Hi-Fi ganz kabellos
21.10.2025, 00:01 Uhr
Im Test – Sennheiser HDB 630
B&W Px8 S2, Nothing Headphone (1), Sony WH-1000XM6: Dieses Jahr sind schon einige beeindruckende Bluetooth-Over-Ear-Kopfhörer erschienen. Sennheiser will sie mit dem HDB 630 alle überflügeln.
Das Jahr 2025 zeigt: Bluetooth-Kopfhörer müssen sich nicht mehr hinter kabelgebundenen Varianten verstecken. Sie können punkto Tragekomfort, Verarbeitungsqualität und vor allem auch Sound im Hi-Fi-Bereich mithalten. Hinzu kommen lange Akkulaufzeiten und clevere Apps, mit denen sich Bedienung und Soundprofil bis ins kleinste Detail anpassen lassen. Sennheiser möchte mit dem HDB 630 endgültig mit der Meinung «Funk ist schlechter als Kabel» aufräumen. Die Soundtüftler aus Deutschland zielen mit dem jüngsten kabellosen Over-Ear-Kopfhörer auf die Audioenthusiasten. Das Versprechen: «Audiophiler Klang. Kabellos. Keine Kompromisse».
Ausstattung – mehr als üblich
Bereits bei der Ausstattung zeigt sich, dass es Sennheiser ernst meint. Nebst den üblichen Mitgaben wie einer robusten Hülle, einem Klinkenkabel, einem USB-C-Lade-/Audiokabel sowie einer Schnellstartanleitung finden sich auch ein Flugzeugadapter für beidseitigen Musikgenuss beim Fliegen und der USB-C-Dongle BTD 700 im Gepäck. Letzterer ermöglicht die drahtlose Audioübertragung in verlustfreier Qualität und unterstützt Codecs wie aptX Adaptive (bis zu 24 Bit, 96 kHz) und aptX Lossless. Das heisst: Mit dem Dongle macht man jede USB-C-fähige Musikquelle für Bluetooth-Audio in Hi-Fi-Qualität fit. Hat das Gerät nur einen USB-A-Anschluss, lässt sich das mit einem USB-C-zu-USB-A-Adapter lösen. So habe ich den Dongle an meinem PC getestet. Ein weiteres Zückerchen: Der Dongle funktioniert auch mit anderen Bluetooth-Kopfhörern.
Durchdachte Bedienung
Ob B&W, Nothing oder Sony: Das Einrichten von Bluetooth-Kopfhörern ist mittlerweile ein Kinderspiel. Genauso bei Sennheiser: Ich musste die Kopfhörer nur aus der Hülle nehmen, schon fragten mich meine Bluetooth-fähigen Geräte nach einer Verbindung, die ich noch abnicken durfte. Das wars. Klappt es nicht so einfach, hilft die Kurzanleitung weiter: Bluetooth aktivieren, Pairing-Knopf am Kopfhörer für einige Sekunden zu drücken, Verbindung bestätigen. Genauso unkompliziert funktioniert die Verbindung via BTD-700-Dongle.
Ein Lob gibt es für die Touchbedienung, die anstandslos und intuitiv arbeitete. Ob Lautstärke regeln, Tracks überspringen, Start/Stopp, Anruf entgegennehmen; alles ist schnell über die rechte Ohrmuschel erledigt.
Anders als B&W bei seinem Px8 S2 setzt Sennheiser beim HDB 630 auf weniger edle Materialien. Die Polster sind nicht aus echtem Leder, sondern aus japanischem Kunstleder, die Bügel bestehen aus Kunststoff und nicht aus Metall. Damit wirkt der Kopfhörer nicht so anmutig und edel wie B&Ws wunderschönes Top-Produkt. Der HDB 630 sieht schlicht und funktional aus und fällt nicht gross auf. Dafür trägt er sich viel bequemer: Auch nach stundenlangem Hören schmerzt nichts, der Anpressdruck ist gut und nie zu fest. Ebenfalls lobenswert: Die Ohrpolster lassen sich auswechseln. Gerade Kunstlederpolster zerbröseln bei mir nach einigen Jahren.
Was für eine App
Geschraubt hat Sennheiser an seiner App – und wie! Schon bisher fand ich die Sennheiser-Smart-Control-App eine der besten. Sie ist intuitiv, klar aufgebaut und ermöglicht viele Einstellungen. So lassen sich etwa die Gestensteuerung anpassen, Soundzonen definieren, die Geräuschunterdrückung anpassen und mehr. Für den HDB 630 hat Sennheiser jedoch die Smart-Control-Plus-App mit einer ganz neuen Funktion entwickelt: Sie enthält einen parametrischen Equalizer. Was heisst das? Kurz gesagt: Der neue Equalizer ermöglicht die volle Kontrolle über alle Frequenzen inklusive Form und Bereich der Kurven sowie A/B-Test. Mit ihm haben Audioenthusiasten ein eigenes Tonstudio an Bord. Tüftler werden hier wohl Stunden verbringen, um ihr ideales Soundprofil zu erstellen. Dieses soll sich künftig zudem sehr einfach per App teilen lassen. Beim Test war das noch nicht möglich.
Wem das zu viel ist: Die App bietet auch einen «einfachen» 5-Band-Equalizer, Profile für die beliebtesten Musikgenres und eine Bassanhebefunktion. Es ist also fast unmöglich, mit dem HDB 630 nicht seinen Lieblingssound zu finden.
Mit der Smart-Control-Plus-App hat sich Sennheiser wirklich ins Zeug gelegt und ein gelungenes Werkzeug für jede Art von Musikliebhaber geschaffen. Ein weiteres spannendes Feature des Kopfhörers nennt sich Crossfeed. Es mischt den linken und rechten Kanal des Stereosignals übers Kreuz. Dadurch sollen ältere Monoproduktionen, die neu in Stereo abgemischt wurden, weniger anstrengend und lautsprecherähnlicher klingen. Instrumente, die sehr weit links oder rechts im Mix platziert sind, werden in die Mitte gerückt. Crossfeed lässt sich via App aktivieren und in der Stärke regeln.
Tatsächlich Hi-Fi-Sound
Zugegeben, ich bin kein Soundtüftler. Ich möchte Kopfhörer, die von Anfang an gut klingen. Kann der HDB 630 dies erfüllen? Sennheiser verspricht: «Der HDB 630 wurde konsequent abgestimmt, um deine Musik so offen und authentisch wie möglich wiederzugeben – mit weit hinabreichenden, schnell einschwingenden Bässen; klaren, plastischen Mitten und kontrollierten Höhen.» Damit fasst die deutsche Soundschmiede den Sound des Kopfhörers ausgezeichnet zusammen.
Ich habe den Kopfhörer direkt am Smartphone und PC sowie mit dem BTD-700-Dongle getestet, dabei kamen unkomprimierte FLAC-Audiofiles zum Einsatz – von Pop und Rock über Metal, Hip-Hop, Elektronik und Jazz bis zu Klassik. Der HDB 630 bietet von Haus aus einen natürlichen, neutralen Klang. Alle Instrumente und Frequenzen haben ihren Platz, werden detailreich wiedergegeben und sind bestens ausbalanciert. Die Bässe gehen tief und klar hinunter, die Mitten sind ausgezeichnet herausgearbeitet, ohne die anderen Frequenzen zu verdrängen, und die Höhen sind brillant, ohne Zischlaute oder harsche Töne. Der Kopfhörer ist für langen Musikgenuss, der nicht ermüdet gemacht. Die Bühne ist breit, man hat das Gefühl mitten auf ihr zu stehen. Zudem funktioniert der Kopfhörer mit allen Soundrichtungen. Und wer es ein weniger enthusiastischer will, kann den Bass-Booster und eines der vorgefertigten Profile verwenden oder sich am Equalizer austoben.
Apropos lange Musik hören: Der HDB 630 soll laut Sennheiser bis zu 60 Stunden Akkulaufzeit bieten. In meinem Test hielt der Kopfhörer tatsächlich ausserordentlich lange. Zudem lassen sich mit nur zehn Minuten Stromtanken ganze sieben Stunden Laufzeit herauskitzeln. Auch hier: hervorragende Arbeit! Ebenfalls Lob verdient die aktive Geräuschunterdrückung. Ich hörte die Baustelle neben meiner Wohnung erst, als ich den Kopfhörer wieder abnahm. Auch das Telefonieren klingt mit dem HDB 630 angenehm und natürlich; auf beiden Seiten der Leitung.
Fazit: So macht Musik Spass
In einem Jahr voll toller, neuer Bluetooth-Kopfhörer hat es Sennheiser tatsächlich geschafft, mich zu überraschen. Der BHD 630 ist mein Kopfhörerhighlight 2025. Er erfüllt alles, was ein High-End-Kopfhörer bieten muss: fantastischer Sound, eine ausgezeichnete, durchdachte App, grosser Tragekomfort, gute Geräuschunterdrückung und eine ultralange Akkulaufzeit. Nur beim Design dürfte Sennheiser etwas wagemutiger und exklusiver sein. Zum Preis: Der HDB 630 ist mit knapp 470 Franken nicht günstig, bietet aber auch unglaublich viel. Andere High-End-Kopfhörer in dieser Liga sind einiges teurer.
Testergebnis
Fantastischer, neutraler, hochaufgelöster Klang, App, parametrischer Equalizer, BTD-700-Dongle, Geräuschunterdrückung
Design und Materialien dürften für den Preis etwas exklusiver sei
Details: Geschlossener Over-Ear-Kopfhörer (42-mm-Wandler, dynamisch), Bluetooth 5.2, Codecs: aptX Adaptive, aptX HD, aptX, AAC, SBC, Frequenzgang via USB: 6 Hz bis 40 kHz, Frequenzgang analog und Bluetooth: 6 Hz bis 22 kHz, 480 Ohm, Polster aus Kunstleder, Schalldruckpegel: 105 dB, Transporttasche, BTD-700-Bluetooth-Dongle, 1,2-m-Audiokabel mit 3,5-mm-Klinkenstecker, 1,2-m-Audio-/Ladekabel-USB-C, 311 Gramm, Akkulaufzeit: bis zu 60 Stunden
Preis: 469.–
Infos:Gesehen bei: sennheiser-hearing.com/de-CH
vor 1 Stunde