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17.06.2015, 07:59 Uhr
BÜPF: Alles, was man vor der Abstimmung wissen muss
Am Mittwoch entscheidet der Nationalrat über das neue Gesetz für den Post- und Fernmeldeverkehr. Wir liefern Hintergründe, erläutern Positionen und wagen eine Prognose.
Im Rahmen der Sommersession stimmt das Parlament über zwei Gesetze ab, die einerseits die Arbeit von Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienst erleichtern sollen, andererseits aber einen Eingriff in die Privatsphäre bedeuten werden. Die Rede ist von der Revision des Bundesgesetztes zur Überwachung von Post- und Fernmeldeverkehr (BÜPF) und dem Nachrichtendienstgesetz. Letzteres wurde vergangene Woche im Ständerat behandelt und soll am Mittwoch zu Ende diskutiert werden. Das BÜPF kommt ebenfalls am Mittwoch zur Abstimmung, allerdings in der grossen Kammer. Auch wenn das Geschäft kaum abgeschlossen werde dürfte, fassen wir im Vorfeld die wichtigsten Fakten noch einmal zusammen:
- Abstimmung: 17. Juni 2015
- Behandelnder Rat: Nationalrat
- Im anderen Rat bereits angenommen? Ja (Mit 30 zu 2 Stimmen)
Darum gehts:
Das Bundesgesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkers (BÜPF) soll revidiert werden. In ihm wird festgehalten, wie effektiv die Strafverfolgungsbehörden im Technologiezeitalter agieren können. Folgende Änderungen sind geplant:
- Ausdehnung des Geltungsbereiches: Der Geltungsbereich des BÜPF soll erheblich ausgedehnt werden; auch Hosting-Provider, Betreiber von Chat-Foren oder Betreiber von firmen- oder sogar hausinternen Fernmeldenetzen sollen ihre Daten den Behörden zur Verfügung stellen, wenn Dritte den Dienst nutzen.
- Verlängerung der Vorratsdatenspeicherung: Die Telkos müssen heute die Daten ihrer Kunden 6 Monate aufbewahren und den Strafbehörden zur Verfügung stellen. In Zukunft soll die Aufbewahrungspflicht 12 Monate betragen.
- Legalisierung von Staatstrojaner: Die Strafverfolgungsbehörden sollen technische Überwachungsgeräte wie IMSI-Catcher und Government-Software (im Volksmund «Staatstrojaner» genannt) einsetzen dürfen. Bislang ist deren Einsatz eine rechtliche Grauzone.
Das sagen die Befürworter:
Die Bundesanwaltschaft braucht Grundlagen, dass die Staatsanwaltschaft im Rahmen eines Strafverfahrens den Einsatz von Staatstrojanern anordnen kann. Heute können sich Kriminelle mit Verschlüsselungen einer Überwachung entziehen. Mit dem Staatstrojaner wäre das nicht mehr möglich. Verschiedene Bestimmungen werden auch in Zukunft die Grundrechte Betroffener schützen. Die Verlängerung der Metadatenspeicherung ist nötig, um die Beweisführung zu verbessern. Immer wieder ist es zu Fällen gekommen, in denen 6 Monate nicht genügt haben. Eine Entschädigung brauchen die Telkos nicht, denn wie für Banken, die Unterlagen erheben, besteht auch für Personen, die eine Überwachung durchführen, eine Pflicht zur Edition, die vom Staat nicht zu entschädigen ist.
Das sagen die Gegner:
Das Missbrauchspotenzial von Staatstrojanern ist gewaltig. Das Einschleusen von Staatstrojanern Internet ist mit erheblichem technischem Aufwand verbunden, da Schutzmechanismen auf dem Zielgerät umgangen werden müssen. Gelingt es, die Software zu installieren, beeinträchtigt deren Betrieb die Sicherheit des Systems und stellt daher die Integrität der potenziellen Beweise infrage. Die Staatstrojaner können auch bei relativ leichten Delikten wie Diebstahl angewandt werden, was Unsinn ist. Es ist nicht bewiesen, dass das Speichern von Metadaten überhaupt einen Erfolg bringt. Eine Verlängerung der Aufbewahrungsfrist macht aus diesem Grund keinen Sinn. Dass Gastronomiebetriebe und andere diese Daten speichern müssen, übersteigt deren finanzielle und strukturelle Möglichkeiten. Auch Unschuldige kommen bei solchen Datenspeicherungen zu Schaden. Die Telkos müssen für ihre Aufwendungen entschädigt werden.
Das meint PCtipp:
Es ist unbestritten, dass das Gesetz angepasst werden muss. Das bestehende wurde von der Zeit eingeholt. Dazu gehört es auch, Staatstrojaner einzusetzen, sofern diese Fälle klar dokumentiert werden. Im Gegensatz zum Geheimdienstgesetz sollte beim BÜPF die Kontrolle über die Nutzung der neuen Möglichkeiten wesentlich transparenter sein. Dass Metadaten gespeichert werden, scheint allerdings erst dann sinnvoll, wenn bewiesen ist, dass sie zur Ergreifung von Verbrechern genutzt werden können. Bislang blieben die Befürworter diesen Beweis schuldig. Eine Verlängerung auf 12 Monate macht keinen Sinn, weil eine Studie zeigt, dass die meisten Verbrechen in den ersten Tagen aufgeklärt werden. Das Gesetz als solches wird mit deutlicher Mehrheit im Nationalrat durchkommen. Doch während beim NDB-Gesetz der Ständerat die Entscheide des Nationalrats etwas abgeschwächt hat, wird es beim BÜPF umgekehrt sein. Besonders die Anforderungen an die Staatstrojaner dürften erhöht und ihr Einsatz auf schwere Straftaten beschränkt werden. Die Verlängerung der Metadatenspeicherung dürfte mit einigen Gegenstimmen angenommen werden, am knappsten dürfte die Entschädigung der Telkos ausfallen. Dieser Punkt ist eigentlich der unwichtigste in der ganzen Abstimmung, aber weil es um Geld geht, wurden unglücklicherweise dennoch sehr viel Energie darauf konzentriert.
Autor(in)
Fabian
Vogt
20.06.2015