Tests 20.01.2014, 13:53 Uhr

Test: Nikon Df

Qualität der alten Schule soll die Nikon Df bieten. Die Retro-DSLR ist tatsächlich hochklassig, zeigt aber auch, warum einige Innovationen in der Geschichte der Kameras gut waren.
Nikons Retro-DSLR wurde vor der Enthüllung bereits hochgejubelt. Die Df sollte den Geist der Fotografie vergangener Tage wieder zurück bringen. Mit Retro-Design, Retro-Bedienung und einem leistungsstarken Sensor sollte die Df eine Premium-Kamera für Liebhaber werden. Eigens für die Df wurde der Objektiv-Klassiker 50mm f/1.8 neu designt, eine gigantische Werbekampagne begleitete den Verkaufsstart. Wir haben die Nikon Df intensiv getestet.
Die Nikon Df versucht einen Spagat zwischen Alt und Neu

Das Design

Optisch soll die Nikon Df an die alten Nikon-Filmkameras erinnern. Die F2 wurde wohl als grösstes Vorbild genommen. Die Df ist etwas schmaler als vergleichbare DSLRs und weniger auf Ergonomie getrimmt. Die Bedienung rückt oftmals in den Hintergrund und macht der Ästhetik Platz. Dazu kommt der riesige optische Sucher, der sich markant von der Oberseite der Kamera abhebt. Direkt daneben ragen mechanische Drehräder aus der Df hervor. Davon gibt es so einige.
Während die Vorder- und Oberseite schön Retro daherkommen, bleibt die Rückseite modern. Die Tastenanordnung ist fast identisch mit anderen Nikon-Modellen wie der D7100. Ein Live-View-Button ist ebenfalls vorhanden. Hier fällt das Design der Df etwas auseinander und zeigt eines der Probleme der Kamera auf: Sie ist inkonsequent. Bestes Beispiel dafür ist der Objektivdeckel des neuen 50-mm-Objektivs. Während der Nikon-Schriftzug auf der Kamera im Retro-Look daherkommt, ist derjenige des Objektivdeckels modern. Ein Detail, aber trotzdem störend.
Nichts zu meckern gibt es bei der Verarbeitung. Die Materialien sind hochwertig und solid verbaut. Fast jedes Teil des Körpers besteht aus der bewährten Magnesium-Legierung, die bei hochklassigen DSLRs oft eingesetzt wird. Erwartungsgemäss ist die Df gegen Spritzwasser und Staub geschützt. Die Nikon Df ist in schwarz und silber-schwarz erhältlich. Die silberne Variante wird dem Retro-Look dabei deutlich besser gerecht, dafür ist die komplett schwarze Edition angenehm unauffällig.
Das Design gehört zu den Verkaufsargumenten für die Df
Wie bereits erwähnt opfert die Df stellenweise die Bedienungsfreundlichkeit zu Gunsten des Designs. Das macht sich in der Praxis schnell bemerkbar. Besonders der dünnere Griff wirkt sich negativ auf die Ergonomie aus. Die Df erinnert hier mehr an eine Fuji-X-DSLM als an eine hochklassige DSLR. Bei dem doch stattlichen Gewicht von 710 Gramm (ohne Akku und Objektiv) fällt ein mittelmässiger Griff schnell auf.
Die vielen mechanischen Drehräder sind ein weiterer Abzug. Ja, die Räder sind schön anzuschauen und machen zu Beginn auch noch Spass. Ist der erste Nostalgie-Anfall jedoch vorbei, fangen die schlecht erreichbaren Räder an zu nerven. Für viele Einstellungen muss entweder die Kamera vom Auge genommen werden oder die linke Hand verschoben werden. Mit dem bereits besprochenen Griff nicht ideal.
Nikon wollte wohl neben dem Nostalgie-Effekt auch ein wenig Tempo aus der Fotografie nehmen. Man soll sich wieder Zeit nehmen, um gute Fotos zu schiessen. Ein nobler Vorsatz, der durch die schlechte Bedienung aber leider nicht wirklich umgesetzt wird. Statt den Fotografen zu mehr Besinnung zu verleiten, macht es effizientes fotografieren umständlicher. Bei einer Retro-DSLM wie der Fuji-X-Serie stört das weniger. Bei einer 3500-Franken-DSLR mit Profi-Ansprüchen hingegen schon. Zu den grösseren Problemen kommen einige kleinere hinzu, wie die ungünstige Position der Trageriemenringe. Nikon zeigt mit der DF auf, dass Retro nicht immer ein guter Schritt ist. Hier wäre mehr möglich gewesen.
Auf der nächsten Seite: Sensor und Kit-Objektiv

Der Sensor

Der Sensor

Das Prunkstück der Df ist ohne Zweifel der Sensor. Der Vollformat-CMOS-Sensor ist dasselbe Modell wie in dem Flagschiff D4. Das zeigt sich besonders in der starken ISO-Reichweite von 100 bis 12800. Dabei ist das Rauschverhalten des Sensors besonders hervorzuheben. ISO 10000 bringt immer noch problemlos brauchbare Bilder hervor.
Die Retro-Bedienelemente wirken nicht immer durchdacht
Teilweise verdankt die Df dies auch der etwas geringeren Pixelzahl. Der Sensor der Df löst mit 16 Megapixeln auf, was das Rauschverhalten gegenüber anderen Sensoren mit höheren Pixelzahlen verbessert. Da es sich bei dem Sensor um das Modell der D4 handelt, ist der optische Tiefpassfilter noch eingebaut. Der daraus resultierende Schärfeverlust ist jedoch kaum bemerkbar.
Ein wenig merkwürdig ist die Wahl des Sensors jedoch schon. Hätte Nikon den Sensor der D800E verbaut, wäre die Kamera wohl ein gutes Stück günstiger geworden und hätte bei normalen Lichtverhältnissen an Bildqualität gewonnen. Die starke ISO-Leistung passt nicht wirklich zu Nikons Zielpublikum des geruhsamen Foto-Geniessers in den schottischen Highlands.

Das Kit-Objektiv 50mm f/1.8

Um dem Retro-Look gerecht zu werden gibt es die Nikon Df im Kit mit einer neu gestalteten Variante des Objektiv-Klassikers 50mm f/1.8. Das Objektiv ist innerlich identisch mit der vorherigen Version. Das ist nicht etwa schlecht, das die Nikon 50mm f/1.8 ein exzellentes Objektiv ist. Auf dem Vollformat-Sensor kommt die Linse so richtig zur Geltung.
Das neue Retro-Objektiv (Mitte, 50mm f/1,8) ähnelt eher der neuen Version (rechts, 50mm f/1,8) als einem wirklichen alten Objektiv (links, 28mm f/2,8, 1980)
Leider wurde das Design des Objektivs nicht konsequent durchgezogen. Ausser dem silbernen Ring ist nur wenig Retro an der neuen Linse. Sie ist optisch deutlich näher an der modernen Version. Besonders Schade ist der fehlende Blendenring. Dieser wurde wahrscheinlich wegen technischer Limitationen weggelassen, hätte das Retro-Feeling jedoch deutlich verstärkt und wäre deutlich ergonomischer zu bedienen gewesen als das unsägliche Blendenrad auf der Frontseite.
Alles in Allem ist die 50mm f/1.8 jedoch das Perfekte Objektiv für die Nikon Df, auch wenn sie von der Bauweise her nicht an die Qualität der Kamera herankommt. Was zählt ist die Bildqualität und die ist auf gewohnt hohem Niveau.
Auf der nächsten Seite: Die Ausstattung

Sucher & Display

Sucher & Display

Ein weiteres Highlight der Nikon Df ist der Sucher. Nikon zeigt hier, warum der Buckel auf der Df so gross ist. Darin verborgen ist ein Pentaprisma mit 100 Prozent Sichtfeld. Am unteren Rand werden bei eingeschalteter Kamera die Einstellungen angezeigt. Der Sucher wirkt schlicht und gross. Die Augenmuschel ist dabei bequem.
Die Rückseite der Df ist komplett modern
Das LCD auf der Rückseite fällt nicht gross auf. Das 3.2-Zoll-Display löst 921'000 Pixel auf und ist fix befestigt. Wer sich Retro-Fotograf nennt benutzt sowieso kein Live-View, sondern legt sich auch mal in den Matsch, um an den gewünschten Bildausschnitt zu kommen. Bei dem tollen Sucher wäre es auch Schade, seine Zeit im Live-View zu verbringen.

Die Ausstattung

Die Nikon Df verfügt über die wichtigsten Features einer modernen DSLR. Wie in dieser Preisklasse üblich, ist kein interner Blitz vorhanden. Blitzgeräte können über einen Standard-Hotshoe angeschlossen werden. Auf der Seite des Gehäuses findet man einen Input für eine Fernbedienung, einen HDMI-Anschluss und einen USB-Port zum Übertragen von Daten. Jeder der drei Anschlüsse hat einen eigenen, hochwertigen Verschluss.
Retro-Design statt Ergonomie
Etwas gespart wurde dafür leider bei den SD-Slots. Erstens ist es nur ein Slot, zweitens ist dieser unter derselben Klappe wie die Batterie Gerade bei Stativbetrieb kann das mühsam werden. Wenigstens wurde das proprietäre Kartensystem der D4 nicht übernommen, die Df nimmt herkömmliche SD-Karten.

Fotomodi und Fokus

Fotomodi gibt es bei einer Kamera mit dem Slogan «Pure Photography» kaum. M, A, S, P muss reichen. Auch Filter gibt es nur wenige. Hier konzentriert sich Nikon auf die wichtigsten. Die Fotografie steht im Zentrum, Spielereien werden ins Lightroom verlegt.
Um den Fotos die nötige Schärfe zu verleihen wurde das Multi-CAM-Autofokussystem mit Phasenerkennung verbaut. Die Df reagiert sowohl unter AF-S als auch AF-C flott und zeigt kaum Schwächen bei der Präzision. Dafür sorgen die 39 Fokuspunkte, von denen 9 Kreuzsensoren sind. Bei beweglichen Objekten kann die Kamera den Fokus automatisch nachführen, was in der Praxis gut funktioniert.
Die Bedienung erinnert an früher, ist aber eher unpraktisch
Etwas Schade ist die Positionierung der Fokuspunkte. Sie liegen sehr nahe beieinander. Wie schon bei der D610 fehlt so eine Gewisse Freiheit bei der Komposition. Andere Nikon-DSLRs wie die D7100 sind hier besser. Die Bedienung der Fokuspunkte ist dafür, wie von Nikon gewohnt, ausgezeichnet. Der Fokus kann einfach per Steuerkreuz verschoben werden, ohne weiteren Tastendruck.
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Zwischentitel Bildqualität

Zwischentitel Bildqualität

Die Bildqualität ist eine der Stärken der Df. Mit dem ausgezeichneten Sensor der D4 gelingen Bilder auch bei schlechten Lichtverhältnissen. Bis 10'000 ISO ist die Qualität problemlos brauchbar, darüber wird es schwammig. Hier kann (ausser der D4) keine andere Nikon-Kamera mit der Df mithalten. Bei guten Lichtverhältnissen strahlt die Df ebenfalls. Das kann man bei einer DSLR in dieser Preisklasse jedoch auch erwarten. Im Vergleich mit der ähnlich teuren D800E zieht die Df aber knapp den Kürzeren. Die D800E holt mit ihren 36 Megapixeln und ohne Tiefpassfilter mehr aus den Motiven heraus. In Kombination mit dem Kit-Objektiv produziert die Df jedoch beinahe kristallklare Bilder und ist in der Spitzengruppe der DSLRs dabei.
Die Bildqualität überzeugt auf der ganzen Linie
Die dynamische Reichweite der Df gehört zu ihren Stärken
Auch bei hohen ISO-Werten liefert die Df ansprechende Bildqualität (hier: ISO 10'000)

Fazit

Die Nikon Df ist zu wenig. Zu wenig Retro um wirklich Nostalgie hervorzurufen und zu wenig optimiert um die alten und neuen Bedienelemente miteinander zu kombinieren. Nikon hat bei der Df einige merkwürdige Design-Entscheidungen getroffen. Sowohl bei der Optik, als auch bei der Leistung. So ist die Df eine gute Vollformat-DSLR mit den Features der oberen Mittelklasse, dem Sensor der Profis und einem Gehäuse, das nicht so richtig weiss, was es sein soll und dabei nicht wirklich praktisch ist. Zum selben Preis erhält man eine D800, die in vielerlei Hinsicht eine bessere Kamera ist.



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