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03.03.2010, 10:13 Uhr
Deutsche Vorratsdatenspeicherung gekippt
Das Bundesverfassungsgericht in Deutschland hat das Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung gekippt. Filesharer sind damit aber nicht automatisch auf der sicheren Seite.
Neu müssen die Provider sich nicht mehr um eine Massenspeicherung der anfallenden Kommunikationsdaten bemühen. Gemäss Gerichtsurteil verstösst diese nämlich gegen das Fernmeldegeheimnis. Die Provider müssen bislang gespeicherte Daten jetzt ersatzlos löschen. Die betroffenen Provider fordern nun eine Entschädigung für die Investitionskosten.
Gemäss Rechtsanwalt Christian Solmecke, Spezialist in Sachen Internetrecht, fragen sich viele Filesharer mit Tauschbörsenvergangenheit, ob die Aufhebung der Provider-Pflicht für sie ein Vorteil ist. Sie sind nämlich der Meinung, dass die Anwälte der Medienkonzerne nun aus Mangel an Beweisen keine rechtliche Handhabe mehr gegen etwaige von ihnen verübte Copyright-Verstösse haben, da die entsprechenden Protokolldaten gelöscht werden müssen. Hinzu kommt, dass viele Filesharer meinen, dass eine ihnen bereits zugestellte Abmahnung nun sofort ihre Grundlage verliert, da die Anwälte die von den Providern herausgegebenen Daten nicht mehr nutzen dürfen.
Der Anwalt kann bei all diesen Fragen nur eine Antwort geben: Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Alle ausgesprochenen Abmahnungen behalten ihre Gültigkeit. Und auch in Zukunft werden wahrscheinlich viele Zigtausend Abmahnungen neu ausgesprochen.
Fakt ist: In den Tauschbörsenverfahren spielte die Vorratsdatenspeicherung auch bislang schon keine Rolle. Das Verfassungsgericht hatte bereits 2008 in einer Eilentscheidung geurteilt, dass die Vorratsdaten nur zur Verfolgung schwerer Straftaten verwendet werden dürfen. Seitdem ist klar, dass diese Daten gerade nicht im Rahmen von Urheberrechtsverletzungen herausgegeben werden dürfen.
Vielmehr ist es so, dass sich die Medienindustrie aus einem völlig anderen «Daten-Pool» bedient, um Anwender aufgrund einer protokollierten IP-Adresse zu identifizieren. Die Daten, die derzeit von den Providern zur Verfolgung der Filesharer herausgegeben werden, dienen nicht der Vorratsdatenspeicherung, sondern rein abrechnungstechnischen Zwecken. Es handelt sich also um Daten, welche die Provider nutzen, um z. B. Rechnungen zu schreiben oder um Fehlerprotokolle zu erstellen. Selbst wenn die Dateninhalte (IP-Adresse, Uhrzeit, Dauer der Session) identisch sind, so besteht ein grosser Unterschied zwischen den Daten zu Abrechnungszwecken und den Vorratsdaten. Rein physikalisch mussten diese beiden Datenbestände auf unterschiedlichen Festplatten bzw. in separaten Ordnern gespeichert werden. Anders als die Vorratsdaten dürfen die Abrechnungsdaten in der Regel nicht länger als sieben Tage vorgehalten werden.
Christian Solmecke hat das «Handbuch-Filesharing» (basierend auf deutschem Recht, 74 Seiten, kostenlos) ins Netz gestellt. Es erklärt, was Tauschbörsen sind, wie eine Abmanung aufgebaut ist, wie es dazu kommt und was danach passiert.
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