Tipps & Tricks 08.11.2013, 11:27 Uhr

IFTTT: dienstbare Geister im Internet

Mit dem kostenlosen Dienst «IFTTT» reichen wenige Klicks, um raffinierte Makros zu erstellen. Diese wirken im Web, steuern das Licht im Wohnzimmer oder automatisieren das iPhone.
«Das Internet der Dinge» ist ein Begriff, der sich zunehmend in unseren Alltag schleicht. Damit sind Dienste gemeint, die unser Leben vereinfachen, ohne dass wir etwas dazu beitragen müssen. Stattdessen kommunizieren Geräte und Programme untereinander und regeln ihren Computer-Kram selber, statt uns Menschen damit zu belästigen.
Zu den typischen Beispielen gehört der viel zitierte Internet-Kühlschrank, der automatisch den Inhalt überwacht und die Milch nachbestellt – oder sie zumindest auf die Einkaufsliste setzt, die wiederum auf dem Smartphone geführt wird. Doch dummerweise sind diese Kühlschränke so weit von der Massenproduktion entfernt, dass man deren Existenz bereits in die Schublade mit den urbanen Legenden stecken könnte.

Die Idee hinter IFTTT

Dabei gibt es bereits heute Dienste, die universell, praktisch, nützlich und einfach zu verstehen sind – und darüber hinaus nicht einmal etwas kosten. Zu den populärsten Vertretern gehört IFTTT (ausgesprochen «ifft»). Das Kürzel steht für «IF This, Then That», oder locker übersetzt: «Wenn dieses Ereignis eintritt, unternimm folgendes».
Ein praktisches Beispiel sähe etwa so aus: «Wenn heute Nacht Schnee fällt, wecke mich eine halbe Stunde früher.» In diesem Fall ist nämlich Schneeschaufeln angesagt, oder das Auto bleibt in der Garage – ein Ablauf, aus dem prallen Leben gegriffen.

Die Mischung machts

Damit ein digitales Heinzelmännchen seine Wirkung entfalten kann, werden nur wenige Zutaten benötigt, und die findet man alle auf der Website von IFTTT. Dabei wird jeder Ablauf von drei Elementen geprägt:
Kanal (Chanel). Unter einem Kanal versteht man einen Dienst, der sich über IFTTT ansprechen lässt, also kompatibel ist. Bis heute sind 73 Kanäle verfügbar. Das klingt zwar eher nach wenig, doch die Übersicht liest sich wie ein «Who is who» der Branche: Zu den unterstützen Diensten gehören Gmail, Dropbox, Twitter, Evernote oder die Fotosammlung von iOS, um nur einige beim Namen zu nennen.
Graue Kanäle wurden vom Benutzer nicht aktiviert
Genauso wichtig sind jene Kanäle, die universell funktionieren und damit eine Brücke zu allen möglichen Aktivitäten schlagen. Dazu gehören jegliche Art von E-Mails, RSS-Feeds von beliebigen Websites, SMS, das Wetter oder ganz banale Timer, die auf einen vorbestimmten Moment warten. Damit lässt sich arbeiten.
Auslöser (Trigger). Der Auslöser bestimmt, unter welchen Bedingungen eine Aktion durchgeführt wird. In unserem Beispiel vorhin war es der nächtliche Schneefall. Es könnte aber auch ein neuer Follower sein, der sich uns auf Twitter angeschlossen hat. Oder ein Foto, das auf Instagram von jemandem geliked worden ist. Vielleicht handelt es sich auch um eine Datei, die soeben in unsere Dropbox kopiert worden ist. Und so weiter.
Rezept (Recipe). Das Rezept definiert die Abläufe, die in Gang gesetzt werden, sobald das gewählte Kriterium erfüllt ist. Im einfachsten Fall wird vielleicht eine E-Mail verschickt; in anderen Fällen wird jedoch die Beleuchtung im Wohnzimmer komplett umgestellt. (Dazu gleich mehr.) Das Rezept definiert also die Interaktion zwischen zwei Kanälen.
Wenn … dann: Jeder Ablauf folgt diesem Muster
 
Es gibt zwei Arten von Rezepten: private und öffentliche. Private Rezepte gehören dem jeweiligen Benutzer. Öffentlichen Rezepte können von allen Teilnehmern bei IFTTT benutzt werden; sie sind nicht nur praktisch, sondern werden gerade am Anfang zu einem wichtigen Quell der Inspiration, um ein Gefühl für die Sache zu entwickeln. Solche öffentlichen Rezepte gibt es zu Tausenden; manche sind genial, andere nur verwaist Tests ohne Sinn.
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Die Hardware spielt mit

Die Hardware spielt mit

Die Automatisierung erreicht ihren nächsten Höhepunkt, wenn sich zur Software auch noch Hardware gesellt, die sich über IFTTT ansprechen lässt. Zurzeit werden nur wenige Produkte unterstützt, doch die sind alleweil interessant genug, um an dieser Stelle gewürdigt zu werden:
Hue. Philips Hue ist zurzeit die wohl spannendste Lösung, um die Beleuchtung in den eigenen vier Wänden zu regeln (Abb. 2). Die LED-Lampen können jede beliebige Farbe annehmen, lassen sich zu Szenen kombinieren und verhalten sich auch sonst recht clever. Den ausführlichen Test zu Hue finden Sie hier – dieser berücksichtigt allerdings noch nicht die Anbindung an IFTTT.
Die Hue-Lampen von Philips lassen sich aus dem Internet steuern
IFTTT lässt sich zum Beispiel eine Lampe grün blinken, wenn jemand einen Beitrag auf Tumblr kommentiert oder in fünf Minuten die Lieblingssendung beginnt. Vielleicht schalten sich aber auch die Lampen im Schlafzimmer eine halbe Stunde früher ein, wenn es in der Nacht geschneit hat. Dabei agiert der Kanal «Weather» als Trigger. Nur die Fantasie setzt die Grenzen.
Withings. Die Personenwaage von Withings war die erste, die sich über WLAN mit dem Internet verbinden konnte, um die Ergebnisse anschliessend an das Smartphone zu übertragen. Unterdessen kontrolliert die zugehörige App auch den Blutdruck und protokolliert die Schlafgewohnheiten sowie die körperlichen Aktivitäten. Über IFFT kann zum Beispiel das eigene Gewicht in die Welt hinausposaunt werden, sobald das Diät-Ziel erreicht worden ist. Oder die Kaffeemaschine schaltet sich automatisch ein, sobald man sich für die tägliche Kontrolle auf die Waage stellt.
Die Körperwaage von Withings kommuniziert über Wi-Fi mit dem Internet
WeMo Switch und Motion. Die Kaffeemaschine wird aktiviert, indem sie ein Trigger mit Strom versorgt, sobald jemand auf die Waage steigt. Diese Steuerung übernimmt der WeMo-Schalter von Belkin. Der Zwischenstecker wird über eine beliebige Steckdose gestülpt und steuert anschliessend Lampen, Fernseher, Backöfen oder eben Kaffeemaschinen. Der WeMo-Schalter kostet rund 70 Franken, doch er ist nicht leicht zu finden. Zu den besten Anlaufstellen gehört Ebay – allerdings muss auf den richtigen Stecker geachtet werden. Eine CH-Version gibt es nicht, doch die EU-Variante lässt sich mit Adapter kompatibel machen.
Up von Jawbone. Up ist das Armband für den modernen Lebensstil – zumindest, wenn es nach seinem Hersteller Jawbone geht. Up registriert Fitness-Aktivitäten, überwacht die Schlafgewohnheiten und notiert den Kalorienkonsum mithilfe der iPhone-App. Die Kritiken und Möglichkeiten sind eher durchwachsen, doch wer es mag, kann zum Beispiel über IFTTT jeden Lauf mit mehr als 2000 Schritten in einer Google-Docs-Tabelle ablegen. Jawbone Up ist unter anderem bei Microspot erhältlich.
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Anmeldung und Autorisierung

Anmeldung bei IFTTT

Jede Menge Vorzüge, also. Um davon zu profitieren, benötigen Sie nur ein kostenloses Konto bei IFTTT. Die Website ist im Augenblick leider nur in Englisch verfügbar. Viel muss man von dieser Sprache jedoch nicht verstehen, um sich zurechtzufinden.
Rufen Sie die Startseite von ifttt.com auf und klicken Sie auf die Schaltfläche «Join IFTTT»:
Los gehts!
Wählen Sie anschliessend einen Benutzernamen und geben Sie Ihre E-Mail-Adresse sowie ein Kennwort ein. Mit einem Klick auf die Schaltfläche «Create Account» schliessen Sie die Anmeldung ab und sehen danach eine kleine Einführung in die Wirkungsweise von IFTTT. Gleichzeitig erhalten Sie eine E-Mail mit einem Link, mit dem Sie die E-Mail-Adresse bestätigen.
Wenn Sie sich einen Überblick über die Rezepte verschaffen möchten, klicken Sie am oberen Fensterrand auf den Link «Browse» und wühlen Sie sich durch die Möglichkeiten. Das wird jedoch schnell des Guten zu viel, weil hier alle Rezepte für sämtliche Kanäle gezeigt werden.
Hier wartet eine Flut von Möglichkeiten

Auswahl und Autorisierung der Kanäle

Deshalb sollten Sie zuerst festlegen, mit welchen Kanälen Sie arbeiten möchten. Klicken Sie am oberen Fensterrand auf den Link «Channels», um alle verfügbaren Kanäle anzuzeigen:
Hier gehts zu den Kanälen
Graue Symbole stehen für Kanäle, die Sie noch nicht aktiviert haben. Um einen Kanal zu aktiveren, klicken Sie einfach auf sein Symbol. Anschliessend sehen Sie einige populäre Rezepte für diesen Kanal; viele weitere werden angezeigt, indem Sie auf die Schaltfläche «Browse more Recipes» klicken. Die Auswahl ist erschlagend: Allein im Zusammenhang mit dem Kanal «Email» stehen etwa 10‘000 Rezepte zur Auswahl. Allerdings sind viele davon sehr speziell, untauglich oder dienten dem Verfasser nur als Testvehikel. Doch für die Inspiration taugen sie alleweil.
Je nach ausgewähltem Kanal müssen Sie bei der Aktivierung weitere Angaben machen. Kanäle wie Twitter oder Facebook lassen sich nur dann einbinden, wenn sie mit Ihren Kontoangaben dazu autorisiert werden:
Einige Dienste müssen die Erlaubnis einholen
Selbiges gilt auch für den Dropbox-Kanal, wenn der beliebte Cloud-Dienst zum Beispiel Fotos von Facebook speichern soll. Und so weiter.
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Ein praktisches Beispiel

Ein praktisches Beispiel

Sehen wir uns Schritt für Schritt an, wie ein einfaches Rezept erstellt wird. Die Aufgabe: Jedes Bild, das von Ihnen auf Instagram veröffentlicht wird, soll per E-Mail an eine nahestehende Person verschickt werden – ihres Zeichens ein Kostverächter, der sich standhaft weigert, bei Instagram mitzumachen. Um diese Aufgabe zu meistern, müssen Sie zuerst die Kanäle «Email» und «Instagram» aktivieren.
Tipp: Der Kanal «Email» verwendet automatisch jene Adresse, die Sie bei der Anmeldung bei IFTTT verwendet haben. Sie können diese jederzeit ändern, indem Sie auf den Kanal klicken und anschliessend auf die Schaltfläche «Edit Chanel». Mit einem Klick auf die Schaltfläche «Send PIN» wird Ihnen automatisch ein Code an die neue E-Mail-Adresse geschickt, um diese zu bestätigen. Wenn Sie viele Abläufe über IFTTT abwickeln, kann es sogar sinnvoll sein, für solche Zwecke eine eigene E-Mail-Adresse einzurichten.

Das erste Rezept

Klicken Sie nun am oberen Fensterrand auf den Link «My Recipes» (1) und überzeugen Sie sich, dass der Bereich «Personal» (2) angewählt ist. Klicken Sie anschliessend auf die Schaltfläche «Create a Recipe» (3).
Ein neues Rezept wird angelegt
Was folgt, ist ein Kinderspiel, weil Ihnen IFTTT nach bestem Wissen und Gewissen hilft.
Der Auslöser. Klicken Sie auf das blaue Wort «this» und anschliessend auf den Kanal, der die Aktion auslöst – in unserem Fall also «Instagram». Als nächstes sehen Sie alle Auslöser (Trigger), die für diesen Kanal zur Verfügung stehen. Für unseren Fall ist der erste genau richtig: «Any new photo by you». Klicken Sie auf diesen Trigger.
Der Auslöser (Trigger)
Da keine weiteren Angaben nötig sind, schliesst ein Klick auf die Schaltfläche «Create Trigger» die Definition ab.
Der Zielkanal. So getan, klicken Sie auf das blau markierte Wort «that», um die Reaktion auf diesen Trigger zu bestimmen.
Die Ursache hätten wir; weiter geht es mit dem gewünschten Kanal
Wählen Sie den gewünschten Kanal – in diesem Fall «Email» – und die gewünschte Aktion. Die Auswahl ist nicht gerade üppig, doch für unsere Zwecke ist die eine Funktion ideal:
Nicht viel Auswahl, aber es reicht für unsere Zwecke
Das Rezept. In einem nächsten Schritt definieren Sie den Titel und den Inhalt der E-Mail. Beide werden vom Email-Kanal automatisch ausgefüllt, doch Sie können den Text beliebig anpassen. Einzig die grau hinterlegten Kommandos «SourceUrl» und «Url» müssen beibehalten werden, denn diese werden automatisch durch die Links zur Instagram-Seite ersetzt.
Die Platzhalter werden später automatisch ausgefüllt
Klicken Sie auf die Schaltfläche «Create Action». Das war’s. Dieses Rezept wird von IFTTT in Zukunft alle 15 Minuten geprüft. Wenn sich auf Instagram etwas geändert hat, wird das neuste (eigene Bild) an die vordefinierte E-Mail-Adresse geschickt. Von dort aus kann das Bild an die Instagram-verweigernden Eltern weitergeleitet werden. Denken Sie jedoch daran, dass es ein paar Minuten dauern kann, bis das Rezept auf IFTTT aktiv wird.
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IFTTT, iOS und das iPhone

IFTTT auf dem iPhone

Die neuste Erweiterung von IFTTT ist die kostenlose iPhone-App. Allerdings liegt es in der Natur des Gerätes, dass keine Befehle auf Systemebene ausgeführt werden können. Trotzdem sind die Möglichkeiten erstaunlich.
Im Prinzip stehen dieselben Triger zur Verfügung, wie auf der Website von IFTTT. Einzig die Kanäle des iPhones sind beschränkt. Zurzeit werden die mitgelieferten Apps «Kontakte», «Fotos» und «Erinnerungen» unterstützt. Das hält findige Köpfe jedoch nicht davon ab, einige bemerkenswerte Rezepte anzubieten.
IFTTT auf dem iPhone
So kann zum Beispiel jeder neue Kontakt automatisch in eine Google-Tabelle eingetragen werden. Oder er erhält eine vordefinierte E-Mail – etwa als Dank für das Interesse, wenn dieser Kontakt im Rahmen einer Veranstaltung erfasst worden ist. Oder man legt alle Screenshots, die man auf dem iPhone erstellt hat, automatisch in einem eigenen Album ab, wo sie leichter gefunden werden. Und so weiter.
Wenn Sie wissen möchten, welche iPhone-spezifischen Rezepte angeboten werden, dann verwenden Sie am besten den Filter auf der IFTTT-Website. Klicken Sie dazu auf den Bereich «Browse» (1). Klicken Sie danach auf «Filter» (2) und wählen Sie zwischen «iOS Photos», «iOS Contacts» und «iOS Reminders»:
Die Aktionen lassen sich bequem filtern
Jetzt sehen Sie alle Rezepte, die für die Verwendung mit dem iPhone konzipiert wurden.

Kreativität ist Trumpf

In diesem Beispiel läuft der Versand vielleicht nicht ganz so optimal ab, weil das Bild lediglich an die eigene E-Mail-Adresse verschickt wird und dann weitergeleitet werden muss. In vielen Fällen lohnt es sich, auf IFTTT nach Alternativen zu suchen, die ebenfalls zum Ziel führen können. Wenn zum Beispiel als Kanal nicht «Email», sondern «Gmail» verwendet wird, dann können Sie eine beliebige Zieladresse eingeben und ersparen sich so die manuelle Weiterleitung – ein Gmail-Konto natürlich vorausgesetzt.
Kurz, IFTTT bietet ganz neue Möglichkeiten und stundenlange Unterhaltung, ganz ohne Kosten. Besonders interessant werden die Rezepte, wenn auch noch Hardware hinzugefügt wird – dann ist der erste Schritt in die massgeschneiderte Heimautomation gemacht.



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