Tipps & Tricks 13.08.2014, 12:49 Uhr

Workshop: Sport- & Action-Fotografie

Bereit und gut vorbereitet: Das müssen Sie und Ihre Kamera sein, wenn Sie schnelle Bewegungen erwischen wollen. Wir helfen beim Einstieg.
Der platzende Wasserballon, ein zerbrechendes Glas, das verformte Gesicht eines Boxers, wenn er einen Schlag einfängt, der Hund, der im Sprung den Ball schnappt – Fotos, die einen schnellen Moment einfrieren und festhalten, faszinieren. Sie stellen allerdings recht hohe Anforderungen an die Ausrüstung, die Fähigkeiten und die Geduld des Fotografen. Die folgenden Tipps sollen verhindern, dass Sie nach kurzer Zeit frustriert wieder aufgeben.

Minimalausrüstung

Es muss beim Sport nicht immer ein Teleobjektiv sein. Im Volleyball und Basketball ist ein Weitwinkelobjektiv meist die bessere Wahl. (Fotolia)
Das Equipment eines Sportfotografen ist sehr umfangreich und teuer. Für private Zwecke geht es aber auch ein paar Nummern kleiner. Als Minimalausstattung empfiehlt sich eine Spiegelreflexkamera mit Teleobjektiv. Kompaktkameras und Superzooms sind für Actionfotografie meist wenig geeignet. Sie lösen zu spät aus und rauschen bei schlechtem Licht zu heftig. Alternativ sind auch hochwertige spiegellose Systemkameras (DSLM) geeignet, da diese oftmals über schnelle Auslöseraten verfügen. Sportfotografen arbeiten mit möglichst lichtstarken Teleobjektiven. Die Lichtstärke wird mit einem Wert wie 1:2,8 angegeben. Die Zahl hinter dem Doppelpunkt steht für die kleinstmögliche Blende – je kleiner, desto lichtstärker das Objektiv. Teleobjektive, mit denen man nahe heranzoomt – und die sind in der Actionfotografie besonders gefragt –, sind jedoch sehr gross, schwer und vor allem teuer, wenn sie eine anständige Lichtstärke aufweisen sollten. Wir empfehlen zum Einstieg ein weniger lichtstarkes Tele; solche gibts schon für unter 300 Franken.
Teleobjektive sind zwar die Allzweckwaffe bei der Sport- und Actionfotografie; in bestimmten Situationen kann jedoch auch ein Weitwinkel- oder Standardobjektiv gefragt sein. Beispielsweise im Basketball, wenn unter dem Korb fotografiert wird. Weitwinkelobjektive gibt es auch mit hoher Lichtstärke im bezahlbaren Rahmen.

Sport-Motivprogramm

Das Motivprogramm Sport
Die meisten Kameras haben ein Sport-Programm, das die Einstellungen auf schnelle Bewegungen optimiert. Was das genau bedeutet, ist von Gerät zu Gerät verschieden. Das Motivprogramm ist ein schneller und praktischer Einstieg, doch wenn die Aufnahmen nicht gelingen, kann man wenig ändern. Wer die Einstellung von Belichtung, Blende, Autofokus und Empfindlichkeit im Griff hat, fotografiert besser mit Zeitvorwahl (am Moduswählrad «S», bei Canon «Tv»). Das ist auch der Grund, weshalb bei Profi-Spiegelreflexkameras kein Sport-Programm vorhanden ist. Für die volle Kontrolle verwendet man den manuellen Modus (M).
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Schnell und scharf

Schnell und scharf

Um schnelle Bewegungen scharf festzuhalten, sind sehr kurze Belichtungszeiten nötig. Im Fussball beispielsweise sollte nie länger als 1/400 Sekunde belichtet werden, um auf Nummer sicher zu gehen. In dieser kurzen Zeit muss genug Licht auf den Sensor fallen. Die Blende ist darum jeweils voll geöffnet. Wer kein besonders lichtstarkes Objektiv besitzt oder mit sich herumschleppen will, der fotografiert vorzugsweise bei hellem Tageslicht. Ein Fussballspiel bei Sonnenschein einzufangen, ist weniger schwierig als eines, das abends bei Scheinwerferlicht ausgetragen wird. Sind weder Objektiv noch Lichtverhältnisse ideal, gibt es noch die letzte Möglichkeit: Die Lichtempfindlichkeit des Sensors wird mit dem ISO-Wert erhöht. Das verringert jedoch bekanntlich die Bildqualität. Farbrauschen, reduzierte Detailschärfe und blassere Farben können die Folge sein.
Bei schönem Wetter sind sehr kurze Belichtungszeiten möglich, ohne dass die Qualität leidet. Wasserspritzer wirken «eingefroren» besonders spektakulär (Fotolia)

Gewollt unscharf

Aus der Not eine Tugend machen und absichtlich lange belichten – auch das kann effektvoll sein. Die Kamera ist fix installiert, die Bewegungen werden zu Schlieren. Noch besser ist die umgekehrte Methode: Der Fotograf bewegt die Kamera mit dem Akteur mit. Der Sportler ist dann scharf abgelichtet, der Hintergrund zischt vorbei. Dies empfindet die Sichtweise des Sportlers nach, ist also gefühlsmässig «näher dran». Natürlich funktioniert das nur bei Sportarten mit einer klaren Bewegungsrichtung, also Rennen aller Art. Verfolgen Sie die Bewegung mit der Hand mit und drücken Sie währenddessen ab. Ein ähnlicher Effekt gelingt von einem fahrbaren Untersatz aus.
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Fokus und Verzögerungen vermeiden

Fokus: Verzögerung vermeiden

Um die richtigen Teile scharf abzulichten, muss der Fokus stimmen, und zwar sehr genau. Denn die typische Actionaufnahme entsteht ja mit voll geöffneter Blende und starkem Zoom – beides verringert die Tiefenschärfe. Alles, was nicht genau in Fokusdistanz liegt, wird unscharf. Der Vorteil ist, dass der Hintergrund komplett verschwimmt und das Motiv deutlich heraussticht.
Das Problem dabei: Der Autofokus braucht eine gewisse Zeit zum Scharfstellen. Wenn es sehr schnell gehen muss, dauert das selbst bei Spiegelreflexkameras oft zu lange – die interessante Szene ist beim Auslösen schon vorbei. Ebenso kann es passieren, dass die Kamera in der Hektik auf den Hintergrund scharf stellt statt auf das Hauptmotiv.
Manuell oder automatisch vorfokussieren vermeidet Verzögerungen (Fotolia)
Wenn Sie von vornherein wissen, auf welche Distanz scharf gestellt werden muss, schalten Sie den Autofokus einfach ab und fokus-sieren manuell. Bei einem 100-Meter-Lauf beispielsweise ändert sich der Abstand von Ihrem Tribünenplatz zur Ziellinie nicht. Selbst bei einem Fussballspiel funktioniert dies teilweise, etwa bei Standardsituationen oder wenn aufs Tor fokussiert wird.
Alternativ können Sie auch vorfokussieren. Damit Sie nicht den Auslöser ständig halb durchgedrückt halten müssen, nutzen Sie die Taste für den Fokus-Speicher (AF-L, AF-Lock oder ähnlich). Diese Taste lässt sich unterschiedlich konfigurieren. Konsultieren Sie dazu unbedingt das Benutzerhandbuch der Kamera.
Ein schneller und zuverlässiger Autofokus ist natürlich das Beste. Bei praktisch allen modernen DSLR-Kameras sollte dieser schnell genug sein. Bei DSLMs sind besonders die teureren Modelle blitzschnell, dafür sinkt das Tempo mit dem Preis stärker nach unten. Zudem genügt es nicht, einen guten Autofokus zu haben, man muss ihn auch richtig einstellen. Wie das geht, lesen Sie im Kamera-Handbuch und in unserem Artikel Autofokus richtig einstellen.
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Die Serienbildfunktion

Erwischt! Die Serienbildfunktion

Unabdingbar ist es, die Serienbildfunktion zu aktivieren. Bei durchgedrücktem Auslöser schiesst die Kamera ununterbrochen Fotos, so schnell sie kann. Die Serienaufnahme wird am gleichen Ort eingestellt, wo auch der Selbstauslöser aktiviert ist.
Mindestens drei Bilder pro Sekunde sollten es schon sein. Einige Kameras arbeiten mit reduzierter Auflösung wesentlich schneller. Im RAW-Modus ist das Serienfeuer am langsamsten, da grosse Datenmengen verarbeitet werden. Moderne semiprofessionelle Kameras schaffen sieben Bilder pro Sekunde oder mehr. Bei DSLM-Kameras gehen teilweise über zehn Bilder pro Sekunde.
Im richtigen Moment abzudrücken, ist schwierig. Mit der Serienbildfunktion geht es schon sehr viel einfacher. (Fotolia)

Die richtige Position

Mit der Einstellung «Ich habe ja ein Zoom, also brauche ich mich nicht von der Stelle zu rühren» bleibt jedes gute Bild ein Zufallstreffer. Sich richtig positionieren ist wichtig.
Manche Fotografen sehen in der Sportfotografie nichts anderes als einen Spezialfall der Porträtfotografie. Um die Emotionen einzufangen, müssen die Gesichter der Akteure zu sehen sein. Darum liegt die richtige Position meist in der Bewegungsrichtung des Sportlers. Bei Sportarten ohne einheitliche Bewegungsrichtung muss man sich vorher überlegen, was man will. Beispiel Fussball: Wollen Sie den Torjubel des Stürmers oder die Grimasse des dreingrätschenden Verteidigers festhalten, stellen Sie sich an die Seitenlinie. Flügelangriffe oder Stürmer in Aktion fangen Sie am besten bei der Torauslinie, nicht allzu weit von der Eckfahne aus, ein. Möglichkeiten, das Geschehen von einem erhöhten Punkt zu überblicken, sollten Sie ebenfalls nutzen. Im Zweifelsfall beobachten Sie die Profis. Die sitzen, stehen und liegen immer an den richtigen Stellen. Natürlich dürfen Sie dort bei grossen Anlässen ohne Sondererlaubnis nicht hin, aber das Beobachten gibt nützliche Hinweise für einen kleineren Sportevent.

Es muss nicht Sport sein

Schnelle Bewegungen gibt es natürlich auch abseits vom Sportgeschehen – aber da ist man selten darauf vorbereitet. Sollte man tatsächlich vorzeitig erkennen, dass gleich jemand auf die Nase fällt, verhindert man wohl besser den Sturz, als ein spektakuläres Foto zu machen.
Ein beliebtes Motiv sind Tiere in Aktion. Dabei ist Geduld gefragt, denn der seltene Vogel im Garten ist meist schon wieder weg, bis man die Ausrüstung hervorgekramt hat, und auch Hauskatzen sind nicht dafür bekannt, ihre Launen nach den Bedürfnissen der Menschen auszurichten. Vögel sind zudem ausserordentlich schnell. Die Belichtungszeit muss oft kürzer als eine Tausendstelsekunde sein, was – wie oben erwähnt – nicht immer möglich ist.

Autor(in) David Lee



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