Tests 19.02.2018, 09:34 Uhr

Test: Secret of Mana

Das Jahr beginnt mit einem Remake eines wahrlich legendären Retro-Rollenspiels. Wir haben uns «Secret of Mana» ganz genau angesehen und wagen ein Fazit.
Sei es nun «Super Mario World», «Super Mario Kart», oder «The Legend of Zelda: A Link to the Past» – die zu Beginn der 1990er-Jahre erschienene 16-Bit-Konsole SNES hat eine Vielzahl hochkarätiger Spiele hervorgebracht und Nintendos Ruf als brillanten Software-Entwickler einmal mehr bestätigt. Doch auch andere Entwicklungsstudios fühlten sich auf dem Super Nintendo pudelwohl und brachten 16-Bit-Erlebnisse auf den Markt, die seither Spitzenpositionen in den ewigen Top-50-Listen vieler Videospielmagazine geniessen. 
Einer dieser Evergreens ist «Secret of Mana». Das im August 1993 veröffentlichte Action-Rollenspiel aus der Feder von Hiromichi Tanaka erzählt die ungewöhnliche Geschichte des Waisenjungen Randi, dessen Leben eine komplette Kehrtwende nimmt, als er eines Tages ein seltsames Schwert aus einem Felsen zieht. 
Die neu hinzugefügte Minikarte oben rechts im Bild hilft bei der Orientierung
Das Problem: Kurz nach diesem Ereignis fallen Monster über sein Heimatdorf her und versetzen die Bürger in Angst und Schrecken. Schlimmer noch: Obwohl der mutige Teenager zahlreiche Kreaturen in die Flucht schlagen kann, wird er schon bald ins Exil verwiesen. Denn die Dorfbewohner suchen einen Schuldigen für die Monstermisere, die ihrer Meinung nach in direktem Zusammenhang mit dem Entfernen des heiligen Schwerts steht. Was folgt, ist eine mit viel Herzblut inszenierte Coming-of-Age-Geschichte, welche die Herzen der Rollenspiel-Community im Sturm eroberte – zunächst in Japan und dann im Westen. 
Sämtliche Dialoge erklingen nun erstmals in englischer oder japanischer Sprachausgabe

Wiedergeburt in 3D

Heute, knapp 25 Jahre später, buhlt «Secret of Mana» erneut um die Gunst der Fans – diesmal allerdings auf PC, PS4 und Sonys Mobilkonsole PlayStation Vita. Wichtigste Neuerung gleich vorab: Der charmante Pixel-Look der frühen 90er weicht im Remake einer knuffigen, deutlich zeitgemässeren 3D-Optik. Das mag zunächst befremdlich klingen, funktioniert in der Praxis jedoch erstaunlich gut, zumal die Entwickler die fixe Draufsicht des Originals beibehalten und lediglich in Zwischensequenzen mit neuen Kameraperspektiven arbeiten.
Die meisten Bossgegner sind mit der richtigen Strategie leicht zu knacken
Weiteres Remake-Schmankerl: Sämtliche Dialoge – vom nebensächlichen Smalltalk mit Ladenbesitzern bis hin zu wichtigen Gesprächen mit Quest-Gebern – sind erstmals komplett synchronisiert. Zugegeben, die englische Sprachausgabe hat hie und da kleine Durchhänger, insgesamt jedoch kann sich das Ergebnis durchaus hören lassen. Wer mag, darf natürlich auch zur japanischen Tonspur wechseln und zwischen einer Vielzahl von Untertitelsprachen wählen.
Kennern des Retro-Originals wird darüber hinaus auffallen, dass Square Enix den schon damals famosen Soundtrack komplett neu aufgenommen hat. Unvergessliche Stücke wie «Into the Thick of it» oder «Fear of the Heavens» erhalten so einen erfrischend neuen Twist. Sie würden gern wissen, wie das Original klingt? Kein Problem: Im Optionsmenü besteht die Möglichkeit, jederzeit zwischen der neuen und der nostalgischen Variante umzuschalten.

Der Retro-Charme bleibt

Spielerisch betrachtet, lässt das Entwicklerteam das Original nahezu komplett unangetastet. Kämpfe zum Beispiel finden wie damals in Echtzeit statt und erfordern es, den Kraftindikator des Helden genau im Blick zu behalten. Denn nur, wenn dieser 100 Prozent anzeigt, kann der Recke optimal zuschlagen und maximalen Schaden anrichten. 
Etwas komplexer wirds, sobald Randi auf die Unterstützung der 17-jährigen Prim sowie der Koboldin Popoi angewiesen ist. Die zwei Mädels schliessen sich bereits in den ersten beiden Spielstunden der Truppe an und werden in der Standard-Einstellung von der künstlichen Intelligenz gesteuert. Neu im Remake: Anders als im Original darf der Spieler nun das Angriffsverhalten seiner Mitstreiter detailliert konfigurieren, also zum Beispiel festlegen, dass bestimmte Figuren stets dasselbe Ziel angreifen oder ihre Attacken erst vollständig aufladen, bevor sie einem Widersacher eins überbraten.
Nach etwa zwei Spielstunden schliesst sich das Koboldmädchen Popoi der Gruppe an
Im Kern eine sehr gute Idee; leider lässt die Umsetzung in drei von zehn Fällen zu wünschen übrig. Beispielsweise kam es im Test vor, dass ein Bossgegner von Hindernissen umringt war und sich KI-Kollegin Prim daraufhin entschloss, ihn komplett zu ignorieren und schlichtweg an Ort und Stelle zu verharren – obwohl sie dem Boss in bestimmten Phasen des Kampfes Schaden hätte zufügen können. Vereinzelt liess sich zudem beobachten, wie die KI-Helfer trotz minimaler Lebensenergie wild drauflos stürmten und Sekunden später sofort ins Gras bissen. Speziell in solchen Momenten kann «Secret of Mana» schnell in Frust ausarten.
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Funkelndes Koop-Juwel, verbleibende Kinderkrankheiten ...

Funkelndes Koop-Juwel

Die gute Nachricht: Genau wie im Original steht auch hier ein klassischer Koop-Modus zur Verfügung. Einfach zwei weitere Controller anstöpseln und schon können Spieler aus Fleisch und Blut in die Rolle von Prim und Popoi schlüpfen. Am Ablauf der Geschichte ändert sich dadurch freilich nichts – Spass macht das Ganze in dieser Konstellation aber umso mehr, da man Taktiken nun absprechen und präzise in die Tat umsetzen kann. Schade nur, dass die Koop-Action lediglich offline funktioniert.
Zwei häufig genutzte Gegenstände lassen sich nun jeweils einer Kurzwahltaste zuordnen
Wiederum prima sind die zahlreichen neuen Komfortfunktionen. Den Anfang macht eine praktische Auto-Save-Funktion, die alle paar Minuten einen neuen Spielstand anlegt – ein Luxus, der uns zu Retro-Zeiten nicht vergönnt war. Gleiches gilt für die neuen Kurzwahlmanöver. Sie sind den oberen beiden Schultertasten des Controllers zugewiesen und können nach Belieben mit Gegenständen aus dem Inventar belegt werden. Wer also im Spiel schnell mal ein Bonbon zur Stärkung futtern möchte, muss sich nicht mehr umständlich durch verschiedene Menüstrukturen wühlen. Nicht unerwähnt sei ausserdem die brandneue, in Action-Abschnitten stets sichtbare Minikarte mit einer groben Übersicht der näheren Umgebung. 

Verbleibende Kinderkrankheiten

Keine Frage, Square Enix hat sich redlich Mühe gegeben, das Spiel einer neuen Generation schmackhaft zu machen. 100 Prozent konsequent sind die Japaner dabei allerdings nicht vorgegangen. Stattet man beispielsweise einem Händler einen Besuch ab, präsentiert dieser seine Ware weiterhin nur in Form kleiner Symbole samt kurzer Namensangabe. Weiterführende Erklärungen sind dabei aber genauso wenig vorgesehen, wie die Möglichkeit, die Statistiken verschiedener Rüstungsteile im Shop miteinander zu vergleichen. Gleiches müssen wir dem jederzeit abrufbaren Gegner-, Waffen- und Figurenlexikon bescheinigen. Auch dieses hält abseits unzähliger Objektnamen und hübscher 3D-Grafiken keine hilfreichen Zusatzinformationen bereit.
Das Angriffsverhalten jeder Spielfigur lässt sich nun zu einem gewissen Grad konfigurieren
Ebenfalls halbherzig: Wechselt die Spielfigur Kleidungsstücke wie beispielsweise den Kopfschmuck, hat dies zwar Auswirkungen auf die Rüstungswerte des Helden, nicht aber auf sein Aussehen. Eine Ausnahme bilden die drei DLC-Kostüme für Vorbesteller. Last but not least: Im Gegensatz zur Neuauflage von «The Secret of Monkey Island» oder der von «Halo: The Master Chief Collection» ist es hier nicht möglich, zwischen Retro-Look und überarbeiteter Darstellung zu wechseln. Ein Jammer, denn technisch wäre eine solche Funktion durchaus realisierbar gewesen. 

Fazit

Zugegeben: Die künstliche Intelligenz des Solo-Modus' könnte für heutige Verhältnisse cleverer agieren, die Balance des Schwierigkeitsgrads ist noch immer nicht das Gelbe vom Ei, die Menüführung lässt weiterhin Wünsche offen und auch die fehlende Möglichkeit, nahtlos zwischen 16-Bit-Retro-Look und 3D-Optik zu wechseln, stösst sauer auf. Davon abgesehen entfaltet jedoch auch das Remake im Handumdrehen die Faszination des Originals und entführt Spieler mit seiner unbeschwerten Erzählweise auf eine knapp 25-stündige Reise, die einem selbst nach Wochen und Monaten noch in wohliger Erinnerung bleibt.
Das gilt im Speziellen dann, wenn Sie sich Zeit nehmen und das Abenteuer in aller Ruhe gemeinsam mit zwei Familienmitgliedern oder Freunden im 3-Spieler-Koop-Modus erleben. Haben Sie derzeit keinen Zugriff auf einen halbwegs aktuellen PC, eine PS4 oder eine PS Vita, wollen «Secret of Mana» aber trotzdem kennenlernen? In diesem Fall empfehlen wir einen Blick auf die ca. 10 Franken teure, bereits vor einigen Jahren erschienene iOS- bzw. Android-Version. Grösster Wermutstropfen dort: Der Koop-Modus wird nicht unterstützt.

Testergebnis

Spielerisch sehr nah am Original, nette 3D-Grafik, erstmals englische Sprachausgabe, verschiedene neue Komfortfunktionen, 3-Spieler-Koop-Modus
KI mit Aussetzern, Schwierigkeitsgrad schwankt im späteren Spielverlauf stark, Umschalten zur 16-Bit-Optik ist nicht möglich

Details:  Action-Rollenspiel für PC, PS4 und PS Vita

Preis:  Fr. 45.–

Infos: 
www.secretofmanagame.com

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