Tipps & Tricks
24.05.2000, 13:30 Uhr
Gigabyte-Motherboards und Voodoo3 - eine spannungsvolle Beziehung
Ich habe eine 3D-Karte erworben (Voodoo3 AGP 3000). Will ich ein 3dfx-unterstütztes Spiel starten, so hängt sich der Computer nach ca 3 Minuten auf, obwohl ich den neuesten Beta-Treiber von 3dfx installiert habe. Auch das Übertakten meines Pentiums II 350 auf 392Mhz kann es nicht sein, da auch bei 350 der Absturz erfolgt. Woran könnte es liegen? Im Direct3D-Modus passiert kein Absturz.
Gigabyte-Motherboards und Voodoo3-Graphikkarten vertragen sich sehr schlecht. Die Voodoo3 ist zu stromhungrig und die Motherboard-Hersteller kalkulieren bei den Produkte-Spezifikationen (hier AGP) allgemein zu knapp.
Doch was führte in diesem Falle zum Schlamassel? Eine kleine Einführung in die Irrungen und Wirrungen von Spezifikationen, Preispolitik und verschaukelten Endanwendern mag etwas Klarheit bringen:
Als der AGP-Steckplatz eingeführt wurde, definierte Intel dessen technische Spezifikationen. Der AGP-Slot eines Mainboards muss für die 3,3 Volt Versorgungsspannung (des ATX-Netzteils) 6 Ampère bereitstellen. Ein ATX-Netzteil kann meist drei verschiedene Spannungen liefern: 3,3 Volt, 5 oder 12 Volt. Das Problem bei der Spannung ist, dass diese meist "wellig" ist, also belastungsabhängig und nicht etwa konstant. Je nachdem, wie stark eine Komponente (z.B. Graphikkarte) die 3,3 Volt belastet, kann die Versorgungsspannung für kurze Zeit zusammenbrechen und der Rechner stürzt ab. Um diesem Spannungsproblem in den Griff zu bekommen, haben die Mainboard-Hersteller bei Markteinführung des AGP-Slots in ihre Boards einen Linearspannungsregler eingebaut. Dieser macht aus grossen "wackligen" Spannungen kleine "stabile". So bekommt man permanent 3,3 Volt, ohne Wenn und Aber; doch einen Nachteil hat das Ganze: die überflüssigen 1,7 Volt (5 - 3,3 Volt) werden in Wärme umgesetzt, was heisst: Je höher die Belastung, desto stärker die Wärmeentwicklung, je stärker die Wärmeentwicklung, desto schneller der "Bluescreen of Death" (Absturz). Jetzt kommt die Preispolitik der Mainboard-Hersteller ins Spiel (Gigabyte steht nicht alleine da): Die offizielle AGP-Spezifikation verlangt 6 Ampere. Lineare Spannungsregler, die 6 Ampere oder mehr verkraften, sind aber ziemlich teuer. Ausserdem benötigen diese ein sehr grosses Kühlblech, so dass sie auf einem Mainboard nicht zu gebrauchen sind. Was wurde gemacht? Regler, die bis 5 Ampere bewältigen, sind preiswert und massenweise auf dem Markt. Genau diese wurden auf den meisten Boards verwendet. Doch die Regler verkraften 5 Ampere auch nur dann, wenn sie einen grossen Kühlkörper besitzen. Und genau dies bietet Gigabyte natürlich nicht. Werden die Spannungsregler nicht ausreichend gekühlt (die Oberflächentemperatur erreicht innerhalb von wenigen Minuten leicht Werte von 120 Celsius im Normalbetrieb und über 140 Grad bei 3D-Spielen), so stürzen sie unweigerlich ab. Schaltet man den PC nicht bald danach ab, so kann der Regler sogar dauerhaften Schaden erleiden. Die Computerzeitschrift PC Magazin [1] hat aufgrund vieler Userklagen betreffend Abstürzen und durchgeschmorten Mainboards Messungen bei diversen Graphikkarten und Boards durchgeführt. Die Voodoo3 brauchte dabei durchschnittlich 4,1 Ampere, mit Spitzenwerten von 4,8 Ampere. Auf der deutschen Site von Gigabyte gibt es einen kleinen Hinweis in den FAQs [2] , dass nur Boards ab dem Versionszyklus der BX2000-Serie (ab rev. 2) einwandfrei mit den "Stromfressern" arbeiten würden.
Jedoch sollten Sie vor Neukauf des Boards noch die Möglichkeit eines zusätzlichen Kühlers in Betracht ziehen. Ein normaler Sockel7-Kühler (auf alten Pentium-Boards der ersten Generation, also bis MMX233 zu finden) genügt. Dieser kann einfach auf dem Spannungsregler befestigt werden. Es empfiehlt sich bei dieser Konfiguration (Gigabyte/Voodoo) auf jeden Fall nicht, den Prozessor noch zusätzlich zu übertakten. Auch bestätigt die ausbleibende Fehlermeldung unter Direct3D noch einmal ganz klar das Problem: unter Direct3D wird ein Spiel nur mit der Prozessorpower der CPU bewältigt, der Graphikkartenprozessor hat fast nichts damit zu tun und belastet so auch keine anderen Komponenten. Um sich für einen nächsten PC-Kauf über Hardware-Konfigurationen zu informieren, die man tunlichst vermeiden sollte, kann man sich auf der Homepage von Nickles [3] schlau machen.
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