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08.04.2016, 21:08 Uhr
Apps, Gadgets und Selftracking: Möglichkeiten und Grenzen technischer Hilfsmittel beim Sport
Der Trend ist ungebrochen, das Angebot an Apps, Wearables und anderen Gadgets inzwischen nahezu unüberschaubar. Wer sich selbst und seine sportlichen Leistungen gerne vermessen möchte, hat dazu vielfältige Möglichkeiten.
Selftracking und das Quantified Self
Auf sein Bauchgefühl zu hören ist oftmals weder besonders präzise noch ist es heutzutage zwingend notwendig – zumindest bei allen sportlichen Aktivitäten. Die technischen Möglichkeiten erlauben eine immer exaktere Erfassung eigener Körperfunktionen. Der Trend ist längst nicht auf den Bereich des Sports begrenzt, denn messen lässt sich grundsätzlich wirklich alles, wenn das gewünscht ist. Insgesamt zielt Selftracking daher auf eine umfassende Beeinflussung – im Sinne einer Verbesserung – der Lebensgewohnheiten. Nichtsdestotrotz liegt einer der Hauptschwerpunkte auf der Vermessung sportlicher Betätigung.
Wichtig ist dabei nicht allein die abgelieferte Leistung, sondern auch die Reaktion des Körpers: Wie hoch lagen Puls und Blutdruck, wie schnell ging die Atmung etc. Im Alltag geht es meistens um das Verhältnis von Bewegung im Allgemeinen, gemessen anhand der Anzahl der zurückgelegten Schritte, und zur Kalorienzufuhr. Selbst die Überwachung der Schlafgewohnheiten ist längst keine Seltenheit mehr. Interessant ist das Prinzip aufgrund des schieren Umfangs der gesammelten Daten auch für das Gesundheitswesen – das Gesundheitsmanagement der Zukunft findet möglicherweise am Handgelenk jedes einzelnen statt.
Die Möglichkeiten technischer Hilfsmittel
Als Lifestyle-Phänomen ist Selftracking nach wie vor ein boomender Markt, mit einem entsprechend wachsenden Angebot. Modische Aspekte können ebenso eine Rolle spielen wie die verarbeitete Technik. Individuelle Vorlieben und Zielsetzungen sind gleichfalls Kauffaktoren, denn die Zielgruppe des Selftrackings ist unglaublich heterogen: Von Technikaffinen über Gesundheitsbewusste bis hinzu leistungsorientierten Selbstoptimierern sind viele Menschengruppen für die Selbstvermessung zu haben.
Selftracking per App
Eine der einfachsten Möglichkeiten, die eigene Fitness zu überwachen, stellen Apps dar. Der Vorteil liegt schon alleine darin, nicht zwingend auf weitere Geräte angewiesen zu sein, sofern ein geeignetes Smartphone vorhanden ist. Wie gross die Bedeutung der Anwendungen für die Sportartikel-Industrie ist, lässt sich an den Käufen der Hersteller ablesen: Im Kampf um die Selftracker übernahm der amerikanische Konzern Under Armour in den letzten Jahren „MapMyFitness“, „Endomondo“ und „MyFitnessPal“ für ein Gesamtvolumen von 710 Millionen US-Dollar. Adidas schlug im vergangenen Jahr bei „Runtastic“ zu und die japanische Firma Asics übernahm unlängst „Runkeeper“.
Runtastic
Die Lauf- und Fitness-App aus Österreich ist seit ihrer Entwicklung 2009 inzwischen so etwas wie ein Klassiker geworden. Besonders Joggern wird ein grosser Umfang an Funktionen geboten, insbesondere bei der kostenpflichtigen Version Runtastic PRO Laufen & Fitness.
Was kann die Gratis-Version? Die wichtigsten Funktionen stehen hiermit schon zur Verfügung: Distanzen, (durchschnittliche) Laufgeschwindigkeiten, überwundene Höhenmeter und Kalorienverbrauch werden erfasst und in einer Übersicht archiviert. Dafür muss jedoch mit Werbung gerechnet werden und gewünschte Zusatzfunktionen sind nur über In-App-Käufe verfügbar (der neue Story Run umfasst zum Beispiel ansonsten lediglich zwei Gratis-Proben).
Was kann die kostenpflichtige Version? Zum erweiterten Funktionsumfang gehört die Festlegung bestimmter Trainingsziele (Herzfrequenzzonen, Kalorienverbrauch, Laufgeschwindigkeit etc.), des Trainingsmodus und verschiedener Laufrouten. Außerdem können andere Workouts wie Laufbandeinheiten, Spinning oder Krafttraining manuell im persönlichen Trainingstagebuch eingegeben werden. Seit dem Update auf die Version 6.7 können Läufer zudem ein Jahreslaufziel festlegen, ausserdem halten nun auch Gamification-Elemente Einzug in die App: Der Story Run liefert den Rahmen für Intervallläufe.
Runkeeper
Was den Umfang anbelangt steht das Produkt von FitnessKeeper, Inc. der direkten Konkurrenz aus Österreich sicherlich in nichts nach, allerdings sticht besonders die Unterstützung von zwölf weiteren Sportarten heraus.
Was kann die Gratis-Version? Wie beim Konkurrenzprodukt sind alle grundlegenden Funktionen vorhanden, die Möglichkeit zum Aufstellen wöchentlicher Ziele wurde zusätzlich eingebunden und die Herausforderungen überarbeitet. Dadurch ist jetzt immer ersichtlich, wie viele Mitläufer beteiligt sind, ausserdem können Freunde sehr viel leichter eingeladen werden.
Was kann die kostenpflichtige Version? Den notwendigen finanziellen Mehraufwand vorausgesetzt gibt es bei Runkeeper Go den Zugriff auf Sprachcoach, Musikplayer und verschiedene Trainingsmodi.
Endomondo
Hinsichtlich der erfassbaren Sportarten liegt Endomondo sicherlich vor den Konkurrenzprodukten – weit mehr als 40 verschiedene Aktivitäten unterstützt die App, darunter auch weniger übliche wie Kayak fahren.
Was kann die Gratis-Version? Der Funktionsumfang ist auf Augenhöhe mit Runtastic und Runkeeper, die auch dort vorhandene Unterstützung der sozialen Vernetzung hat bei Endomondo aber einen besonderen Platz.
Was kann die kostenpflichtige Version? Das Audio-Feedback des Sprachcoachs und die statistische Aufbereitung der Messdaten sind hiermit umfangreicher. Darüber hinaus können persönliche Trainingspläne über verschiedene Distanzen erstellt werden, die mit einer Erinnerungsfunktion versehen sind – ein geplantes Intervalltraining wird so rechtzeitig angekündigt, das Fitness-Niveau mit regelmässigen Tests überprüft.
Die Liste liesse sich an dieser Stelle noch fortsetzen, obwohl gerade für Läufer die meisten verfügbaren Apps offensichtlich einen ähnlichen Umfang vorweisen können. Neben dem Joggen erlaubt das Angebot an verschiedensten Fitness-Apps erlaubt inzwischen ein gutes Mass an Abwechslung im Trainingsplan, so dass der Körper selbst bei schlechtem Wetter weiter gedrillt werden kann.
Wearables
Ebenfalls am Rande der Unübersichtlichkeit ist mittlerweile der Markt für Aktivitäts-Tracker und technische Spielereien aller Art angekommen. Dafür sorgen zahlreiche Hersteller, die Produkte für jede denkbare Gelegenheit und jeden Geschmack anbieten – inklusive regelmässiger Neuauflagen. Dadurch ist es immerhin möglich, einen Tracker ganz nach den individuellen Wünschen und Anforderungen zu finden.
Hobbysportler kommen möglicherweise schon mit einem vergleichsweise günstigen Gerät aus, das neben der Dokumentation auch die Möglichkeit der Datenauswertung gibt. Die Motivation zu mehr Bewegung steht hier im Vordergrund. Pulsmessung ist daher zwar prinzipiell eine sinnvolle Ergänzung, wird aber insgesamt weniger relevant sein.
Beispielprodukt: Fitbit Charge
Das Fitness-Armband mit OLED-Display liegt im unteren dreistelligen Preissegment und verfügt dafür über alle wesentlichen Features: Zurückgelegte Distanzen und Schritte werden mit minimalsten Abweichungen erfasst, ebenso die Dauer der Aktivität, verbrannte Kalorien, Etagen, der Trainingsmodus und Tagesstatistiken. Wie mit allen Produkten von Fitbit ist auch eine Schlafanalyse möglich, wenngleich das für das Sporttreiben an sich zweitrangig ist.
Wem das Tracking der eigenen Leistungen als Motivation nicht ausreicht, gibt es wie bei den Fitness-Apps die Möglichkeit zum Austausch der Statistiken, gegenseitigem Anfeuern und Herausfordern und dem Ersteigen einer Rangliste. Übrigens stellt Fitbit eine eigene App zur Verfügung, die bei der Auswertung der gesammelten Daten hilft.
Der eingebaute Akku hält zwischen sieben und zehn Tagen, innerhalb von 1,5 Stunden kann dieser wieder aufgeladen werden. Zum Schwimmen ist das Fitbit Charge nicht geeignet, mit Regen und Spritzwasser kommt es problemlos zurecht.
Ambitioniertere Sportler wünschen sich genauere Messdaten, ein angenehmes Tragegefühl, eine ausreichende Akkulaufzeit und selbstverständlich die Möglichkeit zur Datenanalyse. Da der Leistungsumfang der meisten Fitness-Armbänder in etwa auf ähnlichem Niveau liegt, ist bei einem intensiveren Trainingsumfang eventuell schon die Anschaffung eines Trainingscomputers eine Option.
Beispielprodukt: POLAR Trainingscomputer V800
Ebenfalls für das Handgelenk bringt der V800 zunächst einmal die üblichen Features für das tägliche Self-Tracking mit, ergänzt durch die Aufzeichnung der Herzfrequenz, die auch beim Schwimmen funktioniert – der Tracker ist bis 30 Meter wasserdicht.
Durch den Activity Guide wird Faulenzen umgehend mit einer Erinnerung an mehr Bewegung geahndet. Feedback zu den erbrachten Leistungen gibt es sowohl direkt im Anschluss an die absolvierten Trainingseinheiten, alternativ kann die Funktion aber auch auf grössere Zeitabstände eingestellt werden. Die Möglichkeit, verschiedene Profile für unterschiedliche Sportarten anzulegen, sorgt zusammen mit dem präzisen GPS für eine übergangslose Aufzeichnung der Daten. Obwohl mit dem V800 durchgängig der Fitness-Zustand überprüft werden kann, ist der Erholungsstatus nicht immer einleuchtend – die vorgeschlagenen Regenerationsphasen nach intensiveren Trainingseinheiten scheinen mitunter übermässig lang auszufallen.
Insgesamt bietet der Trainingscomputer einen weitreichenden Funktionsumfang, was er aufgrund des vergleichsweise hohen Preises natürlich auch tun sollte.
Einsteiger-Tipp: Wer mit seinen sportlichen Aktivitäten nicht unbedingt den Profibereich anstrebt, sondern in erster Linie sein Bewegungs- und Schlafverhalten kontrollieren möchte, kann das durchaus zu einem sehr viel kleineren Preis tun. Mit dem Jawbone UP Move, der mit einem Clip an der Kleidung angebracht werden kann, hilft schon für kleines Geld und in Verbindung mit verschiedenen Apps bei einer grundsätzlichen Verbesserung der persönlichen Fitness.
Sensoren im Schuh
Seinerzeit gehörte der Sportartikelhersteller Nike mit seinem Nike Plus-System zu den ersten, die das Laufen mit dem Einsatz von Technik unterstützten. Dazu ist erstmal wenig mehr notwendig als ein paar Laufschuhe, die sich mit dem Sensor in der Einlegesohle aufrüsten lassen. Die Genauigkeit der Ergebnisse hinsichtlich Geschwindigkeit und zurückgelegter Distanzen liegt bei bis zu 95 Prozent, mit der richtigen Kalibrierung geht es noch ein wenig präziser.
Konkurrent Adidas geht mit einer neuen Technologie sogar noch einen Schritt weiter und stattet seine (vorläufig nur höherpreisigen) Schuhe mit Sensoren aus, die die Anforderungen an die individuelle Dämpfung anpassen. Ein Mikroprozessor in der Zwischensohle führt beim Aufsetzen des Fußes bis zu 1.000 Messungen durch – und erkennt so, ob der Schuh zu weich oder zu hart ist.
Das Schweizer Unternehmen Axiamo hat einen eigenen Sensor zur Vermeidung von Gesundheitsschäden entwickelt, die erfassten Daten (Schrittlänge und –frequenz sowie die Länge des Bodenkontakts der Füsse) lassen sich per App auf eventuelle Disbalancen analysieren. So kann einer langfristigen Schädigung durch einseitige Belastungen und dergleichen verhindert werden.
Die Grenzen der Technik
Auch wenn es weder bei der Software noch bei der Hardware aktuell so aussieht, so sind den technischen Möglichkeiten des Selftrackings doch auch Grenzen gesetzt. Der Axiamote-Sensor mag beispielsweise präzise und umfassende Daten liefern, die korrekte Auswertung obliegt aber weiterhin den sportmedizinischen Experten, also Ärzten und Physiotherapeuten. Es stellt sich daher die Frage, ob ein solcher Sensor wirklich ein massentaugliches Hilfsmittel sein kann, selbst wenn der Markt natürlich riesig ist.
Fraglich auch, ob es nicht gerade im Hobbysportbereich sinnvoller ist, die Beratung in einem Lauflabor in Anspruch zu nehmen, in dem der Laufstil mit allen möglichen Fehlstellungen schon vor dem Kauf der Ausrüstung analysiert wird. Die Aussicht, bei einem unbefriedigenden Messergebnis durch den Sensor gleich wieder ein neues Paar Schuhe kaufen zu müssen, erscheint jedenfalls nicht sonderlich verlockend.
Ebenfalls problematisch ist das Überangebot, insbesondere auf dem App-Markt: Der Wettbewerb ist groß und bringt vielfach Produkte hervor, die für die Nutzer keinen Mehrwert bieten – sei es, weil sie inhaltlich irrelevant sind, keinerlei Anspruch auf Nachhaltigkeit erheben oder schlichtweg aus rein kommerziellen Beweggründen entstanden sind. Damit ist keineswegs gesagt, dass die Verwendung von Fitness-Apps durchweg unsinnig ist. Das Gegenteil ist der Fall, die Förderung eines bewussteren Umgangs mit der eigenen Gesundheit kann nur als positiv bewertet werden. Nicht umsonst sieht das Gesundheitswesen im Selftracking eine gute Möglichkeit, verschiedene Aufgabenbereiche – wie etwa das Monitoring – auf die potenziellen Patienten zu übertragen.
Auch in diesem Fall ist die Nutzung jedoch nicht risikofrei, was nicht allein die Sicherheit der gesammelten Daten betrifft. Die Entwicklung von Fitness-Apps setzt nicht unbedingt eine Beteiligung von Experten voraus, insofern gibt es vielfach einfach keine Garantie für die Richtigkeit der ermittelten Daten. Ein dadurch bedingtes Überschätzen der eigenen Leistungsfähigkeit – die im Grunde genommen keine App zuverlässig ermitteln kann – ist dabei unter Umständen noch eine der harmloseren Begleiterscheinungen, bei explizit auf medizinische Belange ausgerichteten Anwendungen können die Folgen durchaus ernster sein, wenn es beispielsweise um das Erkennen von Krankheitssymptomen geht. Einen Arzt kann die Technik letzten Endes eben doch nicht ersetzen.
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