Tests 28.04.2016, 08:05 Uhr

Test: Sony a6300

Eine umwerfende Kamera! (Wenn sie mit dem richtigen Objektiv bestückt wird.)
Die zweijährige Sony a6000 dominiert den Markt seit ihrer Einführung 2014. Das liegt einerseits an der sehr guten Bildqualität, andererseits an den umfangreichen technischen Möglichkeiten, die in ein kompaktes Gehäuse gequetscht wurden. Dass diese Kamera heute deutlich weniger kostet als zu ihrer Einführung, schadet der Beliebtheit ebenfalls nicht.
Kleines Kraftpaket: Sony a6300
Quelle: Sony
Preisvergleich. Und nun ist er da, der sehnlichst erwartete Nachfolger. Die Sony ILCE-6300 (kurz: a6300) sieht ihrer Vorgängerin zum Verwechseln ähnlich, bedient sich aber der neusten Technik. Vergleiche zwischen den beiden Generationen sind deshalb sinnvoll, weil die a6000 im Sortiment bleibt: Während das Gehäuse der a6300 etwa 1200 Franken kostet, gibt es die a6000 für weniger als 500 Franken. Wenn Sie also mit diesem System liebäugeln, sollten Sie Ihre Bedürfnisse genau analysieren, bevor Sie zugreifen. Vielleicht sparen Sie eine Menge Geld.
Konfiguration. Getestet wurde die a6300 mit dem Zeiss Vario-Tessar 16-70 mm ƒ/4.0 (siehe Abbildung oben). Wir haben das populäre Kit-Zoom 16-50 mm aus gutem Grund ignoriert: Bereits beim Test der a6000 (Test) kamen wir zum Schluss, dass dieser Scherbenhaufen keine würdige Optik für diese Kamera ist – und daran hat sich nichts geändert.
Das 16-50 mm Kit-Zoom (hier an der Sony a6000) macht keine Freude
Quelle: PCtipp

Bedienung

Form und Ergonomie. Obwohl die a6300 mit dem Zeiss-Objektiv ihre Zierlichkeit einbüsst, liegt die Kamera hervorragend in der Hand. Der grosse gummierte Wulst auf der Vorderseite bietet einen sicheren Griff und vermittelt das Gefühl, dass die Kamera förmlich an der Hand klebt. Diese Konfiguration bringt mit Akku und Speicherkarte allerdings ganze 711 Gramm auf die Küchenwaage.
Die Einstellräder sind weder zu leicht- noch zu schwergängig. Das Gehäuse ist hochwertig verarbeitet und besteht neu aus einer Magnesiumlegierung. Zusätzliche Dichtungen machen es ausserdem wetterfest – allerdings sollte das im Regen auch für das Objektiv gelten. (Das getestete Zeiss-Objektiv ist wetterfest.) Kurz, der erste Eindruck könnte nicht besser sein.
Blitz und Funktionsräder. Auf der Oberseite befindet sich neben dem eingebauten Blitz auch ein Blitzschuh für externe Modelle oder für einen Funkauslöser, um einen Studioblitz zu steuern.
Der kleine Blitz steuert auch Studioanlagen
Quelle: PCtipp
Es folgen das Wählrad für die Belichtungsprogramme sowie ein universelles Funktionsrad. Je nach Belichtungsprogramm ändert es die Zeit-/Blendenkombination (P), die Blende (A und M) oder die Verschlusszeit (S).
Aufgeräumt
Quelle: PCtipp
Belichtungskorrektur. Alternativ kann das Funktionsrad auch für die Belichtungskorrektur verwendet werden. Doch damit werden alle anderen zugedachten Funktionen hinfällig, und ausserdem verhindert die fehlende Beschriftung, dass es zu einem gleichwertigen Ersatz für ein «echtes» Belichtungskorrekturrad wird. So wird diese populäre Funktion am besten dem Funktionsrad auf der Rückseite zugewiesen.
Funktionsrad und Aufnahme-Modi
Quelle: PCtipp
Funktionstasten. Auf der Rückseite befinden sich die üblichen Funktionstasten. Neu ist der Umschalter für die manuelle Fokussierung respektive den Belichtungsspeicher. Doch das sind alltägliche Kleinigkeiten, die man bei jeder Kamera in der einen oder anderen Form findet.
Die Beschriftungen sind eher hinderlich, wenn die Tasten angepasst werden
Quelle: PCtipp
Anpassungsfähigkeit. Die Möglichkeiten zur Anpassung sind absurd-umfangreich – und das ist natürlich eine gute Sache. Fast alle Hardware-Tasten können mit einer Auswahl von 62 Funktionen und Einstellungen belegt werden. Neu ist auch die Möglichkeit, dieselbe Taste mit unterschiedlichen Funktionen zu belegen – je nachdem, ob sich die Kamera im Aufnahme- oder Wiedergabemodus befindet. Dabei hilft es, die umfangreichen Beschriftungen der Tasten ignorieren zu lernen.
Zwölf Funktionstasten in zwei Reihen
Funktionsmenü. Die zwölf wichtigsten Funktionen lassen sich über die Fn-Taste auf der Rückseite aufrufen. Welche Funktionen das sind, entscheidet auch hier der Fotograf. Werden alle Slots der oberen Reihe als «Nicht festgelegt» deklariert, verschwindet diese Reihe, damit mehr vom Bild zu sehen ist. Solche durchdachten Details muss man einfach mögen.
Die Funktionsreihen gehören zu den wichtigsten Bedienelementen

Das Display

Das Display wurde praktisch ohne Änderungen von der a6000 übernommen. Es lässt sich um 45 Grad nach oben und um 90 Grad nach unten kippen – der Klassiker, um in Bodennähe und über Menschenmassen hinweg zu fotografieren.
Praktisch, aber leider kein Touch-Display
Quelle: PCtipp
Störend ist, dass Sony auf ein Touch-Display verzichtet hat. Für die Bedienung der Kamera lässt sich damit leben, der hohen Anpassungsfähigkeit sei Dank. Doch die a6300 bietet eine hervorragende Videofunktion, wie wir noch sehen werden – und deshalb wird die Möglichkeit, die Schärfe durch ein Tippen zu verlagern, schmerzlich vermisst.

Der Sucher

Qualität. Ganz anders der digitale Sucher, der einer gründlichen Überarbeitung unterzogen wurde. Die Auflösung wurde von 1,4 Mio. Pixeln auf 2,3 Mio. Pixel erhöht. In den Einstellungen lässt sich die Wiederholrate auf bis zu 120 fps erhöhen. Das führt bei gutem Licht zu einer hervorragenden Darstellung, die einem Guckloch aus Glas fast ebenbürtig ist.
Brillenträger. Positiv ist auch die grosse, abnehmbare Augenmuschel. Sie sperrt das Sonnenlicht weitgehend aus, sodass das Sucherbild selbst im gleissenden Licht klar bleibt. Brillenträger überblicken den Sucher jedoch nur mit Mühe. Hier hilft die eingebaute Dioptrienkorrektur weiter, deren Justierung leider in eine hassenswerte Fummelei ausartet.
Die grosse Augenmuschel ist zum Glück (für Brillenträger) abnehmbar
Quelle: PCtipp
Kaum Abschattungen. Die a6300 fotografiert mit bis zu elf Bildern pro Sekunde. Während sie die Fotos in sich hineinschaufelt, wird der Sucher zwischen den Aufnahmen nur leicht abgedunkelt – etwa so, wie man es von uralten Schwarz-Weiss-Filmen aus der Mottenkiste kennt. Sportfotografen werden von dieser Eigenschaft entzückt sein.

(Un-)Geliebte Details

Histogramm. Das Histogramm ist zwar vorhanden – aber es wird ausgerechnet dann ausgeblendet, wenn an der Belichtungskorrektur geschraubt wird. Dieser Mangel besteht seit einer gefühlten Ewigkeit und darf zu Recht als Sony-Marotte angesehen werden.
Ladegerät. Leider wird mit der a6300 kein Ladegerät mitgeliefert; stattdessen wird der Akku über ein USB-Netzteil direkt in der Kamera geladen. Ein Ärgernis, wenn in den Ferien die Akkus im Hotel geladen werden sollen, während die Kamera unterwegs ist. Das optionale Ladegerät «BC-TRW» kostet beim Discounter des Vertrauens ca. 50 Franken. Zusammen mit einem oder zwei Ersatzakkus kommt ein unerfreulich hohes Sümmchen auf den Weltenbummler zu.
Stativgewinde. Sehr schön: Das Stativgewinde ist so weit vom Akku- und Kartenfach entfernt, dass sich das Fach öffnen lässt, ohne dass die Adapterplatte abgenommen werden muss.
Künstlicher Horizont. Den gibt es. Bei der a6000 wurde diese Funktion noch unterschlagen, was teilweise zu heftigen Nicht-kaufen-Absichten bei den Landschaftsfotografen führte.
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Fotografische Möglichkeiten

Fotografische Möglichkeiten

Die a6300 ist der bestens ausgestattete Spielplatz für alle, die von Funktionen nie genug bekommen. Zum einen bietet die Kamera viele solide Möglichkeiten, die man heute von einem gehobenen Gerät erwartet. Zum anderen lässt sie sich über Apps deutlich erweitern. Zum Standardumfang gehören:
Motivprogramme. Die Motivprogramme sind zahlreich und nützlich. Sie umfassen so typische Szenen wie Sport, Portraits, Landschaft und mehr. Dabei zieht die Kamera alle Register. Wird zum Beispiel Portrait angewählt, wird die grösstmögliche Blende für einen unscharfen Hintergrund angewählt; die Hauttöne werden bei den JPEGs optimiert und die Kamera fokussiert automatisch auf jenes Auge, das näher bei der Kamera ist.
Dynamikumfang und HDR. Für kontrastreiche Szenen, die den Sensor überfordern, bietet die a6300 zwei Einstellungen. Die eine optimiert die Lichter und Schatten bereits in der Kamera, wobei auch in RAW fotografiert werden kann. Diese optionale Funktion kann dauerhaft eingeschaltet bleiben. Die automatische HDR-Funktion schiesst hingegen in schneller Folge drei unterschiedlich belichtete Bilder und setzt diese zu einer neuen Szene zusammen – allerdings funktioniert sie nur mit JPEG-Dateien.
Panorama. Die allseits beliebten Panoramen werden erzeugt, indem die Kamera über eine Szene bewegt wird. Die a6300 meistert diese Disziplin meistens ohne sichtbare Übergänge.
Farbgebung. Und dann sind da noch die unterschiedlichen Farbabstimmungen. Fertige Zusammenstellungen wie Neutral, Lebhaft, Portrait oder Landschaft sorgen dafür, dass die persönlichen Vorlieben befriedigt werden. Bei jeder Einstellung können der Kontrast, die Sättigung und die Schärfe angepasst werden, um den eigenen Stil zu verfeinern.
Der Bildstil «Deep» sorgt für starke Schwarzwerte und Kontraste
Quelle: PCtipp
RAW-Entwicklung. Leider lassen sich die RAW-Dateien in der Kamera nicht nachträglich entwickeln. Um den eigenen Stil zu finden, müssen Sie also das Motiv vor Ort mit allen möglichen JPEG-Einstellungen ablichten. Diese Kröte dürfte für viele Interessenten schwer zu schlucken sein.
Geräuschlose Aufnahme. In den Menüs wird die a6300 mit dieser Funktion zum Schweigen gebracht. Die Kamera löst jetzt tatsächlich unhörbar leise aus. Das geht allerdings zulasten einiger Funktionen, wie zum Beispiel schnelle Serienbilder, Bildeffekte, Auto-HDR und mehr.

Apps für die Kamera

Über Apps lässt sich der Funktionsumfang in alle Richtungen erweitern. Dazu gehören zum Beispiel Programme für die Langzeitbelichtung, aber auch hilfreiche Apps, um die Fotos beim Ausschalten der Kamera automatisch auf das Smartphone zu übertragen.
Der App-Store ist direkt in der Kamera erreichbar
Mein persönlicher Favorit: Mit der kostenlosen App Touchless Shutter wird die Kamera ausgelöst, wenn die Hand an das Sucherokular herangeführt wird – unheimlich nützlich bei Stativaufnahmen und langen Belichtungszeiten. Eine Übersicht über die verfügbaren Apps und deren Preise finden Sie hier.

Autofokus

Der Autofokus steht im Zentrum, wenn Sony die a6300 in der Werbung anpreist. Ganze 425 Messpunkte sollen ihn zum schnellsten Vertreter seiner Art machen. Natürlich sind genaue Messungen schwierig. Ausserdem weiss ich nicht mehr, wann ich das letzte Mal eine gehobene Kamera getestet habe, die nicht mit dem schnellsten Autofokus der Welt ausgerüstet war.
Single Autofocus. Allerdings funktioniert die Scharfstellung in der Position Single Autofocus tatsächlich rasend schnell und hochpräzise, während das Zeiss-Zoom nahezu unhörbar bleibt. Es ist eine Freude, dem Autofokus bei der Arbeit zuzusehen, wenn im Sucher die emsigen grünen Felder über die analysierten Stellen huschen. Die Schärfe sitzt praktisch bei jeder Aufnahme.
Nachverfolgung. Natürlich preist Sony auch den Nachführ-Autofokus in den höchsten Tönen. Nein, Sie können die Kamera nicht mit Blende ƒ/2 auf den herbeihechelnden Hund richten und ein garantiert scharfes Foto seiner Pupillen schiessen. Allerdings habe ich in den letzten Jahren keine andere Kamera in der Hand gehalten, bei der die vollmundigen Werbeversprechen und die Realität so nah beieinanderlagen.
Augen-Autofokus. Ein Porträt, bei dem die Schärfe nicht auf den Augen liegt, ist Makulatur. Deshalb lässt sich für den Autofokus eine Augenerkennung zuschalten. Kurioserweise lässt sich diese Funktion jedoch nicht in den Menüs anwählen; stattdessen muss sie auf eine Hardware-Taste gelegt werden. Da gehört sie zwar sowieso hin – doch so mancher stolze Besitzer wird diese wertvolle Fokussierhilfe übersehen.
Fokuspunkt verschieben. Natürlich kennt die a6300 mehrere Autofokus-Einstellungen, um die wichtigen Bildteile automatisch anzupeilen – doch mit diesen Automatismen habe ich seit jeher meine liebe Mühe. Viel wichtiger ist mir die Möglichkeit, den Fokuspunkt schnell an die gewünschte Stelle zu legen. Ausgerechnet hier schwächelt die a6300: Im besten Fall wird zuerst die «Unten»-Taste am Steuerkreuz gedrückt, der Fokuspunkt verschoben und dann mit der Eingabetaste bestätigt, damit die anderen Funktionen des Steuerkreuzes wieder freigegeben werden. Kompliziert – und das ist wie erwähnt der beste Fall.

Video

Auflösung. Und damit wären wir bei einem weiteren Schwerpunkt der a6300. In der höchsten Auflösung werden Videos in 4K (3840×2160p) mit 30 fps aufgezeichnet. Full-HD-Videos (1920×1080p) werden mit 60 fps aufgezeichnet. In dieser Auflösung sind sogar 120 fps möglich, die anschliessend als Zeitlupe weiterverarbeitet werden können – eine fähige Software vorausgesetzt.
Filmtaste. Die Filmaufnahme wird über die dedizierte Taste unter dem Funktionsrad gestartet und beendet. Diese Platzierung verhindert vielleicht ungewollte Aufnahmen, aber die Bedienung wird deswegen auch ein wenig umständlich. Das hätten wir uns irgendwie anders gewünscht.
Die Filmtaste hätte an einem zugänglicheren Ort bestimmt auch toll ausgesehen
Quelle: PCtipp
NTSC-Ärger. Die typischen Familienfilmchen werden heute mit 25/50 fps aufgezeichnet (PAL) oder mit 30/60 fps (NTSC). Um den Videostandard zu ändern, muss nicht nur die Kamera neu gestartet, sondern auch die Speicherkarte formatiert werden – und nur der Himmel weiss, warum. Sie sollten sich also vor der Abreise für ein Format entscheiden, sonst wird es eventuell kompliziert.
Mit der Einstellung NTSC nervt die Kamera bei jedem (!) Einschalten so lange mit dem Hinweis «Läuft in NTSC», bis eine Taste gedrückt wird. Ein Dauerärgernis, für das man eigentlich die Wertung um einen Stern reduzieren müsste.
Du elende Nervensäge!
Mikrofon. Die a6300 kann im Vergleich zur a6000 mit einem externen Mikrofon bestückt werden, das über die Klinkenkupplung verbunden wird.
Zebra. Ein zuschaltbares Zebramuster zeigt bereits auf dem Display, welche Lichter und Schatten keine Zeichnung mehr aufweisen. Das funktioniert auch bei Fotos. Die Anzeige ist zwar praktisch, kann aber auch irritierend wirken.
Profifunktionen. Darüber hinaus bietet die a6300 zahlreiche Videofunktionen, deren Beschreibung hier jeden Rahmen sprengen würden. Dazu gehören unter anderem neun verschiedene Profile, um die Farbgebung und die Kontraste an Industriestandards anzupassen, wie zum Beispiel ITU709, S-Log2, Cine2 etc.
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Bildqualität

Meidet das kleine Kit-Zoom!

Wir haben uns im Rahmen dieses Tests ausdrücklich für das Zeiss Vario-Tessar 16-70 mm ƒ/4.0 entschieden. Die beliebtere (und wesentlich günstigere) Variante wäre das kleine Kit-Zoom 16-50 mm gewesen. Allerdings zeigt dieses Objektiv so heftige Randunschärfen, Abschattungen und Verzeichnungen, dass es der a6300 in keiner Weise gerecht wird. Wenn Sie sich für das kleine Zoom entscheiden, verschenken Sie einen Grossteil der Qualitäten, welche die a6300 bietet. Hier ein Muster der unkorrigierten RAW-Aufnahme. Man beachte die verbogenen Geraden und die schwarzen Bildecken:
Das kleinere Kit-Zoom von Sony wird dieser Kamera nicht gerecht
Quelle: PCtipp

Die Zeiss-Optik

Verarbeitung. Ganz anders das Zeiss-Zoom: Es gefällt bei der ersten Tuchfühlung durch seine solide Verarbeitung. Das Objektiv gibt nicht den Bruchteil eines Millimeters nach. Der Zoomring bietet genau den richtigen Widerstand: erfreulich leichtgängig, aber absolut präzise.
Das einzig wahre Kit-Zoom
Quelle: PCtipp
Schärfe. Ohne Übertreibung: Wenn sich das Thema um die Schärfe dreht, ist dieses Objektiv die meistdiskutierte Linse im ganzen Internet. Einige Rezensenten lieben das Objektiv, andere sind durchs Band enttäuscht. Manche berichten von einem unregelmässigen Schärfeverlauf, andere sind von der Abbildungsleistung sehr angetan. Kurz, dem interessierten Leser der Rezensionen tun sich Abgründe auf. Eigentlich müsste ich Ihnen raten, jedem Foreneintrag aus dem Weg zu gehen und dieses Objektiv blind zu kaufen – denn nach Hundert Kommentaren aller Couleur haben Sie immer noch keinen Durchblick, aber garantiert Kopfschmerzen.
Die teils heftigen Kritiken aus dem Internet können wir nicht bestätigen. Die Schärfe im mittleren Brennweitenbereich ist in der Mitte sehr gut. Zu den Rändern hin wird die Darstellung tatsächlich weicher. In der Praxis ist das längst nicht so tragisch, aber bei genauem Hinsehen problemlos zu erkennen. Bei der Kritik fliesst wahrscheinlich auch der psychologische Aspekt des Preises mit ein, denn dieses feine Zoom kostet rund 800 Franken.
Hier die Übersicht bei 45 mm (KB) mit Blende ƒ/6,3, 1/1250 Sekunde:
Übersicht
Quelle: PCtipp
Und hier der Crop aus der linken unteren Ecke:
Ein wenig zu weich – aber sonst OK
Hier ein weiteres Müsterchen mit 105 mm (KB), Blende ƒ/4.0 und 1/400 Sekunde:
Der Gesamteindruck ist gefällig …
Quelle: PCtipp
Im Detail:
… und die Schärfe gibt an den Rändern nur leicht nach: Brennweite 105 mm (KB), ƒ/4.0, 1/400 Sekunde
Wie stark diese kleine Schwäche gewichtet wird, bleibt dem Einzelnen überlassen. Da ich praktisch bei jedem Bild den Ausschnitt in der Nachbearbeitung noch einmal anpasse, stört mich diese Unschärfe nicht wirklich, weil sie oft genug einfach weggeschnitten wird – aber das kann man natürlich auch anders sehen. Dafür entschädigt das Objektiv mit Blende ƒ/4 im Telebereich von 105 Millimetern (KB): Das Zeiss-Objektiv wird zu einer ansprechenden Porträtlinse, mit der sich der Hintergrund gerade noch in der Unschärfe versenken lässt.
Freistellen im maximalen Telebereich und bei ƒ/4.0 geht … gerade noch so
Quelle: PCtipp
Belichtung. Irgendwie gehört es fast schon zum Markenzeichen der Sony-Kameras, dass sie meistens zu knapp belichten. Genau genommen könnte die Belichtung dauerhaft um eine halbe Blende nach oben korrigiert werden, dann stimmt der Eindruck bei den meisten Fotos.
Naheinstellung. Die Grenzen der Naheinstellungen liegen bei 35 Zentimetern. Damit lässt sich arbeiten.
Knackig scharf, aber wie immer bei Sony einen Tick zu dunkel
Quelle: PCtipp
Farben. Knackige Farben und kräftige Kontraste führen zu Bildern, die man gerne herumzeigt. Entscheidend ist die Wahl des JPEG-Stils: Mit der Bildanpassung Vivid (lebhaft) entstehen einwandfreie Ferienbilder. Mit der Einstellung Deep werden die Schwarztöne intensiviert und die Kontraste angehoben, sodass ausdrucksstarke Bilder entstehen. Wie bereits erwähnt, können bei jeder Einstellung der Kontrast, die Sättigung und die Schärfe individuell angepasst werden.
Chromatische Abberation. Praktisch nichtexistent.
Die chromatische Abberation glänzte im Test durch Abwesenheit
Quelle: PCtipp

Low-Light-Aufnahmen

ISO-Werte. Die a6300 fotografiert mit einer Empfindlichkeit von bis zu 51'200 ISO, wobei über das ganze Spektrum RAW-Aufnahmen möglich sind – ein Plus für alle, die Fotos zum Beispiel mit einer spezialisierten Software oder in Photoshop entrauschen möchten.
Tricks gegen Rauschen. Eine weitere Besonderheit ist die Möglichkeit, drei Aufnahmen in schneller Folgen schiessen zu lassen. Anschliessend pflückt sich die Kamera die besten Bildeigenschaften heraus und setzt sie zu einem neuen, besseren Bild zusammen. Das funktioniert einwandfrei, allerdings nur mit JPEG-Dateien; die RAW-Originale werden leider nicht gespeichert.
Dämmerlicht. Im Dämmerlicht zeigt sich eindrücklich, wie schnell die Entwicklung der Sony-Sensoren voranschreitet. Beim Vorgänger erwies sich die hohe Auflösung von 24 Mpx eher als hinderlich: Bereits bei 800 ISO begannen feine Details ein wenig zuzuschmieren; bei 6400 ISO waren dann auch schon die Grenzen dessen erreicht, was man der a6000 zumuten sollte.
Bei der a6300 präsentiert sich die Situation anders. Bilder bis 6400 ISO sind absolut brauchbar und zeigen nur wenig Verlust in den Details. Bei 12'800 ISO schmieren die Details sichtbar zu; bei 25'600 ISO wird das Bild interessanterweise kaum schlechter. In der Stellung «Hi» pusht die Kamera die Empfindlichkeit auf 51'200 ISO, was das Foto wie die Spiegelung auf einer Schlammpfütze wirken lässt.
Hier die Übersicht:
Die Szene in der Übersicht
Quelle: PCtipp
Und hier die Crops:
… und die Crops
Doch in den meisten Situationen sind die hohen Empfindlichkeiten ein Gewinn. Meiden Sie die Stellung «Hi» und erfreuen Sie sich an dem, was mit hohen 25'600 ISO geboten wird. Hier ein weiteres Beispiel:
Selbst in der Nacht und bei 25'600 ISO …
Quelle: PCtipp
Und hier der Crop als SOOC-JPEG:
… produziert die a6300 brauchbare Bilder

Capture One 9: kostenlose Beigabe

Zum Kauf der Kamera gehört nach einer kostenlosen Registrierung die Profi-Software CaptureOne Express 9, die direkt beim Hersteller PhaseOne heruntergeladen werden kann. Sie funktioniert am besten mit RAW-Dateien und spielt bei den professionellen RAW-Konvertern in der ersten Liga. Diese spezielle Version für Mac und Windows funktioniert zwar nur mit Sony-Kameras, ist aber technisch topaktuell. Ausserdem erhalten Sie (natürlich) ein «vorteilhaftes Angebot» für die unlimitierte Version.
Capture One 9 ist so leistungsfähig wie fordernd
Quelle: PCtipp
Tatsächlich schafft dieser kostenlose Download einen echten Mehrwert. Die Möglichkeiten sind umfassend, die Resultate der RAW-Konvertierung stellen auch den anspruchsvollsten Profi zufrieden. Allerdings sollte auch erwähnt werden, dass CaptureOne Express für engagierte Fotografen ausgelegt ist, die bereit sind, die ziemlich steile Lernkurve zu meistern. Diese Software erlernt man nicht an einem Wochenende. (Und auch nicht an zwei oder drei.)
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Kaufempfehlung und Fazit

Dieses Upgrade hat seinen Preis

Sony hat mit der a6000 vieles richtig gemacht, nun leitet die a6300 die nächste Stufe der Evolution ein. Das Innenleben ist komplett auf den neusten Stand der Technik gebracht worden: 4K-Videos, der neue Sensor, der rasend schnelle Autofokus, der verbesserte Sucher und das wettergeschützte Gehäuse üben einen enormen Reiz aus.
Allerdings lässt sich Sony für dieses Tuning fürstlich entlohnen. Die a6000 kostete bei ihrer Markteinführung mit dem kleinen Kit-Zoom ca. 850 Franken (heute: ca. 580 Franken). Die a6300 kostet aktuell mit demselben Zoom ca. 1400 Franken, mit dem hier getesteten Zeiss-Objektiv sind es sogar ca. 2100 Franken. Und so trennt der Preis die Schar der Interessenten: Wenn Sie den risikoarmen Einstieg in dieses System suchen, dann sind Sie mit der älteren a6000 hervorragend bedient. Wenn Sie hingegen auf 4K-Videos aus sind, ein wettergeschütztes Gehäuse benötigen oder den superschnellen Autofokus begehren, dann greifen Sie natürlich zur a6300.

Zielgruppe

Die a6300 ist eine Kamera für ambitionierte Fotografen. Für einen solchen Preis darf man Qualität verlangen, und die wird von der a6300 geliefert – ein hochwertiges Objektiv vorausgesetzt. Zusammen mit dem Zeiss Vario-Tessar 16-70 mm erhalten Sie eine kleine, immer noch leichte Kamera, die hochwertige Bilder und professionelle Videos schiesst. Kurz, die neue Sony a6300 ist die perfekte Familien- und Reisekamera.
Fazit: Viel Technik, umfangreiche Möglichkeiten und eine hohe Qualität: All das liefert die a6300 in einem schnuckeligen Gehäuse. Zusammen mit dem Zeiss-Zoom entsteht eine hervorragende Kombination, die fast keine Wünsche offenlässt.

Testergebnis

Ergonomie, Funktionsvielfalt, Anpassungsfähigkeit, Autofokus, Video, Sucher, Apps
Position der Filmtaste, fummelige Dioptrienkorrektur, kein Touch-Display, kein externes Ladegerät

Details:  APS-C, 24 Mpx, 4K-Videos mit bis zu 30 fps, Wi-Fi, NFC, inklusive Zeiss Vario-Tessar 16-70 mm ƒ/4.0.

Preis:  ca. 2100 Franken

Infos: 
www.sony.ch

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