Cloud-Gaming verlagert die Rechenleistung vom eigenen Wohnzimmer-PC in weit entfernte Rechenzentren. Was früher teure Hardware und langwierige Installationen benötigte, gelangt heute per Streaming direkt in Ihren Webbrowser.
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Vor nicht allzu langer Zeit war es üblich, dass sich PC-Spieler alle paar Jahre einen neuen Computer kauften, um den gestiegenen Anforderungen aktueller Spiele gerecht zu werden. In der Schweiz kostete ein Gaming-PC nach Berechnungen der Gutscheinplattform Picodi.com im Jahr 2023 im Schnitt 1595 Franken, Bild 1. Das seien rund 30 Prozent des durchschnittlichen Monatslohns, kommentierte damals die Pendlerzeitung 20 Minuten. Heute sind solche Ausgaben dank des Trends zum Cloud-Gaming nicht mehr nötig. Selbst auf zehnjährigen oder älteren Rechnern, die sich eigentlich nur noch für einfache Aufgaben wie MS Office oder zum Surfen im Internet eignen, können Sie heute aktuelle PC-Games spielen.
Bild 1: Für einen neuen Gaming-PC wie den Erazer Bandit P20 investieren Schweizer im Schnitt 1600 Franken, gesehen bei galaxus.ch
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Gegen eine monatliche Gebühr und teils sogar kostenlos läuft das Spiel dann nicht mehr auf dem Computer bei Ihnen Zuhause, sondern auf einem potenten Server in einem entfernten Rechenzentrum, Bild 2. Dieser überträgt das aktuelle Bild des Spiels einfach bis zu Ihrem Webbrowser, der wiederum Ihre Aktionen im Spiel entgegennimmt und zurück an den Server schickt.
Bild 2: Anbieter wie Nvidia mit GeForce Now vermieten Gaming-PCs über die Cloud
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Nicht einmal das Betriebssystem spielt noch eine Rolle. Sie können per Cloud-Gaming ganz ohne Gefrickel auch PC-Spiele, die eigentlich nur unter Windows laufen, auf einem Linux-Rechner ausführen, Bild 3.
Bild 3: Cloud-Gaming funktioniert auch unter Linux, hier ein Spiel im Webbrowser unter ZorinOS
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Es gibt ausserdem noch einen weiteren Vorteil, der vielleicht nicht sofort ins Auge fällt: Da das Spiel nur im Browser läuft, bleibt der Lärm im Rechenzentrum des Cloud-Gaming-Anbieters und der PC-Lüfter bei Ihnen Zuhause angenehm leise.
Voraussetzungen
Eine schnelle und stabile Internetverbindung ist allerdings eine Grundvoraussetzung für Spass beim Cloud-Gaming. Erfüllt sie die folgenden Anforderungen nicht, dann reduziert der Anbieter meist automatisch die Bildqualität, um so beim Datenvolumen zu sparen, Bild 4. Durch eine höhere Bildkompression und vermehrt auftretende Artefakte entstehen dann Klötzchen, Unschärfen und Schlieren im Bild.
Bild 4: Bei einer ungenügenden Internetverbindung sinkt die Bildqualität
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Bei instabilen Verbindungen über ein schlechtes WLAN oder auch eine wackelige Mobilfunkverbindung kann das Bild zudem ruckeln oder einfrieren. Action-lastige Spiele werden so unspielbar. Ausserdem kann es bei zu hohen Latenzen, also einem schlechten Ping (Zeitraum, den ein kleines Datenpaket von Ihrem Gerät zu einem Server im Internet und zu Ihrem Gerät zurück benötigt), zu plötzlichen Verbindungsabbrüchen und damit möglicherweise dem Verlust des aktuellen Spielstands kommen. Bei starkem Jitter (wenn der Ping heftig schwankt) treten zudem Audiostörungen wie Knacken, Aussetzer oder Unterschiede zwischen Ton und Bild auf.
Zum Glück haben nur die wenigsten Menschen in der Schweiz heute noch mit so schlechten Internetverbindungen zu kämpfen. Um etwa ein PC-Game über die Cloud in einer 1080p-Auflösung (1920 × 1080 Pixel) zu spielen, sollte die Download-Geschwindigkeit nach Angaben der meisten Cloud-Gaming-Anbieter bei etwa 15 bis 25 Mbit/s liegen, für eine 4K-Auflösung eher bei 35 bis 50 Mbit/s, Bild 5. Beim Upload genügen in der Regel 5 bis 10 Mbit/s, da es hier vorwiegend darauf ankommt, dass die Aktionen des Spielers zeitnah an den Server gesendet werden.
Bild 5: Eine Messung via geschwindigkeit.de zeigt, ob Ihre Internetverbindung auch schnell genug für Cloud-Gaming ist
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Im Global Broadband Index (speedtest.net/global-index) lag die Schweiz im März 2025 mit einer durchschnittlichen Download-Geschwindigkeit von etwas über 250 Mbit/s weltweit auf Platz 10. Auch beim Upload waren es gemäss den Messungen knapp über 100 Mbit/s. Die Latenzen lagen hierzulande im Schnitt bei 7 Millisekunden (ms), was sehr gut ist. Werte unter 20 ms gelten bereits als optimal fürs Cloud-Gaming.
Selbst bei Mobilfunkverbindungen sieht es für die Schweizerinnen und Schweizer gut aus. Sie lagen zuletzt ebenfalls laut dem Global Broadband Index beim Downstream im Schnitt bei über 111 Mbit/s und im Upstream bei immerhin noch über 20 Mbit/s. Nur die Latenzen waren mit 17 ms etwas höher. Trotzdem eignen sich Mobilfunkverbindungen nur bedingt für das Cloud-Gaming, weil es viel Datenvolumen verbraucht. 2 bis 3 GB pro Stunde sind normal, aber auch 5 bis 10 GB pro Stunde sind möglich.
Plus- und Minuspunkte
Die Hardware-Voraussetzungen für das System, auf dem Sie via Cloud spielen wollen, sind so bescheiden, dass sie heute kaum noch eine Rolle spielen. Für Desktop-Rechner und Notebooks genügen nach Angaben der Cloud-Gaming-Anbieter in der Regel schon 4 GB RAM sowie eine Dual-Core-CPU mit 1,5 bis 2 GHz, Bild 6. Nicht einmal eine dedizierte Grafikkarte ist nötig. Wichtig ist primär, dass der Computer Videos im Webbrowser streamen und Daten schnell weiterleiten kann.
Bild 6: Nicht mehr das schnellste Notebook, aber für Cloud-Gaming reicht es locker
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Wenn Sie keinen aktuellen High-End-PC mehr benötigen, können Sie mit dem Cloud-Gaming also viel Geld sparen. Der Dienst GeForce Now des Grafikkartenherstellers Nvidia (dazu später noch mehr) lässt sich unter Einschränkungen sogar kostenlos nutzen, Bild 7. Nicht einmal eigene Spiele müssen Sie hier mitbringen. Aktuell sind nach Angaben des Anbieters über 140 Free-to-Play-Titel dabei, die Sie komplett kostenlos über die Cloud spielen können. Darüber hinausgehende Titel müssen Sie hier jedoch besitzen.
Bild 7: GeForce Now gibt es sogar gratis
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Neben den bereits genannten Vorteilen gibt es noch weitere Pluspunkte. So belegen die Spiele keinen Platz mehr auf Ihrer Festplatte. Manche aktuellen Games benötigen 100 GB und mehr, Bild 8. Bei mehreren Spielen summiert sich das auf. Ausserdem stehen die Spiele sofort zur Verfügung. Sie müssen also nicht erst Stunden warten, bis ein neuer Titel heruntergeladen und installiert ist.
Bild 8: Baldur’s Gate 3 benötigt rund 145 GB Platz, der hier nicht mehr vorhanden ist
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Zu den Minuspunkten: Unserer Erfahrung nach kommt es gerade abends immer wieder zu Engpässen bei den Cloud-Anbietern, wenn viele Spieler gleichzeitig auf einen Dienst zugreifen wollen. In diesem Fall tauchen plötzlich Warteschlangen oder hohe Latenzen auf, die manche Titel unspielbar machen. Zudem fällt auf, dass abends die Bildqualität wegen der überlasteten Leitungen teils deutlich schlechter als tagsüber ist. Auch bei einem Ausfall der Verbindung in das Internet ist es vorbei mit dem Cloud-Gaming. Ein eigener Gaming-PC steht dagegen immer ohne Einschränkung zur Verfügung.
Nvidia GeForce Now
Wie bereits erwähnt, gibt es den Cloud-Gaming-Dienst GeForce Now von Nvidia (nvidia.com/de-de/geforce-now) komplett kostenlos. Allerdings ist dieses Angebot so beliebt, dass die Nutzer eigentlich immer mit Warteschlangen rechnen müssen. Wie lange diese sind, hängt von der aktuellen Auslastung ab. Bei einer «normalen» Auslastung sind 30 Minuten oder länger üblich. Kürzer wird es nur zu Zeiten wie sehr spät am Abend oder ganz früh am Morgen. Es wurde auch schon über Wartezeiten von drei bis acht Stunden berichtet. Hat man es ins Spiel geschafft, fliegt man nach nur einer Stunde automatisch raus. Vergangenes Jahr kündigte Nvidia an, in Zukunft zusätzlich bis zu zwei Minuten lange Werbeclips vor dem Spielen einzubauen.
Ausser der kostenlosen Stufe bietet das Unternehmen noch zwei kostenpflichtige Angebote mit monatlicher beziehungsweise jährlicher Zahlweise an, Bild 9. Die Stufe «Performance» bietet mehrere Vorteile gegenüber der kostenlosen Version. Auch hier können Wartezeiten auftreten, aber diese sind in der Regel deutlich kürzer. Die Spieldauer pro Session beträgt zudem bis zu sechs Stunden. Die maximale Spielzeit pro Monat wurde Ende des vergangenen Jahres auf 100 Stunden begrenzt. Ausserdem sind die technischen Daten der für das Spielen verwendeten virtuellen PCs besser als bei der Gratisvariante, auch die angebotene Auflösung ist mit 1440p höher. Die Kosten weist Nvidia in Euro aus. Sie liegen für die «Performance»-Stufe bei knapp 11 Euro pro Monat oder rund 55 Euro für ein halbes Jahr.
Bild 9: GeForce Now bietet neben einem kostenlosen Tarif auch zwei kostenpflichtige an
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Etwa das Doppelte kostet die Stufe «Ultimate». Sie bietet eine abermals verbesserte technische Ausstattung, eine maximale Auflösung von bis zu 4K sowie noch längere Spielsessions von bis zu acht Stunden Länge. Dafür verlangt das Unternehmen entweder 22 Euro im Monat oder rund 110 Euro für sechs Monate.
Wie bereits erwähnt, sind in allen Paketen über 140 kostenlose Spiele enthalten. Ausserdem können die Spieler bestimmte Titel direkt kaufen oder bereits vorhandene Spiele-Bibliotheken einbinden. Dazu werden die Accounts verknüpft, was kostenlos möglich ist. Aktuell unterstützt GeForce Now Dienste wie Steam, Epic Games, Xbox und GOG. Sie können aber nicht alle Titel, die Sie dort besitzen, auch unter GeForce Now spielen, sondern nur die offiziell unterstützten. Nach offiziellen Angaben sind es über 2200 Spiele, Bild 10. Trotzdem lohnt es sich als GeForce-Now-Abonnent vor dem Kauf eines neuen Spiels zu prüfen, ob es von dem Anbieter überhaupt unterstützt wird.
Bild 10: GeForce Now unterstützt mittlerweile über 2200 PC-Games
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Xbox Cloud Gaming
Auch Microsoft betreibt seit geraumer Zeit einen eigenen Gaming-Dienst via Cloud (xbox.com/de-de/play). Gegen eine monatliche Gebühr erlaubt er den Download von Spielen auf den PC und das Streamen über die Cloud. Letzteres bedindet sich allerdings offiziell noch im Betastadium. Anders als bei Nvidia ist es bei Microsoft nicht möglich, bereits bei Steam gekaufte Titel zu integrieren und zu spielen. Dafür bietet Xbox Cloud Gaming einen unbegrenzten Zugriff auf ein wechselndes Spieleangebot, das auch immer wieder Top-Titel enthält, Bild 11. Jeden Monat kommen neue Games dazu, andere verlassen den Dienst wieder. Die genaue Zahl schwankt. Wer unbedingt ein bestimmtes Spiel will, kann es auch käuflich erwerben.
Bild 11: Trotz Betastadium sind bei Xbox Cloud-Gaming immer wieder aktuelle Top-Titel dabei
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Bild 12: Auch viele Titel, die eigentlich Maus und Tastatur unterstützen, laufen bei Microsoft nur mit Controller
Quelle: PCtipp.ch
Ferner gibt es eine Reihe von Einschränkungen, die man kennen sollte. So lassen sich nicht alle der enthaltenen Spiele auch über die Cloud spielen. Viele der verfügbaren Titel sind zudem nur mit einem Controller spielbar, Bild 12. Microsoft unterstützt bei den über die Cloud angebotenen Games erst eine kleinere Zahl von Titeln, die sich auch mit Maus und Tastatur spielen lassen.
Das Unternehmen bietet mehrere Abonnements an. Ein Schnupper-Abo für 14 Tage kosten 1 Franken. Danach fallen Fr. 12.99 pro Monat an. Wer im Browser spielen will, für den ist nur die Ultimate-Stufe interessant. Sie kostet Fr. 19.99 im Monat und enthält als einzige auch den Zugriff auf den Cloud-Gaming-Dienst von Microsoft.
Shadow-PC
Wiederum komplett anders funktioniert Shadow-PC (shadow.tech/de). Hier erhalten Sie gegen eine monatliche Gebühr Zugriff auf einen auf Gaming optimierten Windows-PC, der komplett in der Cloud läuft, Bild 13. Spiele sind hier aber keine enthalten. Viele PC-Spieler haben jedoch bereits ein Steam-Konto. Daher können sie den Client in ihrem Shadow-PC installieren und anschliessend die Spiele herunterladen, um sie zu spielen.
Bild 13: Ein Shadow-PC ist ein vollwertiger, virtueller Gaming-Computer in der Cloud
Quelle: PCtipp.ch
Shadow bietet drei Pakete an. Die günstigste Variante kostet Fr. 24.99 im Monat, eignet sich aber laut Anbieter eher für einfachere Spiele. Daneben offeriert das Unternehmen noch ein Abo für Fr. 36.99 und eines für Fr. 59.98 pro Monat. Sie bieten mehr Leistung.
Fazit: nVidia hat Nase vorn
Die meisten Nutzerinnen und Nutzer dürfte Nvidia mit GeForce Now ansprechen. Gegen eine vergleichsweise geringe Gebühr erhalten Sie hier Zugriff auf einige Gratisspiele sowie auf viele Ihrer bereits bei Steam & Co. erworbenen Titel. Neue AAA-Games sind aber nicht automatisch dabei. Das ist bei Xbox Cloud Gaming anders. Dafür müssen Sie hier früher erworbene Titel erneut kaufen, wenn sie nicht bereits im Abonnement enthalten sind. Auch nervt in der Praxis, dass viele der Spiele nur mit einem Controller kompatibel sind.
Shadow-PC bietet mehr Flexibilität, da Sie einen kompletten zusätzlichen PC in der Cloud erhalten. Aber auch hier müssen Sie alle gewünschten Spiele separat erwerben und dann auch noch selbst installieren. Zudem sind die monatlichen Kosten am höchsten. Dafür können Sie auf einem Shadow-PC auch noch andere Software installieren und über das Internet nutzen.