Tipps & Tricks 15.06.2012, 13:46 Uhr

Fotografie: Die Verschlusszeit

In welchen Fällen sollte man die Belichtungszeit manuell einstellen, und wie geht das überhaupt? Wir erklären die Grundlagen.
Die Verschlusszeit, auch Belichtungszeit genannt, ist die Zeitspanne, in welcher Licht auf den Sensor (digital) bzw. auf den Fotofilm (analog) fällt. Damit reguliert sie den Lichteinfall – genau wie die Blende (auch zur Blende gibt es einen Artikel). Eine doppelt so lange Verschlusszeit führt zu einer doppelt so hohen Lichtmenge. Genau wie die Blende hat auch die Verschlusszeit aber noch weitere Auswirkungen auf das Bild als nur die Helligkeit.
Wann und warum sollte man die Verschlusszeit selber einstellen?
Beim Fotografieren können Bewegungen vollständig eingeforen und scharf abgebildet werden; oder sie werden als Bewegungsunschärfe sichtbar gemacht. Welches die bessere Variante ist und wie stark die Bewegung fliessen soll, das kann nicht die Kamera entscheiden, das müssen Sie selbst tun. Und dafür wird die Verschlusszeit gewählt.
Daneben gibt es noch einen anderen Grund: Verwackler beim Fotografieren ohne Stativ. Tele-Aufnahmen – also wenn etwas weit Entferntes nahe herangeholt wird – benötigen eine sehr viel kürzere Verschlusszeit als Weitwinkelaufnahmen. Als Faustregel gilt: Der Sekundenbruchteil der Belichtung sollte der Brennweite entsprechen, zum Beispiel 1/200 Sekunde bei Brennweite 200 mm oder 1/60 bei Brennweite 60 mm. Dies ist jedoch nur eine grobe Näherung. Ein wirkungsvoller Bildstabilisator im Objektiv verlängert beispielsweise die maximal mögliche Belichtungszeit.
Bei Langzeitbelichtungen muss die Verschlusszeit fast immer selbst gewählt werden. Siehe dazu den Artikel Langzeitaufnahmen bei Tag und Nacht.
Und wie geht das überhaupt?
An den meisten Handykameras und vielen Kompaktkameras kann man die Verschlusszeit nicht selbst einstellen – das geschieht automatisch. Bei Kameras, an denen dies möglich ist, muss ein spezieller Modus aktiviert werden. Dieser heisst Zeitvorwahl oder Blendenautomatik und ist meistens mit «S» gekennzeichnet, bei Canon heisst er «Tv» . Bei Spiegelreflex- und Systemkameras wird er meist über das Moduswählrad aktiviert. Bei manchen Kompaktkameras muss man dafür ins Kameramenü wechseln.
Neben dem Modus «S» kann auch im manuellen Modus «M» die Verschlusszeit gewählt werden. Der Unterschied: Im Modus «S» wird die Blende automatisch an die Verschlusszeit angepasst, sodass das Bild richtig belichtet ist. Im manuellen Modus wird auch die Blende selbst gewählt. Dadurch kann es leicht zu Über- oder Unterbelichtungen kommen.Jede Kamera hat eine maximale und eine minimale Verschlusszeit. Typisch für eine Spiegelreflexkamera ist der Bereich von 1/4000 Sekunde bis 30 Sekunden. Für Blitzaufnahmen sind ganz kurze Belichtungszeiten nicht möglich, hier liegt die Grenze bei etwa 1/200 Sekunde.
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Daneben gibt es noch einen anderen Grund: Verwackler ...

Zu viel oder zu wenig Licht
Etwas wurde vorhin unterschlagen: Auch in der Zeitvorwahl kann es zu Über- oder Unterbelichtungen kommen. Wenn beispielsweise im Schummerlicht auf 1/400 Sekunde gestellt wird, dann nützt es auch nichts mehr, wenn die Kamera die Blende automatisch öffnet – es ist einfach zu wenig Licht vorhanden. Umgekehrt führt im gleissenden Sonnenlicht eine ganze Sekunde Verschlusszeit selbst dann zu Überbelichtung, wenn die Blende aufs Minimum geschlossen wird.
Will man die Belichtungszeit partout nicht den widrigen Umständen anpassen, muss man die ISO-Empfindlichkeit ändern, ein Objektiv mit anderer Lichtstärke anschrauben, zum Aufhellen blitzen oder zum Abdunkeln einen Neutraldichtefilter verwenden.
Die Wahl der richtigen Verschlusszeit
Je schneller sich ein Motiv bewegt, desto kürzer muss es belichtet werden, um es gerade noch scharf abzulichten. In der Praxis kann es recht schwierig sein, den Wert zu ermitteln. Manche Bewegungen - etwa die eines Ventilators - sind auch schlichtweg zu schnell. Im Sport benötigt man oft 1/400 Sekunde oder noch kürzer, was bei wenig Licht zu einem grossen Problem wird.In diesem Fall dürfen Sie keine Hemmungen haben, den ISO-Wert hochzuschrauben. Die Bildqualität leidet zwar, ist aber meistens trotzdem besser, als wenn das Bild stark unterbelichtet wird und nachträglich aufgehellt werden muss. Nur eine Ausnahme von der Regel: Bei vielen Kameras steigt das Bildrauschen bei der höchsten Empfindlichkeit dermassen an, dass man mit der zweithöchsten ISO-Zahl und nachträglichem Aufhellen bessere Resultate erzielt.
Das Beste ist natürlich, lichtstarke Objektive zu verwenden. Im Telebereich sind diese allerdings teuer und schwer, daher ist auf jeden Fall zu prüfen, ob sich auch mit kurzen Brennweiten interessante Fotos machen lassen.
Die Ventilatorschaufeln sind selbst bei 1/3200 Sek. nicht scharf. Bei 1/8 Sek. sind sie gar nicht mehr sichtbar
Wenn die Bewegung verwischt abgebildet werden soll, gibt es einen grossen Toleranzbereich. In unserem Beispiel mit dem Ventilator geht so ziemlich alles zwischen 1/80 und 1/3200 Sekunde, wobei die Schaufeln je nach Belichtungszeit anders aussehen. Wenn sehr lange belichtet wird, zum Beispiel 1/8 Sekunde, sind die beweglichen Teile überhaupt nicht mehr sichtbar.

Autor(in) David Lee



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