Tests 24.09.2013, 16:10 Uhr

Lumia 1020: Die Über-Smartphone-Kamera im Test

41 Megapixel, verpackt in ein schickes Smartphone: Das Nokia Lumia 1020 will die Welt der Smartphone-Kameras mit ausgeklügelter Technik revolutionieren. Ob Nokia gelingt, woran schon viele gescheitert sind, klärt unser Test.
Beim Nokia Lumia 1020 dreht sich alles um die Kamera. Die beste, die je in ein Smartphone verbaut wurde, verspricht Nokia vollmundig. Und ja, die Kamera ist tatsächlich aussergewöhnlich gut, davon konnten wir uns selbst überzeugen.
Das Lumia 1020 sieht trotz kleinen Kamerabürzels schick aus
Die Geschichte hinter dem Lumia 1020 ist schnell erzählt. Nokia hat mehr oder weniger eins zu eins das technische Grundgerüst des erst im Juli veröffentlichten Lumia 925 übernommen und eine 41 Megapixel starke Kamera mit für Smartphone-Verhältnisse grossem Sensor (1/1,5 Zoll) verbaut. Die schiere Anzahl an Pixeln weckt natürlich erst einmal hohe Erwartungen oder je nachdem auch eine gehörige Portion Skepsis. Mit vielen Pixeln alleine schiesst man schliesslich noch keine guten Fotos. Der Trick in Nokias PureView-Kamera heisst «Pixel-Oversampling». Das ursprüngliche, mit maximal 38 Megapixeln geschossene Bild wird zu einem wesentlich handlicheren 5-Megapixel-Bild komprimiert. Dabei werden bis zu sieben Pixel des ursprünglichen Bildes zu einem einzigen Pixel zusammengefasst. Resultat ist ein 5-Megapixel-Foto, das besonders scharf und knackig wirkt, weil die Fülle an Bildinformationen durch einen raffinierten Algorithmus auf eine handliche Grösse zusammengestaucht wird.
Dieses Prinzip ist nicht komplett neu – Nokia hatte sie bereits beim Anfang 2012 veröffentlichten Symbian-Smartphone 808 PureView eingesetzt, ebenfalls in Kombination mit einem 41-Megapixel-Sensor. Erstmals rüsten die Finnen nun ein Windows Phone damit aus. Im Vergleich zu 808 PureView wurde die Kamera allerdings noch in einigen Punkten entscheidend verbessert. Beispielsweise verfügt das Lumia 1020 nun wie schon das Lumia 925 über einen optischen Bildstabilisator. Die Optik besteht zudem aus nicht weniger als sechs Linsen, die allesamt durch Motoren stabilisiert werden.
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Beeindruckendes Zoom-Potenzial

Beeindruckendes Zoom-Potenzial
Ein entscheidender Vorteil des imposanten 41-Megapixel-Sensors ist die Möglichkeit, trotz fehlenden optischen Zooms in beachtlichem Masse in Bilder hineinzuzoomen, ohne massiv an Qualität zu verlieren. Das funktioniert so: Wenn man mit der hauseigenen Kameraanwendung Nokia Pro Cam ein Foto schiesst, dann werden eigentlich gleich zwei Bilder abgespeichert. Einmal das Bild, das wir auf dem Display sehen (beispielsweise mit aktiviertem Zoom) als 5-Megapixel-Foto und einmal das volle 38-Megapixel-Bild. Der Clou: Wir können nun über die Pro-Cam-App das 38-Megapixel-Bild jederzeit öffnen und wahlweise hinein- oder hinauszoomen oder einen anderen Bildausschnitt wählen. Speichern wir die Änderungen, wird aufgrund des neu gewählten Bildausschnitts das ursprüngliche, komprimierte 5-Megapixel-Bild überschrieben. Schade: Leider lassen sich nicht mehrere kompakte 5-Megapixel-Bilder gleichzeitig aus einem Foto extrahieren.
Bei den Bildern, die wir in der Galerie betrachten, in die Cloud hochladen oder über die integrierten Sharing-Funktionen auf sozialen Netzwerken teilen, handelt es sich stets um die handlicheren 5-Megapixel-Bilder. Das macht Sinn: Erstens sind diese deutlich kleiner (rund 1 bis 1,5 MB, während die 38-Megapixel-Bilder bis zu 15 MB gross sein können) und zweitens sehen sie auch tatsächlich knackiger aus. Logisch: In aller Regel betrachtet man die Bilder ja auf Bildschirmen, die weit von der effektiven Auflösung der 38-Megapixel-Bilder (entspricht einer Auflösung von 7712 x 4352 Bildpunkten) entfernt sind. Durch das Pixel-Oversampling wirken die kompakten 5-Megapixel-Fotos schärfer als die Originalbilder, wie ein Direktvergleich deutlich aufzeigt.
Fotografieren wie ein Profi
Zahlreiche Parameter lassen sich wie bei einer richtigen Kamera manuell anpassen
Ebenfalls eher aussergewöhnlich für eine Smartphone-Kamera ist die Möglichkeit, diverse Parameter wie Beleuchtung, Verschlusszeit oder Weissabgleich auf Wunsch manuell anzupassen. Über die Nutzeroberfläche der Pro-Cam-App geschieht dies nicht nur sehr komfortabel, die Auswirkungen der veränderten Parameter lassen sich auch unmittelbar auf dem Bildschirm beobachten. Auch der Fokus lässt sich manuell festlegen.
Bei schwachem Licht darf man freilich auch vom Lumia 1020 keine Wunder erwarten, vor Bildrauschen ist auch diese Smartphone-Kamera nicht gefeit, doch dieses Problem teilen ja selbst Digitalkameras. Insgesamt liefert das Lumia 1020 jedoch Bilder, die wir in dieser Qualität tatsächlich noch nie auf einem Smartphone gesehen haben. Die Möglichkeit, praktisch ohne Qualitätsverlust in Bilder hineinzuzoomen (bis zu 3-fach), hebt das Smartphone zudem von den allermeisten Mitbewerbern ab. Geräte wie das Galaxy S4 Zoom, das mit einem optischen Zoom ausgestattet ist, ausgenommen, dieses dürfte aber wegen seines grossen Objektivs für die meisten Smartphone-Nutzer zu klobig sein.
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Erstaunlich handlich

Erstaunlich handlich
Klobig ist eine Eigenschaft, die wir ehrlich gesagt auch vom Lumia 1020 erwartet hätten. Überraschenderweise wird dieses Vorurteil aber in der Praxis ziemlich schnell zerschlagen – tatsächlich ist das Lumia 1020 trotz Kamerabürzel fast 30 Gramm leichter und von den Abmessungen nahezu identisch mit dem Lumia 920, das wegen seines Übergewichts viel Kritik einstecken musste. In der Praxis fühlt sich das Gerät damit sogar richtig leicht und durchaus handlich an. Die auf der Rückseite hervorstehende Kameraeinheit macht sich jedoch im Hosensack schon bemerkbar und verhindert zudem, dass das Smartphone flach mit der Rückseite auf den Tisch gelegt werden kann. Macht nichts, dann legt man es eben mit dem Bildschirm nach unten hin – das schaut sogar richtig schick aus und zeigt gleichzeitig unmissverständlich, was für eine tolle Smartphone-Kamera man da hat.
Während die Verarbeitungsqualität grundsätzlich Nokia-typisch einwandfrei ist, hat uns doch ein kleines Detail gestört. Bewegt man das Lumia 1020 schnell in der Luft, hört man ein deutliches Lottern, als wäre ein Teil innerhalb des Geräts lose. Der Eindruck täuscht nicht, laut Nokia ist es eine Kugel, die Teil der komplexen Optik der Kamera ist, die man hier hört. Kaputt ist also nichts, doch etwas störend ist das Geräusch trotzdem.
Action Shots und Stereomikrofone
Nebst der Nokia Pro Cam bietet das Lumia 1020 auch noch einen Modus namens Smart Cam, den wir schon vom Lumia 925 kennen. Dabei werden 10 Bilder innert kurzer Abfolge geschossen. Anschliessend kann man auf Basis dieses Rohmaterials diverse Spezialeffekte anwenden, beispielsweise sogenannte Action Shots erstellen (hierbei werden mehrere Bilder zu einem zusammengefasst) oder unerwünschte bewegte Objekte aus einem Einzelbild entfernen.
Eine Erwähnung wert ist auch die Videofunktion. Das Lumia 1020 nimmt Bewegtbilder selbstverständlich in Full-HD auf, spannender ist hier aber der Audio-Part. Die beiden Mikrofone können Stereo-Sound mit Schalldruckpegel bis 140 Dezibel aufnehmen und sollen so selbst bei lauten Rockkonzerten noch brauchbare Audioaufnahmen ermöglichen.
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Technische Daten und Fazit

Hübscher Bildschirm, betagter Prozessor
Die weiteren technischen Eigenschaften des Lumia 1020 sind, wie bereits erwähnt, weitgehend identisch mit jenen des Lumia 925 (hier ausführlich nachzulesen). Auch der 4,5-Zoll-Bildschirm ist derselbe und kann dank Amoled-Technik wie schon beim 925 mit seinen leuchtenden Farben überzeugen. Das Betrachten der hübschen Schnappschüsse macht damit also gleich doppelt Spass. Der Prozessor ist ebenfalls derselbe wie im Lumia 925 (und 920), was jetzt nicht unbedingt ein Highlight ist, schliesslich ist der Zweikerner mit 1,5 GHz (Snapdragon S4) schon arg in die Jahre gekommen. Nokia argumentiert jedoch, dass man sich nicht so um technische Daten schere, sondern die Nutzererfahrung im Vordergrund stehe. Und die ist nach wie vor meist flüssig, wenn auch rechenintensive Vorgänge wie etwa im Bereich der Bildbearbeitung schon mal eine oder zwei Sekunden in Anspruch nehmen.
Mehr Speicher für das Lumia 1020
Immerhin hat Nokia den Arbeitsspeicher im Lumia 1020 auf 2 GB aufgestockt und auch der Massenspeicher fällt mit 32 GB doppelt so gross aus wie im Lumia 925. Unverändert ist hingegen der Akku, dessen Kapazität mit 2000 mAh nicht gerade grosszügig ausfällt, zumal für ein Gerät, das nur so danach schreit, so häufig wie möglich als Kamera missbraucht zu werden. Immerhin hat Nokia hierfür eine clevere Lösung im Angebot: Der als Zubehör erhältliche Camera Grip (Fr. 69.–) ist eine Hülle, die dem Smartphone einen komfortablen Griff wie bei einer Digitalkamera spendiert. In den Griff integriert ist ein zusätzlicher 1200-mAh-Stundenakku, der für einige weitere Ferienfotos ausreichen dürfte.
Der Camera Grip macht das Lumia 1020 endgültig zur Digitalkamera
Software-seitig gibt es im Vergleich zum Lumia 925 ebenfalls kaum Neues, das Windows-Phone-8-Grundgerüst wird auch hier mit einer Handvoll nützlichen Nokia-Apps wie Here Maps oder Nokia Musik angereichert.
Fazit: Das Lumia 1020 schafft den Kompromiss, den man mit Smartphone-Kameras gegenüber Digitalkameras machen muss, weitgehend aus der Welt. Es liefert beeindruckende Bilder und die Möglichkeit des Zoomens ohne Qualitätsverlust in einem erstaunlich kompakten Format. Aufbauend auf dem sehr soliden Fundament des Lumia 925 sollte das Lumia 1020 damit eine ernsthafte Rolle in den Kaufüberlegungen eines jeden Hobbyfotografen spielen.



Kommentare
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POGO 1104
26.09.2013
Zweikerner mit 1,5 GHz für Fr. 707.-, die wollen wohl einen auf Apple machen...> ~80% (also nach "Adam Riese" der grooosse Haufen) der Enduser interressiert es einen "Feuchten", was für eine CPU mit wieviel Kernen und Gigahertz im Device drin ist - imo ich wage zu behaupten, vom neuen eifon 5S würde nicht EIN Stück weniger verkauft, wenn da keine 64Bit CPU drin wäre (um nur 1 Beispiel zu nennen) POGO 1104

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Nebuk
26.09.2013
Zwar besitze ich nicht das 1020 aber ein Lumia 920. Ich kann dir sagen, dass ein Windows Phone aktuell keine vier Kerne und/oder einen Takt von >2 GHz braucht um flüssig zu laufen. Alle von mir getesteten Anwendungen auf dem Smartphone haben quasi 100% flüssig reagiert und hatten keinerlei Probleme mit "nur" zwei Kernen bzw. einem Takt von "nur" 1.5 GHz zu laufen. Auch die 1 GB RAM haben bisher problemlos gereicht, genau so wie die Auflösung des Displays und der Interne Speicher. Die Frage ist nun, für was soll Nokia/Microsoft da sehr viel teurere (im Hinblick auf den Energieverbrauch und die Kosten) Hardware einbauen? Es läuft ja schon alles flüssig? Um mit Benchmarkrekorden zu prahlen? Ich habe das Lumia jetzt 8, fast 9 Monate im Einsatz und ich halte die Lumias (Flaggschiffe) für hervorragende Smartphones. Klar gibt es auch dort noch Verbesserungspotential aber das haben alle anderen Telefone ebenfalls. Sonst bräuchte es keine Weiterentwicklungen mehr...

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swissmac
26.09.2013
reine Frage der Bedürfnisse ... Also das war nun schon wieder fast Apple like. Schon erstaunlich, wie oft man solche Kommentare neuerdings auch von WP Usern liest. Das macht mir schon ein wenig Angst ... Vergiss das nun definitiv, dass WP mit gleicher CPU Leistung x-fach schneller läuft als iOS, Android, Blackberry oder sonst irgendwas. Die Unterschiede sind in der Regel wirklich marginal. Der Rest sind rein sektenmässige Parolen. Ich kenne viele 'Hardcore' Handy-User, die mittlerweile einen Quad-Core absolut benötigen und niemals wieder auf Dual-Core zurück wollen. Für Anwender mit zwei kleinen Apps, die sie alle paar Monate benötigen reicht natürlich Dual-Core oder sogar ein uralter Single-Core ... auch bei Android ... das kann ich dir ganz klar sagen ...

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POGO 1104
26.09.2013
....Ich kenne viele 'Hardcore' Handy-User, die mittlerweile einen Quad-Core absolut benötigen und niemals wieder auf Dual-Core zurück wollen.......Trotzdem sind diese im Ganzen gesehen eine Minderheit....