der Reste auf. Das Liquidationsverfahren ist auch Ende 2010 noch nicht abgeschlossen.



Kommentare
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soundnet
03.05.2011
Hi Und noch eine Ergänzung: Der Atari war auch in Musikstudios sehr beliebt und der legendäre C-Lab Notator SL war ein Muss auf diesem Rechner. Nicht nur war der Atari noch einer jener Computer, welche man einfach einschalten konnte und dann lief er, er war zudem mit seinem kontrastreichen Schwarz-weiss-Bildschirm auch in längeren Recordingsessions angenehm zum Bedienen. Es war mit dem Atari sogar möglich, eine grosse 24-Spur-Bandmaschine zum Computer zu synchronisieren und die Audiokanäle der Bandmaschine mit dem Creator zu steuern, also einen automatisch ablaufenden Mix herzustellen. Zusätzlich liefen ab Atari die MIDI-Spuren mit. Dies war insofern eine Revolution als solche Settings bis dahin nur den teuersten Profistudios vorenthalten waren. Der Notator war eine Weiterentwicklung vom Programm Scoretrack, welches als ROM-Modul für den Commodore 64 ausgeführt war und sogar Notendarstellung beherrschte. Die Firma wechselte dann den Namen zu Emagic und brachte als Weiterentwicklung das Programm Notator zuerst für Atari und dann für PC heraus. 2002 wurde die Firma von Apple aufgekauft und die Programme werden seither nur noch für Apple hergestellt. Gruss aus dem Süden Fido

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thom45
05.05.2011
Ein mageres Top-OS... Hi Und noch eine Ergänzung: Der Atari war auch in Musikstudios sehr beliebt und der legendäre C-Lab Notator SL war ein Muss auf diesem Rechner. Nicht nur war der Atari noch einer jener Computer, welche man einfach einschalten konnte und dann lief er, er war zudem mit seinem kontrastreichen Schwarz-weiss-Bildschirm auch in längeren Recordingsessions angenehm zum Bedienen. Es war mit dem Atari sogar möglich, eine grosse 24-Spur-Bandmaschine zum Computer zu synchronisieren und die Audiokanäle der Bandmaschine mit dem Creator zu steuern, also einen automatisch ablaufenden Mix herzustellen. Zusätzlich liefen ab Atari die MIDI-Spuren mit. Dies war insofern eine Revolution als solche Settings bis dahin nur den teuersten Profistudios vorenthalten waren. Der Notator war eine Weiterentwicklung vom Programm Scoretrack, welches als ROM-Modul für den Commodore 64 ausgeführt war und sogar Notendarstellung beherrschte. Die Firma wechselte dann den Namen zu Emagic und brachte als Weiterentwicklung das Programm Notator zuerst für Atari und dann für PC heraus. 2002 wurde die Firma von Apple aufgekauft und die Programme werden seither nur noch für Apple hergestellt. Gruss aus dem Süden Fido Hallo Fido, Und wenn man bedenkt, wenn man es auf das TOS-1.04 bezieht, dass das ganze Betriebssystem inklusive der GEM-Oberfläche und auch damit die graphische Programmierungseinheiten des VDI und AES zur Verfügung stand, nur 192 kByte (6 x 32-kByte ROM) benötigte. Für ein TOS-Update erstelle man mit einem EPROM-Programmiergerät einfach 6 neue EPROMs. Und beim nächsten Update löschte man diese mit einer UV-Blitzpistole und ladete sie neu. Erinnerst Du Dich vielleicht noch an die Programiersoftware PINATUBO? War natürlich wie sehr Vieles Freeware. Natürlich durfte man bei der graphischen Oberfläche noch nicht all zu viel erwarten, darum ging es auch gar nicht lange, und zwei "Hinterhofprogrammierer" programmierten in Eile die sehr gute erweiterte GEM-Oberfläche GEMINI, der ich auch bei den Emulatoren bis heute treu geblieben bin. Das war die erste graphische Oberfläche überhaupt mit der man Programm-, Daten- und Ordner-Icons auf der Oberfläche platzieren konnte. Das war so um 1987/88. Das gab es in der PC-Welt noch sehr lange nicht. Bei Amiga und Apple schon, aber wann's bei denen soweit war, weiss ich nicht mehr. Vorteilhaft für diese ganze Entwicklung war der Motorola-Prozessor MC68000 und seine Nachfolger mit dem grossen Addressierungsraum. Da gab es das Riesentheater mit Expanded- und Extendet-Memory nicht. Ich erinnere mich noch zurück, an die Zeiten als ich miterlebte, wo meherer PC-Gurus um ein Programm brueteten, weil es mit dem Expanded- und Extendet-Memory alles gab, vom normalen Ärgern bis zum Riesenanfall. :-) Interessante Überlegung: Was wäre wohl besser geworden, wenn sich GEM und Windows parallel ein Wettrennen bis heute auf unterschiedlichen Plattformen geliefert hätten. Das wird wohl für immer eine Spekulation bleiben... Aber eines weiss man: Oft entscheidet die Poltik und nicht die Qualität. So war es z.B. beim Videosystem. VHS machte das Rennen, obwohl Grundig2000 und BetaMax (Sony) wären qualitativ besser gewesen.