Oft gelesen und geteilt 24.11.2010, 10:19 Uhr

Special: Alles, was für Firefox 4 spricht

Vieles spricht für den neuen Firefox 4: sein neuer Look, die Grafikkartenbeschleunigung und die neue Engine. In diesem Artikel finden Sie alle Details.
In den jüngsten Browserbenchmarks muss sich Firefox immer öfter der Konkurrenz geschlagen geben. Immer wieder liegen Chrome und Opera deutlich vorne. Nur der Internet Explorer ist noch langsamer als der Mozilla-Browser. Eine neue JavaScript-Engine soll die Geschwindigkeitskrone nun zurückerobern: Jägermonkey.
Um die Funktion von Jägermonkey zu verstehen, werfen wir einen Blick zurück auf Firefox 3.5. Ab dieser Version beschleunigt Mozilla die bestehende JavaScript-Engine Spidermonkey mit dem neuen Tracemonkey.
Jägermonkey (Bild: David Mandelin)
JavaScript-Compiler übersetzen normalerweise Methoden genannte objektorientierte Code-Einheiten in die Zielsprache – eine nach der anderen. Bei Spidermonkey geht vor allem dann viel Zeit verloren, wenn der Interpreter jedes Mal den Code-Typ herausfinden muss, um dann den passenden Schritt einzuleiten (links im Bild, orange). Tracemonkey geht deshalb anders vor und sucht, vereinfacht gesagt, bereits vorab per Interpreter nach typgleichen Code-Bausteinen. Die Funde werden dann zum Kompilieren in Traces gegliedert (Englisch für Spuren). Das spart viel Zeit (ganz rechts im Bild).
Tracing lohnt sich aber nicht, wenn:
• Programme zu viele Pfade haben. Da die Analyse zu viel Speicher benötigen würde, stoppt Tracemonkey nach einer bestimmten Pfad-Zahl und übergibt an Spidermonkey.
• die Code-Typen zu bunt zusammengewürfelt sind. Ähnlich wie bei zu vielen Pfaden steht der Sortieraufwand dann nicht mehr im Verhältnis zum Nutzen.
• die Typisierung durch Codeschnipsel erschwert wird, die zu viele Möglichkeiten offen lassen.
Die Mozilla-Entwickler vergleichen Tracemonkey deshalb mit einem Raketentriebwerk: Es sei zwar sehr schnell, kann aber nicht die ganze Zeit laufen. Weil die Tracemonkey-Schübe kürzer als erwartet ausfallen, fällt Firefox insgesamt gesehen in Benchmarks so weit zurück. Hier kommt Jägermonkey ins Spiel.
Das neue Jägermonkey schraubt an der Engine-Basis – dem Motor, der einspringt, wenn der Raketenbetrieb ausfällt. So verzichtet Mozilla für Jägermonkey bewusst auf den in Tracemonkey verwendeten Compiler Nanojit. Stattdessen greifen die Jägermonkey-Entwickler zu Nitro. Nitro ist in C++ geschriebene Open-Source-Software von Apple. Erste Tests mit Jägermonkey beschleunigten den Browser um 18 % dank Nitro. Tracemonkey ist aber keinesfalls gestorben, sondern in Jägermonkey integriert.
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Als weitere Neuerung fügt Mozilla Hardware-Beschleunigung ...

Grafikkartentest
Als weitere Neuerung fügt Mozilla Hardware-Beschleunigung hinzu – ganz ohne Plug-Ins unterstützt nun die Grafikkarte das Laden von 3D-Grafiken. Auf Windows-Rechnern (ab XP) funktioniert das über die DirectX-Schnittstelle, bei Mac OS X über das plattformunabhängige OpenGL. Webentwickler können 3D-Grafiken mit dem auf ObenGL basierenden WebGL erstellen. WebGL benötigt dringend eine OpenGL-fähige Grafikkarte. An der Linux-Unterstützung wird bei Mozilla derzeit noch geschraubt.
Aber nicht jede Grafikkarte wird von Firefox 4 unterstützt. Über die aktuelle Beta-Version des Browsers finden Sie heraus, ob Ihre Grafikkarte dabei ist: Tippen Sie about:support in die Adresszeile der Firefox-4-Beta. Steht hinter GPU Accelerated Windows ein 1/1 wird die Karte unterstützt. Bei 0/1 haben Sie Pech gehabt. Die Firefox-Entwickler versprechen, die Grafikkartenunterstützung auszubauen – speziell Intel-Karten stünden derzeit hoch oben auf der Liste.
Auf einer Demo-Seite können Sie Ihren Browser einem Hardware-Beschleunigungs-Stresstest unterziehen. Das Ergebnis erhalten Sie in FPS – also Frames Per Second. FPS geben die Bildfrequenz an: Wie viele Einzelbilder laufen pro Sekunde? Fernseh- und Kinobilder laufen mit 24 FPS, liegt Ihr Wert deutlich darunter, ruckelt die Darstellung.
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die neue Oberfläche

Doch nicht nur unter der Haube tut sich etwas. Die neue Kopf-Leiste ist schlanker als zuvor. So sind beispielsweise die Seiten-Tabs bei Firefox 4 – der Screenshot vergleicht die aktuelle Beta mit 3.6.12 – übersichtlicher. Es lässt sich schneller erkennen, welcher Tab gerade aktiv ist.
Firefox 4 Tabs
Wer eine bereits geöffnete Webadresse im neuen Tab eintippt, kann per Wechseln zum Tab blitzschnell zum relevanten Tab springen. Dabei geht kein neuer Tab auf, was der Übersicht sehr dienlich ist. Weitere Neuerung: App Tabs sind die Icons häufig besuchter Webseiten, die Sie in Firefox 3.6.12 noch unter der Adressleiste anbringen können. Ab Version 4 landen diese Tabs links neben der Adressleiste. Dadurch schrumpft die Adress-Zeile, die Webseite erhält aber mehr Platz.
Firefox 4 Button
Der neue Firefox-Button oben links ist die wohl auffälligste Neuerung des Mozilla-Browsers. Er vereint die alten Menüpunkte Datei, Bearbeiten, Ansicht, Chronik, Lesezeichen, Extras und Hilfe, ordnet sie aber gleichzeitig neu aufgeräumt an. So ist beispielsweise die Private-Browsing-Funktion deutlich schneller zu erreichen. Das Design erinnert dabei stark an Opera.
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verbesserte Schrift- und HTML-Unterstützung

OpenType eröffnet neue Möglichkeiten Bild: John Daggett
Die OpenType-Unterstützung eröffnet Webdesignern in Firefox 4 neue Möglichkeiten. OpenType ist anders als das ebenfalls verbreitete TrueType plattformübergreifend, etwas platzsparender und anders als traditionelle PostScript-Schriften nicht auf 256 adressierbare Zeichen pro Schrift limitiert.
Firefox 4 gibt Webdesignern die Möglichkeit, OpenType-Schriften mit der Stylesheetsprache CSS 3 stark zu variieren. So können sich Webseiten optisch von anderen abheben, indem sie beispielsweise stilistische oder historische Alternativen von ausgewählten Buchstaben verwenden. OpenType unterstützt beispielsweise auch Prozent-Schrägstriche, wie sie in Rezepten häufig zu finden, sind oder Bruchstriche.
Derzeit werden E-Mails in Formularen meist per JavaScript auf Gültigkeit geprüft. Auch ob zwei Passwörter übereinstimmen oder nicht, prüft normalerweise ein JavaScript-Code. In Firefox 4 haben Sie die Möglichkeit, HTML 5 dafür einzusetzen. Das erspart dem Programmierer das Schreiben von eigenem JavaScript-Code oder Suchen und Einbinden einer bestehenden Library. Ausserdem unterstützt Firefox 4 neue Audio-HTML5-Tags.
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weitere neue Features und das Fazit

Für Firefox 4 versprechen die Mozilla-Entwickler eine ganze Reihe weiterer neuer Funktionen.
Firefox 4 ...
• unterstützt das offene HD-Video-Format WebM.
• fügt Multitouch-Unterstützung für Windows 7 hinzu.
• unterstützt SVG-Bilder.
• stürzt nicht mehr ab, wenn Flash-, QuickTime- oder Silverlight-Plug-Ins abstürzen. Stattdessen können jetzt auch Mac-User das Plug-In einfach neu starten.
• kann Webseiten automatisch zur Verschlüsselung via HTTPS zwingen, sofern die Option vorhanden ist. Erst vor Kurzem hat ein Firefox-Add-On weltweit für Schlagzeilen gesorgt, da es nichtverschlüsselte Daten abfangen und so etwa fremde Mails lesen kann.
• Add-Ons sollen endlich ohne Neustart des Browsers installierbar sein. Viele User waren von den ständigen Neustarts genervt .
Fazit: Ob Jägermonkey die Geschwindigkeitskrone für Firefox 4 zurückholt, darf bezweifelt werden. Schliesslich schläft die Konkurrenz nicht und bastelt ebenfalls an neuen Browserversionen. Die 18 % mehr aus den ersten Tests würden definitiv nicht für einen ersten Platz reichen. Für Mozilla wäre es jedoch schon ein grosser Gewinn, wenn Firefox 4 den Abstand zu Chrome und Opera spürbar schrumpfen könnte. Denn abseits von Schnelligkeit gibt es auch noch andere wichtige Features, die einen Browser ausmachen. Und mit dem Kampf gegen Abstürze und Neustarts geht Mozilla auf jeden Fall den richtigen Weg. Nur Speed-Nerds und eingefleischte Opera-Fans lassen die Firefox-4-Verbesserungen kalt.
Dieser Artikel wurde von unserem PC-Welt-Kollegen Benjamin Schischka verfasst.



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