Test: Nikon 1 J4

Fotografische Möglichkeiten

Tempo, Teufel!

Wenn es einen fotografischen Aspekt gibt, der bei der J4 besonders hervorgehoben werden muss, dann ist es ihr sagenhaftes Tempo. Die kleine Kamera verschlingt bis zu 60 Bilder pro Sekunde! Wenn der Autofokus gleichzeitig nachgeführt wird, sind es noch 20 Bilder pro Sekunde. Mit diesen Werten beschämt die J4 fast alle anderen Kameras, die auf dem Markt erhältlich sind.
Allerdings werden diesem hektischen Treiben klare Grenzen gesetzt. In der besten Auflösung sowie der gleichzeitigen Aufnahme von Raw+JPEG bringt es die J4 auf 20 Fotos am Stück – anschliessend wird die Aufnahme beendet und die Dateien auf die Karte geschrieben. Diese Obergrenze scheint von Nikon so gewollt zu sein, denn wenn ausschliesslich im genügsamen JPEG-Format fotografiert wird, bleibt es trotzdem bei exakt 20 Bildern.

Best Moment Capture

Doch wozu braucht man so viele Aufnahmen? Natürlich könnte man sie verwenden, um zum Beispiel Bewegungsstudien durchzuführen. Doch der wahre Wert offenbart sich mit der Funktion Best Moment Capture. Dabei wird wie üblich fokussiert und ausgelöst. Tatsächlich aber speichert die Kamera während einer Sekunde 20 Bilder, die vor und nach der eigentlichen Auslösung aufgenommen werden. So steigen die Chancen enorm, beim Turmspringen genau jenen Moment zu erwischen, bei dem das Töchterchen ins Wasser eintaucht.
Diese Bilder werden nur temporär gespeichert, während die Kamera automatisch die besten Aufnahmen präsentiert. Diese Auswahl kann akzeptiert werden oder auch nicht. Damit die Beurteilung leichter fällt, wird die Bilderreihe durch die Live-Zeitlupe animiert. Schlussendlich wandern nur die besten Aufnahmen auf die Speicherkarte, der Rest wird verworfen.

Automatiken

Natürlich bringt die J4 alle Spasselemente mit, die man von einer solchen Kamera erwartet. Natürlich sind die unverzichtbaren Effektfilter mit an Bord, genau wie die «ernsthafte Anwendungen».
Panorama. Dazu gehört die Erstellung von Panoramen, indem die Kamera einfach über eine Szene geschwenkt wird. Die Übergänge werden erfreulich präzise zusammengefügt. Hingegen taugen die fertigen Panoramen nicht für den Posterdruck, da die Auflösung bei mickerigen 4800x920 Bilder liegt (ca. 4.4 Mpx). Zum Vergleich: Ein Panorama aus dem iPhone 6 bringt es auf 2966x13’632 Pixel – das entspricht einem 40-Mpx-Kaliber!
HDR. Die HDR-Funktion erstellt aus zwei Aufnahmen automatisch Hochkontrast-Bilder. Damit steigt die Chance, dass bei schwierigen Lichtsituationen in den Lichtern und Schatten noch Zeichnung vorhanden ist. Leider werden die beiden Fotos nicht als Raw-Datei gespeichert – doch das dürfte bei der Zielgruppe der J4 eine untergeordnete Rolle spielen.
Automatiken. Für die Belichtung stehen diverse Vollautomatiken zur Verfügung. Auf Wunsch lassen sich aber auch die klassischen Belichtungsmethoden «PSAM» verwenden. Blende oder Verschlusszeit werden mit dem Rad auf der Rückseite verändert. Bei der manuellen Fotografie muss mit einer Taste zwischen den beiden Werten geändert werden, was in eine Fummelei ausartet. Doch auch hier gilt: Mit dieser Kamera wird wahrscheinlich selten manuell fotografiert.

Groteske Einschränkungen

Das bringt uns zum nächsten Punkt, der längsten Verschlusszeit. Diese liegt gemäss Datenblatt bei 30 Sekunden. Doch jetzt kommt’s: Die Kamera erlaubt keine Verschlusszeit, die länger als 1/60 Sekunde ist – es sei denn, die Belichtung wird komplett manuell gesteuert! Ein einziger kleiner Hinweis im Handbuch macht diese unverzeihliche Einschränkung offiziell:
Das heisst, dass in sämtlichen Automatiken (inkl. P, S und A) die Untergrenze gesetzt ist. Bei aktivierter ISO-Automatik wird der ISO-Wert erhöht. Wenn die ISO-Automatik hingegen ausgeschaltet ist, wird das Foto einfach gnadenlos unterbelichtet. Offensichtlich traut Nikon den Käufern der J4 nicht zu, dass sie die Kamera auf eine feste Unterlage oder auf ein Stativ stellen.
Videos. Die J4 filmt maximal in Full-HD (1080p) mit 60 Bildern pro Sekunde (fps). Die rote dedizierte Filmtaste liegt genau richtig und sorgt dafür, dass keine Szene mehr verpasst wird. Um an die spezielleren Funktionen heranzukommen, wird das Wählrad auf der Oberseite in die Filmposition gedreht.
Die rote dedizierte Filmtaste wird intuitiv erfasst
Quelle: IDG
Zeitlupe. Eine so extreme Zeitlupe sieht man selten: Bis zu 1200 fps sind möglich, allerdings nur mit einer Auflösung von 416×144 Pixel (40fache Wiedergabe). 400 fps gibt es mit 768×288 Pixel (13fach), in der HD-Auflösung von 720p immerhin noch 120 fps (4fach).
Zeitraffer. Die Zeitraffer-Funktion erhöht das Tempo einer Szene auf das Vierfache.
JumpCut. Diese «Funktion» reduziert den Film auf eine Reihe abgehackter Szenen, die alle vier Sekunden um ein weiteres Segment ergänzt wird. Der Effekt ist so wirr, dass es wahrscheinlich bei einem einzelnen Versuch bleiben wird.
4-Sekunden-Filme. Jeder Film dauert maximal 4 Sekunden, dann wird die Aufnahme automatisch abgebrochen. Das fördert die Disziplin, weil man sich auf die wirklich wichtigen Szenen konzentrieren muss. Die Segmente lassen sich in der Kamera zu einem Ganzen vereinen. So entsteht ein Streifen, der zumindest frei von endlos lang(weilig)en Szenen ist.

Wifi

Wie so viele aktuelle Kameras verfügt auch die J4 über ihr eigenes Wifi-Modul, um sich mit dem Smartphone auszutauschen.
Wifi-Antenne und Blitzentriegelung
Quelle: IDG
Die zugehörige App nennt sich Wireless Mobile Utility und wird für iOS und Android angeboten.
Die App bringt nur rudimentäre Funktionen mit
Mit ihrer Hilfe lassen sich die Fotos auf der Speicherkarte betrachten und auf das Mobilgerät übertragen. Auch die Fernsteuerung ist möglich, allerdings ohne Eingriffsmöglichkeiten in die Belichtungseinstellungen. Das schmälert den Nutzen deutlich.
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