Tests 19.03.2014, 08:16 Uhr

Test: Fujifilm X-T1

Der jüngste Spross der X-Serie nimmt die Profis ins Visier. Wie sich die X-T1 in der Praxis schlägt, verrät unser Test.
Die X-Serie von Fujifilm hat längst ihre Nische (und ihre Fans) gefunden. Die spiegellosen Systemkameras überzeugen durch mechanische Bedienelemente, gemischt mit einem Hauch von Retro. Vor allem aber bieten sie eine hervorragende Farbgebung und eine Bildqualität, die in der APS-C-Klasse zur ersten Liga gehört.
Mit der X-T1 wird die X-Serie nun am oberen Ende ausgebaut. Sie sieht zwar aus wie eine DSLR, doch es handelt sich um eine weitere spiegellose Systemkamera. Mit ihr wollen die Japaner jene Fotografen erreichen, die sich den Formfaktor einer DSLR wünschen. Das kann praktische Gründe haben, doch manchmal braucht es auch das Image, das einer solchen Kamera anhaftet: Wer als Profi mit einer Kompaktkamera eine Hochzeit fotografiert, wird schief angesehen –  ganz egal, wie gut die Bildqualität ist.
X-T1: Systemkamera, getarnt als DSLR

Der erste Eindruck

Die X-T1 wirkt kompakt, fast schon zierlich. Tatsächlich ist sie kaum grösser als ihre Schwester, die X-E2 – abgesehen vom markanten Sucher. Das gummierte Gehäuse liegt hervorragend in der Hand, was dem Wulst auf der Vorderseite und der Daumenauflage zu verdanken ist.
Abgesehen vom Sucher ist die X-T1 nur unwesentlich grösser, als die X-E2 (Bild: camerasize.com)
Der Slot für die Speicherkarte befindet sich auf der Seite, sodass die Karte auch dann gewechselt werden kann, wenn die Kamera auf dem Stativ montiert ist. Die X-T1 ist laut Fujifilm übrigens die erste Kamera, die mit SDXC UHS-II Speicherkarten kompatibel ist – und somit etwa die doppelte Schreibgeschwindigkeit liefern soll. Allerdings konnten wir das in Ermangelung einer solche Karte nicht testen. Mit einer SanDisk Extreme Karte (Klasse 10) schaufelte die X-T1 pro Sekunde 8 Raw-Fotos in sich hinein, bis die Kamera nach 21 Bildern ins Stocken geriet.
Bequemer Zugang zur Speicherkarte
Die Rückseite wird vom neigbaren 3-Zoll-Display dominiert, das mit 1.04 Millionen Pixeln auflöst. Es erlaubt Einblicke aus einem 90-Grad-Winkel von oben und einem 45-Grad-Winkel von unten – Aufnahmen in Bodenhöhe und über Menschenmassen hinweg sind also komfortabel machbar.
Klappdisplay

Der Sucher

Das erste Highlight liefert der riesige OLED-Sucher – übrigens der Beste, den wir bis anhin gesehen haben. Nur bei sehr schwachem Licht wird ein leichter Nachzieheffekt sichtbar. Im grellen Sonnenlicht wird der Durchblick für Brillenträger jedoch schwierig, da wegen dem grösseren Augenabstand im Sucher fast nichts mehr zu erkennen ist. In solchen Fällen bleibt nichts andere übrig, als die Brille wegzustecken und die Dioptrien am Sucher anzupassen. In «normalen» Situationen überwiegen jedoch die Vorteile: Die Schärfentiefe, die Belichtung, die Effekte und mehr lassen sich bereits vor der Auslösung kontrollieren.
Das praktische Q-Menü und der grosse Sucher prägen die Schokoladenseite der X-T1
Doch die Qualität der Abbildung ist nur die halbe Miete. Die schiere Suchervergrösserung von 0.77× erlaubt neue Darstellungsformen. So können beim manuellen Fokussieren gleichzeitig der Bildausschnitt und eine vergrösserte Ansicht des Fokuspunktes angezeigt werden; in kleineren Suchern wäre das kaum praktikabel. Und wenn die Kamera im Hochformat gehalten wird, drehen sich auch die Anzeigen. Warum war das nicht schon immer so?
Das Sucherbild in der normalen Ansicht (links) und mit gleichzeitiger Vergrösserung (Bild: Fujifilm)
Im Gegensatz zur X-E2 befindet sich das Okular jedoch nicht mehr ganz links, sondern nahe der Mitte, weil noch Platz für das ISO-Rad benötigt wird. Wer also linksäugig fotografiert, muss im Vergleich zur «kleinen» Schwester mit beengten Platzverhältnissen auf der rechten Seite leben – aber das wäre bei einer konventionellen DSLR auch nicht anders.

Der Blitz

Die X-T1 ist natürlich mit einem Blitzschuh ausgerüstet. Ausserdem wird der kleine Aufsteckblitz EF-X8 mitgeliefert, der direkt von der Kamera mit Strom versorgt wird. Er lässt sich nach oben und unten klappen und mit einer Handbewegung entfernen. Mehr noch: Als Masterblitz kann er eine ausgewachsene Blitzanlage steuern.
Der Blitz von vorne …
… und eingeklappt von der Seite

Wettergeschützt – zumindest teilweise

Das Gehäuse der X-T1 ist gegen Wind und Wetter geschützt, lies: Regen, Staub und Sand können ihr nichts anhaben. Die Kamera funktioniert ausserdem auch bei minus 10 Grad. Selbiges gilt für den optional erhältlichen Batteriegriff VG-XT1.
Nur die aktuellen Objektive machen leider nicht mit – sie sind so empfindlich wie alle herkömmlichen Linsen. Bis zum Ende des Jahres sollen jedoch drei wetterfeste Zooms das Sortiment in diese Richtung erweitern. Im Juni soll das XF 18-135 mm (ƒ3.5-5.6) erscheinen. Später folgen das XF 16-55 mm (ƒ2.8)  sowie das XF 50-140 mm (ƒ2.8). Alle drei Zooms sind mit einem optischen Bildstabilisator bestückt.
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Ergonomische Schwächen und Bedienung

Ergonomische Schwächen

Leider fordert die Wetterfestigkeit ihren Tribut. Die Tasten auf der Rückseite ragen nur wenig aus dem Gehäuse heraus, sind aber gerade noch griffig genug. Die vier Tasten des Steuerkreuzes sind hingegen kaum zu spüren und sehr … gewöhnungsbedürftig, um es vorsichtig auszudrücken.
Die Steuertasten sind an der Grenze des Zumutbaren
Diese Tasten werden für die Navigation durch die Menüs und die Positionierung des Fokuspunktes verwendet. Ausserdem lassen sich alle vier mit individuellen Funktionen belegen; zusammen mit den beiden «offiziellen» Funktionstasten können also sechs Tasten frei belegt werden. Je nachdem, wie man sich seine X-T1 einrichtet, braucht man diese vier Tasten vielleicht nur selten. Doch wenn sie zum Eistanz kommen, werden sie für Fotografen mit grossen Fingern zu einer echten Herausforderung.
Die zweite ergonomische Schwäche ist eine Design-Entscheidung und somit Geschmacksache: Das Wählrad für die ISO-Einstellung ist in jeder Stellung verriegelt und lässt sich nur bewegen, wenn der kleine Knopf in der Mitte gedrückt wird.
Oben das stets verriegelte ISO-Wählrad. Mit dem unteren Drehrad werden Serienaufnahmen, Effekte und mehr aufgerufen
Das gefällt nicht allen; im Internet wird bereits für einen «ISO-Unlocker» gesammelt – einen Überzieher, der den Knopf dauerhaft drückt und damit seiner ungeliebten Aufgabe beraubt.

Ein funktionales Chamäleon

Vom Steuerkreuz abgesehen, glänzt die X-T1 bei der Logik und der Menüführung. Zum einen ist da das «Q»-Menü: Es wird über eine eigene Taste aufgerufen und zeigt die 16 wichtigsten Funktionen auf einem Raster. Bereits nach kurzer Zeit geht die Bedienung erstaunlich schnell von der Hand, weil man sich ganz einfach die Position einer Einstellung merkt. Filmsimulationen? Immer ganz rechts bleiben, dann die zweite Reihe von oben. Kein Vergleich zu ellenlangen Menüs, die man bei jeder Änderung durchblättern muss.
Auch die Sucheranzeige lässt sich bis ins Detail anpassen. Nicht weniger als 15 Anzeigen wie Wasserwage, Bildqualität, Batteriezustand usw. lassen sich gezielt ein- und ausschalten, bis jeder Fotograf sein persönliches Wunschdisplay gefunden hat.
Und dann sind da noch sieben Speicherplätze, in denen die Einstellungen zur Bildcharakteristik hinterlegt werden können. Dazu gehören die Filmsimulationen (dazu gleich mehr), die Bildqualität, die Schärfe, der Kontrast, die Sättigung und mehr. So lässt sich die Kamera mit einem Handgriff komplett anders konfigurieren, zum Beispiel für die Schwarzweiss-Fotografie. Schade nur, dass sich diese Zusammenstellungen nicht benennen lassen.

Wir drehen am Rad

Der grösste Unterschied zum Rest der X-Serie sind jedoch die zusätzlichen Einstellräder. Sie regeln den direkten Zugriff auf die wichtigsten Funktionen – ob es dem Fotografen nun passt oder nicht. So wird der ISO-Wert über den Drehknopf auf der linken Seite geändert. Weil es sich dabei um pure Mechanik handelt, kann dieser Wert nicht mehr im Q-Menü oder über eine Funktionstaste geändert werden, was so manchen gestandenen Fujifilm-Anwender zum Umdenken zwingt. Dabei ist wäre die erwähnte ISO-Einstellung über eine Funktionstaste genauso schnell geändert.
Am Verschlusszeitenrad muss der kleine Knopf hingegen nur gedrückt werden, um es aus der Stellung «A» zu befreien. Auf dieser Seite befinden sich ausserdem der Umschalter für die Methode der Belichtungsmessung, die Wifi-Taste (dazu später mehr) und eine neue, dedizierte Filmtaste.
Die dedizierte Filmtaste rechts vom Auslöser startet sofort die Aufnahme

Der Blendenring, ein Quell der Freude

Nichts zu rütteln gibt es hingegen am griffigen Blendenring, der alle XF-Objektive von Fujifilm auszeichnet. Die Raststufen des Kit-Zooms bewegen sich knackig und vermitteln ein hervorragendes Gefühl. Leider ist der Blendenring nicht beschriftet, weil die maximale Lichtstärke je nach Brennweite zwischen ƒ2.8 und ƒ4.0 liegen kann.
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Fotografische Möglichkeiten

Autofokus

Der Autofokus gilt als die Nemesis des X-Systems. Sowohl die X100 als auch die X-Pro1 litten unter deutlichen Schwächen in diesem Bereich. Mit der Zeit wurden von Fujifilm jedoch nicht nur schnellere Kameras auf den Markt geworfen, sondern auch die bestehenden Modelle mit Firmware-Updates mehrmals verbessert. Heute sind die beiden anderen High-End-Kameras – die X100S und die X-E2 – auch mit der schnellen Konkurrenz auf Augenhöhe. Trotzdem ist Fujifilm das Stigma der langsamen Scharfstellung nie richtig losgeworden.
Mit der X-T1 ist das alles Schnee von gestern. Sie arbeitet mit demselben Hybrid-Autofokus, wie die X-E2 und die X100S. Dabei wird eine Mischung zwischen Phasen- und Kontrasterkennung verwendet. Als direkte Folge findet die X-T1 ihr Ziel schnell, zuverlässig und ausserdem sehr leise. Der Autofokus ist noch einmal spürbar reaktionsfreudiger als derjenige der X-E2 und wird auf Wunsch von einer Gesichtserkennung begleitet.

Manueller Fokus

Wer vorzugsweise manuell fokussiert oder ältere Objektive über einen Adapter anschliesst, kann auf zahlreiche Hilfen bauen. Dazu gehören ein digitaler Schnittbild-Indikator, bei dem die Kanten eines Objekts zur Deckung gebracht werden müssen (siehe Bild unten). Alternativ färbt das «Fokus Peaking» die Kanten des Motivs rot, blau oder weiss und zeigt damit genau, wo die Schärfe liegt. Und zu guter Letzt kann der angepeilte Sucherausschnitt vergrössert werden, damit sich die Schärfe besser beurteilt lässt. Kurz, wer gerne manuell fokussiert, wird mit der X-T1 auch in dieser Beziehung sehr zufrieden sein.
Das digitale Schnittbild hilft bei der manuellen Fokussierung

ISO-Bereich

Die Empfindlichkeit deckt einen Bereich von 200 IOS bis 51’200 ISO ab. Über das Menü lässt sich definieren, bis zu welchem Bereich die Schalterstellungen «H1» und «H2» gehen dürfen. Allerdings sind Raw-Aufnahmen nur bis 6400 ISO möglich – sobald dieser Wert überschritten wird, schaltet die Kamera automatisch auf JPEG um.
Viele Fotografen werden sich jedoch mit der ISO-Automatik der Kamera äusserst wohlfühlen. In den Einstellungen lässt sich die optimale ISO-Zahl einstellen (meistens 200 ISO), die maximale Empfindlichkeit (bis 6400 ISO) und die längste erlaubte Verschlusszeit. Damit ist der Rahmen abgesteckt. Wenn die Vorlage jedoch nicht eingehalten werden kann, geht das zulasten einer längeren Verschlusszeit. Es empfiehlt sich also, der Kamera bis 6400 ISO freien Lauf zu lassen, um verwackelte Bilder zu vermeiden.

Panoramen, Intervalle und Effekte

Ansonsten bietet die X-T1, was man von einer modernen Kamera erwartet: Belichtungsreihen, eine Handvoll Spezialeffekte sowie Schwenkpanoramen, bei denen die Kamera über die Szene geführt wird – alles wie gehabt. Neu ist hingegen die Intervall-Funktion, bei der eine Reihe von Bildern in regelmässigen Abständen geschossen wird, wobei die Zeit zwischen den Aufnahmen auf die Sekunde genau eingeben werden kann.
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Bildqualität

Wie ihre Geschwister kann auch die X-T1 mit einer Bildqualität aufwarten, die schwer in Worte zu fassen ist. Und wenn in Foren dieses Thema zur Sprache kommt, sind die Superlative nicht fern: umwerfend, ohnegleichen, fantastisch, Ich-bin-in-diese-Kamera-verliebt und so weiter. Tatsächlich liefern die neuen Fujifilm-Kameras etwas vom besten, was die APS-C-Klasse zu bieten hat – und das kommt nicht von ungefähr.

X-Trans-II-Sensor

Genau wie die neue X-E2 und die X100S ist auch die X-T1 mit dem Fujifilm-exklusiven X-Trans-Sensor der zweiten Generation ausgestattet, sodass sich alle drei Modelle qualitativ in nichts nachstehen. Der Sensor löst mit 16 Megapixeln auf. Ausserdem verwendet er bei der Farbfilter-Anordnung nicht das klassische Bayer-Muster, sondern eine eigene, 6x6 Pixel grosse Matrix. Dadurch sind in jeder Reihe des Sensors sämtliche RGB-Farbinformationen enthalten, was zu einer deutlich verbesserten Farbwiedergabe führt.
Das herkömmliche Bayer-Muster (links) und die 6x6-Matrix des X-TransSensors
Diese Anordnung simuliert ausserdem das zufällig angeordnete Korn analoger Filme. Damit lässt sich die Bildung von Moirés verhindern, die bei regelmässigen geometrischen Mustern auftreten können (zum Beispiel auf Kleidern). Deshalb verzichteten die Ingenieure auf einen vorgeschalteten Tiefpassfilter, der durch eine leichte Unschärfe solche Interferenzen reduziert; als direkte Folge sind schärfere Bilder möglich.

Fuji-Farben

Zu den Alleinstellungsmerkmalen der X-Serie gehören die Filmsimulationen, häufig auch «Fuji-Farben» genannt. Sie orientieren sich an der Farbgebung der analogen Fuji-Filme. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Retro-Effekte im Instagram-Stil, sondern um subtile Verschiebungen in der Farbgebung.
Die X-T1 bietet in den Standard-Einstellungen weiche, zarte und fast schon über-neutrale Bilder, die auf der Farbgebung des Fuji-Films «Provia» basieren. Zusätzlich kann die X-T1 neun weitere Filmsorten simulieren. Diese umfassen Fuji-Filme wie zum Beispiel den bunten «Velvia» oder den weichen «Astia». Natürlich fehlt auch eine Schwarzweiss-Umsetzung nicht, die wahlweise durch einen virtuellen Gelb-, Rot- oder Grünfilter ergänzt wird.
Diese Filmsimulationen gehören zu den besten Kaufargumenten für eine X-Kamera und sind für viele Interessenten noch wichtiger, als die Schärfe der Bilder. Wenn das Herbstlaub leuchtet, der Himmel strahlt und die Hauttöne einfach perfekt wirken, dann fühlt man sich in seiner Entscheidung für dieses System bestätigt.
Filmsimulationen, von oben nach unten: Pro Negativ Standard, Velvia, Schwarzweiss und Schwarzweiss mit Rotfilter
Das Schöne an den Filmsimulationen ist, dass man sich an das Thema herantasten kann. Wer seinen eigenen Stil für die JPEG-Aufnahmen sucht, fotografiert im Raw-Format. Anschliessend kann die Aufnahme innerhalb der Kamera beliebig oft entwickelt werden, wobei sich die Filmsimulationen und alle anderen Einstellungen ändern lassen. Die fertigen Bilder speichert die X-T1 als JPEGs, so dass sie sich später am Rechner vergleichen lassen.
Bis vor kurzer Zeit wurde jeder Fujifilm-Fotograf vor die Wahl gestellt: Werden die Bilder in JPEG mit den tollen Filmsimulationen aufgenommen? Oder doch besser in Raw mit dem deutlich höheren Dynamikumfang? Diese Frage hat sich im März 2014 für Adobe-lastige Fotografen weitgehend erledigt. Die aktuelle Beta-Version von Adobe Camera Raw kann die Filmsimulationen auf Raw-Dateien anwenden, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis Lightroom mitzieht. Plötzlich gibt es also «s’Füferli und’s Weggli». Mehr dazu lesen Sie hier. Alle anderen, die mit der Nachbearbeitung nichts am Hut haben, erfreuen sich an den hervorragenden JPEG-Dateien, die direkt von der Kamera geliefert werden.

Das «Kit-Zoom»

Von der X-T1 kann nur das nackte Gehäuse gekauft werden; unser Testgerät wurde jedoch mit dem Zoom 18-55 mm (ƒ2.8-4.0) geliefert. (Auf Kleinbild umgerechnet entspricht das einer Brennweite von 27-83 mm.)
Für dieses Zoom ist der Begriff «Kit-Objektiv» ein Schimpfwort
Allerdings hüten wir uns, in diesem Fall von einem «Kit-Zoom» zu sprechen. Denn normalerweise steht dieser Begriff für einen billigen Flaschenboden, der vom Kamera-Hersteller in einem Akt der Gnade mitgeliefert wird – und den man vorzugsweise ignoriert.
Das Fujifilm-Zoom spielt jedoch in einer ganz anderen Liga. Es fühlt sich nicht nur hochwertig an, sondern überzeugt auch qualitativ. Bereits bei offener Blende liefert es in der Mitte gestochen scharfe Bilder und wird gegen den Rand hin höchstens ein wenig weicher. Bei einer mittleren Blende stellt sich dann der Wow-Effekt ein. Zusammen mit dem präzisen Autofokus entstehen knackige Bilder, die ohne jedes Nachschärfen vom Fleck weg begeistern. Feinste Härchen, Wimpern und Strukturen werden in den JPEG-Fotos so scharf und brillant abgebildet, dass einem die Lust auf RAW-Bilder fast gänzlich genommen wird:
Die Szene in der Übersicht
Und hier der Crop:
Gestochen scharf und mit herrlichen Farben
Farbsäume sind praktisch inexistent, auch bei Raw-Aufnahmen – sie wurden also nicht einfach durch Software herausgerechnet. Das Bokeh ist bei Offenblende weich und gefällig. Aufgrund der maximalen Brennweite von 83 mm und einer maximalen Blendenöffnung von 4.0 ist es jedoch nur bedingt dazu geeignet, um bei Portraits den Hintergrund freizustellen.
Das weiche Bokeh gefällt
Das Sahnehäubchen bildet der integrierte Bildstabilisator. Laut Fujifilm kompensiert er drei Belichtungsstufen. Das lassen wir so im Raum stehen und bestätigen, dass der Stabilisator ganze Arbeit leistet. Hier die Szene, die mit 1/8 Sekunde und einer leichten Tele-Brennweite von 79 mm (KB) aus der freien Hand aufgenommen wurde:
Gesamtansicht
Und hier der Crop der beiden Bilder, aufgenommen mit und ohne Bildstabilisator. Die Wirkung ist nicht zu übersehen:
Der Bildstabilisator leistet bei 1/8 Sekunde im Telebereich ganze Arbeit
Kurz, wer dieses Zoom als Einstieg in das X-System wählt, kann nichts falsch machen. Dennoch soll erwähnt werden, dass die X-T1 jederzeit in alle Richtungen erweitert werden kann. Fujifilm treibt den Ausbau der X-Linie in einem bemerkenswerten Tempo voran. Obwohl das System gerade erst zwei Jahre alt geworden ist, umfasst die Auswahl hier und heute über ein Dutzend Objektive, weitere sind angekündigt.

Low-light-Aufnahmen

Wenn das Licht weniger wird, läuft die X-T1 zur Höchstform auf. Bis 6400 ISO kann wahlweise in RAW oder JPEG fotografiert werden. Alles, was darüber hinaus geht, wird nur noch als JPEG gespeichert. Auch hier überzeugen die Resultate auf der ganzen Linie. Bei 6400 ISO ist das Rauschen minimal und bei 12’800 absolut erträglich. Selbst bei 25’600 ISO ist das Rauschen weit unter dem Niveau, das man gemeinhin erwarten würde. Hier die schwach beleuchtete Szene im Überblick:
Die Szene in der Übersicht
Und hier die Crops. Die leichte Unschärfe kam zustande, weil die Bilder aus der freien Hand mit Verschlusszeiten zwischen 1/5 und 1/25 Sekunde aufgenommen wurden:
Von oben nach unten: 6400 ISO, 12’800 ISO, 25’600 ISO
Kurz, die X-T1 geht fast schon als Nachtsichtgerät durch.
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Wifi und Filme

Fernsteuerung über Wifi

Die X-T1 ist die erste Kamera der X-Serie, die sich über eine App steuern lässt – und das in einer ziemlich beeindruckenden Weise. Das Wifi-Modul in der Kamera macht aus der X-T1 einen WLAN-Hotspot, mit dem sich das Tablet oder Smartphone verbindet. Alles, was es dazu braucht, ist die kostenlose App «Fujifilm Camera Remote». Sie wird als universelle App für alle iOS-Geräte angeboten und steht auch für Android-Geräte zur Verfügung.
Die App erlaubt die komplette Fernsteuerung der Kamera, also inklusive der Blende, Verschlusszeit, Filmsimulationen und anderen Einstellungen. Dabei wird stets ein Livebild auf dem Smartphone oder Tablet angezeigt, das sämtliche Parameter widerspiegelt. Die Schärfe wird festgelegt, indem die gewünschte Stelle auf das Display angetippt wird.
Die kostenlose App ermöglicht die komplette Fernsteuerung der Kamera
Der Inhalt der Speicherkarte kann jederzeit gesichtet und die Fotos auf das Mobilgerät übertragen werden. Allerdings werden keine Raw-Dateien übertragen, und auch die Auflösung wird auf bescheidene 2 Megapixel reduziert.
Gerade in der Objektfotografie kann man der App ihren Reiz nicht absprechen. Auf dem Display des Tablets erhält man Einblicke, die man früher nur von den grossen Fachkameras kannte. Das Livebild erlaubt eine bequeme Komposition, während die X-T1 nicht angefasst werden muss. Da auch die X-E2 mit Wifi ausgestattet ist, wird bei ihr diese Funktionalität wahrscheinlich über ein Firmware-Update nachgereicht.

Filmen

Die Filmfunktion ist seit jeher nicht gerade eine Stärke des X-Systems, doch mit der X-T1 tut sich auch in dieser Beziehung einiges. Die Kamera filmt wahlweise in HD oder Full-HD, und das mit einer Bildrate von 30 fps oder 60 fps. Der Ton wird mit dem eingebauten Stereomikrofon oder mit einem externen Mikrofon aufgezeichnet, das mit einem 2.5 mm dicken Klinkenstecker verbunden wird. Neu ist auch die dedizierte Filmtaste neben dem Auslöser, die sofort die Aufnahme einleitet.
Die dedizierte Filmtaste rechts vom Auslöser startet sofort die Aufnahme
Während der Aufnahme können alle Filmsimulationen verwendet werden. Das integrierte Mikrofon liefert einen erstaunlich guten Ton. Wenn die Kamera nachfokussiert, ist das nur bei sehr leisen Passagen zu hören, doch in den meisten Fällen wird dieser Vorgang von den Umgebungsgeräuschen überlagert. Die Blende lässt sich während der Aufnahme nicht ändern.
Kurz, die X-T1 bietet eine solide, aber unspektakuläre Filmfunktion.
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Kaufberatung und Fazit

Unter dem Strich

Es gibt nichts daran zu rütteln: Die Fujifilm X-T1 ist eine hervorragende Kamera, die in vielerlei Hinsicht überzeugt. Der riesige, helle Sucher ist im Augenblick einzigartig. Das Gehäuse schmiegt sich förmlich in die Hand des Fotografen, während die Bildqualität über jeden Zweifel erhaben ist: Eine solche Schärfe, gepaart mit der genialen Farbgebung, findet man zurzeit bei keinem Mitbewerber. Und zu guter Letzt hebt der schnelle, präzise Autofokus das X-System auf einen neuen Level.
Trotzdem will sich die bedingungslose Begeisterung nicht einstellen. Die mangelhafte Ergonomie der wichtigen Steuertasten wird zu einer nervlichen und motorischen Belastungsprobe für den Fotografen und seine Finger. Die Vorteile der zusätzlichen mechanischen Einstellräder sind überschaubar. Ausserdem ist das Gehäuse jetzt so gross, wie das einer DSLR – also jenes Kamera-Typs, von dem sich viele Fotografen abgewandt haben, um sich der leichten, kompakten X-Serie zuzuwenden. Und haben wir diese verflixten Steuertasten bereits erwähnt?

Ein Brudermord

Dass wir mit den wenigen Schwachstellen der X-T1 so hart ins Gericht gehen, hat einen einfachen Grund: die Fujifilm X-E2. Sie bietet dieselbe Bildqualität, denselben Sensor, dieselben Filmsimulationen. Doch sie ist kleiner, leichter und deutlich ergonomischer in der Bedienung. Gäbe es die X-E2 nicht, wäre die X-T1 eine uneingeschränkte Kaufempfehlung wert. Aber diese Rivalität unter den Geschwistern lässt sich nicht ignorieren.
Wenn Sie also die Qual der Wahl spüren, rufen Sie sich die Vorzüge der X-T1 gegenüber der X-E2 in Erinnerung:
• Etwas schnellerer Autofokus
• Wettergeschütztes Gehäuse
• Kippdisplay
• Formfaktor und Ausstrahlung einer DSLR
• Mehr mechanische Bedienelemente
• Grösserer Sucher
Finden Sie in dieser Aufzählung ein Killer-Argument zugunsten der X-T1? Falls nicht, sollten Sie die günstigere X-E2 ernsthaft in Erwägung ziehen.

Fazit

Die X-T1 ist eine aussergewöhnliche Kamera, die ihre Klientel finden wird: unter den Profis, die bis jetzt im X-System eine DSLR-artige Kamera vermisst haben. Die Bildqualität ist einzigartig und der Sucher repräsentiert wortwörtlich eine neue Dimension. Nur die fehlende Ergonomie der Tasten verhindert, dass die X-T1 die Maximalwertung einheimst.

Testergebnis

Bildqualität, Sucher, Autofokus, Objektiv, Kippdisplay, Remote-App, wettergeschützt
Mangelhafte Ergonomie bei den Tasten auf der Rückseite

Details:  APS-C-Sensor mit 16 Mpxl, 8 fps, kürzeste Verschlusszeit 1/4000 Sekunde, Filme in Full-HD mit 60 fps, inkl. Zoom 24-83 mm (KB) ƒ2.8-4.0

Preis:  1999 Franken inkl. Zoom

Infos: 
http://fuji.ch/de/kamera-und-zubehoer/x-serie

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