Test: iPhone 14 Pro (Max)

Endlich 48 Mpx

Nachdem die Foto-Auflösung der iPhones schon seit Jahren bei 12 Mpx verharrt, macht die neue Kamera einen grossen Sprung nach vorn – allerdings gilt das nur die Hauptkamera, die in der Kamera-App mit «1×» beschriftet ist. Denn es geht oft vergessen, dass im iPhone im Gegensatz zu einer klassischen Kamera nicht einer, sondern drei Kamerasensoren verbaut sind – und jeder kommt mit seiner eigenen Optik.
Der Sensor der Hauptkamera ist deutlich grösser geworden, gemäss Apple um ganze 65 Prozent. Und wie wir seit der ersten Analogkamera wissen, gehört es zu den unverrückbaren Gesetzen der Fotografie, dass die Bildqualität mit der Grösse des Films oder des Sensors zunimmt – zumindest, solange dieser Vorsprung nicht durch eine sinnlos hohe Auflösung zunichte gemacht wird. Beim iPhone 14 Pro lässt sich der deutlich grössere Pixelhaufen auf zwei Arten nutzen.
12 Mpx. Wenn wie gewohnt in HEIF oder JPEG fotografiert wird, fasst das iPhone jeweils 4 Pixel zu einem einzigen Pixel zusammen («Pixel Binning»). Das läuft schlussendlich auf einen sehr viel grösseren Pseudo-Pixel hinaus. Die Auflösung bleibt im Vergleich zum Vorgänger mit 12 Mpx also unverändert, doch die Qualität des Bildes nimmt weiter zu – zumindest theoretisch. Denn wie auf der vorherigen Seite gezeigt, ist es nicht immer einfach, einen Unterschied zum iPhone 13 Pro auszumachen.
Ein Diagramm zeigt zwei Anordnungen von roten, grünen und blauen Sensoren auf einem Kamerasensor; rechts werden mehrere Pixel zu einem grossen Pixel zusammengezogen
Beim Pixel-Binning werden mehrere Pixel zu einem grossen Pixel vereint
Quelle: PCtipp.ch
48 Mpx. Die zweite Möglichkeit besteht darin, im ProRAW-Format zu fotografieren. Dazu wird in den Einstellungen zu Kamera im Bereich Formate der Schalter bei Apple ProRAW umgelegt und gleich darunter zwischen 12 Mpx und 48 Mpx gewählt. So getan, erscheint in der Kamera-App die Schaltfläche RAW, mit der zwischen ProRAW und HEIF (oder JPEG) gewechselt wird:
Hier geht es zu den 48 Mpx
Quelle: PCtipp.ch
Doch es gilt, bei der Aufnahme genau hinzuschauen. Alle drei Kameras sind RAW-fähig; aber wenn eine andere Kamera als «1×» verwendet wird, resultiert daraus nur eine 12-Mpx-Aufnahme, was oft erst zuhause bemerkt wird.
Tipp: Die populäre Kamera-App Halide Mark II zeichnet Fotos auf Wunsch mit 48 Mpx in HEIF auf – also ohne den Umweg über das RAW-Format. Schade nur, dass sich Apple aus unerfindlichen Gründen nicht dazu durchringen konnte. Halide kostet 12 Franken jährlich oder 60 Franken einmalig.
Die Kamera-App «Halide Mark II» nimmt auf Wunsch 48-Mpx-Fotos direkt in HEIF auf
Quelle: PCtipp.ch

Die Tücken von 48 Mpx

Die 48 Mpx sind ein grosser Sprung nach vorn. Allerdings braucht es dazu vor allem gute Lichtverhältnisse, damit die Photonic Engine nicht zu stark eingreifen muss. Im schwachen Licht beträgt die Auflösung zwar ebenfalls 48 Mpx; aber die Vorteile bei der Qualität sind längst nicht so offensichtlich wie im strahlenden Sonnenlicht. Dessen ungeachtet ist die neue Auflösung nach so vielen Jahren der 12-Mpx-Bilder eine Wucht:
Das Foto zeigt eine Blumenkiste aus Holz mit Seilen als Griffen; darunter wird ein vergrösserter Ausschnitt des Seils gezeigt
48 Mpx sind eine ganz andere Hausnummer – wenn die Lichtverhältnisse es zulassen
Quelle: PCtipp.ch
Allerdings ist bei RAW-Dateien der Name Programm: Es handelt sich um «rohe Dateien». Zwar macht es uns Apple bei der Weiterverarbeitung sehr einfach: Solange die Bilder in der Fotos-App verbleiben, sehen sie aus wie gewöhnliche HEIF-Dateien und profitieren von allen Optimierungen, die ihnen die Photonic Engine angedeihen lässt. Sie lassen sich auch mit einem Tippen teilen und verschicken, immer mit 12 Mpx. Sobald die Bilder jedoch im DNG-Format exportiert werden, geben die RAW-Daten den Ton an. Jetzt muss jedes Foto in einer RAW-Software wie Lightroom oder Capture One von Hand nachbearbeitet werden, damit die Bilder überzeugen.
RAW-Dateien aus dem iPhone müssen immer zuerst bearbeitet werden, in diesem Fall in Lightroom Mobile (Kamera: iPhone 14 Pro Max)
Quelle: PCtipp.ch
Der Einfachheit halber könnten alle Fotos in ProRAW aufgezeichnet, normal verwaltet und erst bei Bedarf als DNG optimiert werden. Allerdings sorgt der Speicherbedarf sehr schnell dafür, dass solche Gelüste verworfen werden, denn das braucht Speicher:
• Foto mit 12 Mpx in HEIF: ca. 1,5 MB
• Foto in ProRaw und 12 Mpx: ca. 20 MB
• Foto in ProRAW und 48 Mpx: ca. 75 MB
Das dürfte jetzt zum einen oder anderen «Uff!» führen. Was ich an der Fotos-App vermisse, ist die Möglichkeit, ein ProRAW-Bild in der Fotos-App zu einem gewöhnlichen HEIF mit all seinen Annehmlichkeiten zu konvertieren. Dann liessen sich nur jene Bilder in diesem Format behalten, die es wirklich nötig haben.

Die Vorteile von 48 Mpx

Allerdings bietet die hohe Auflösung auch einen grossen Vorteil – selbst wenn am Ende der Verwurstung nur ein 12-Mpx-Bild daraus resultiert. Das iPhone 14 Pro stellt neu vier «Brennweiten» zur Auswahl, obwohl nur drei Objektive respektive Sensoren verbaut sind. Auf Kleinbild umgerechnet sind das:
• 0,5×: 13 Millimeter
• 1×: 24 Millimeter
• 2×: 48 Millimeter
• 3×: 77 Millimeter
Und das ist für mich eines der Highlights des neuen Kamerasystems. Schon seit Jahren ist es möglich, in der Kamera-App ein wenig länger auf die gewünschte Kamera (1×, 2× …) zu drücken, damit ein Drehrad mit einem stufenlosen Zoom eingeblendet wird. Nur: Dabei handelte es sich zwangsläufig um interpolierte Fotos, weil die entsprechende Linse gar nicht verbaut ist. Das war mir suspekt genug, dass ich stets die festen Brennweiten verwendet und auf das vermeintliche Zoom dankend verzichtet habe.
Der Screenshot zeigt eine Aussenansicht in der Kamera-App; auf dem Display ist das virtuelle Drehrad für die Einstellung der Brennweite zu sehen
Bei Zwischengrössen muss nicht länger interpoliert werden
Quelle: PCtipp.ch
Beim iPhone 14 Pro ist das anders. Wenn ein Wert zwischen «1×» und «2×» verwendet wird, interpoliert das System gar nichts. Stattdessen wird ein Ausschnitt des 48-Mpx-Sensors angefertigt. Verglichen mit einem konventionellen Zoom ist das zwar auch nicht die ganze Wahrheit; aber es fühlt sich besser an als ein interpoliertes Foto, das genauso gut in Photoshop oder einer ähnlichen Software mit wenigen Mausklicks errechnet werden kann.


Kommentare
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Christoph Mayer
30.09.2022
Hoi Klaus - wieso meinst du ein Minus beim Lightning-Anschluss. Weil es denn noch immer gibt?

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Klaus Zellweger
30.09.2022
Hoi Klaus - wieso meinst du ein Minus beim Lightning-Anschluss. Weil es denn noch immer gibt? Salü Christoph Nein, am Lightning-Anschluss ist grundsätzlich nichts auszusetzen. Er ist einfach nur schleppend-langsam, wenn Videos im ProRes-Format auf den Rechner übertragen werden sollen.