Schuss ins Knie oder cleveres Kalkül? 25.09.2023, 09:20 Uhr

Gedruckter Media-Markt-Flyer ohne Preisangaben

Der aktuelle Media-Markt-Flyer «Mega Deals» bringt ein Novum mit sich. Der Händler hat seinen gedruckten Werbeprospekt mit Produkten ohne Preisangabe veröffentlicht. Ergibt ein solcher Flyer überhaupt Sinn?
(Quelle: Media Markt)
Bilder und Produktbeschrieb sind vorhanden. Media Markt verzichtet aber darauf, die beworbenen Produkte auch mit einem Preisschild zu versehen. Stattdessen gibt es neben dem Produkt und kurzen Beschrieb neu einen QR-Code. Interessierte können diesen mit einer auf ihrem Smartphone/Tablet installierten QR-Code-App abscannen und landen danach auf der Produktseite von Media Markt. Hier gibts dann auch eine detailliertere Beschreibung sowie die Preisangabe.

Warum das ganze Brimborium?

Die Gretchenfrage: Was bringt eigentlich ein gedruckter Flyer, mit aktuellen Produkten, aber ohne auch nur eine einzige Angabe eines Verkaufspreises? Will man denn die Kunden im Ungewissen lassen und nichts mehr verkaufen? Wir kommen zu dem Schluss, dass sich die Frage nicht ganz so leicht beantworten lässt.
Media Markt verzichtet auf Preisangaben, zeigt dafür einen QR-Code zum Abscannen
Quelle: Media Markt
PCtipp hat sich in der Branche umgehört. Wir haben verschiedene Hersteller damit «ganz frisch» auf der Brack-Messe Connect in Zürich Oerlikon konfrontiert. Viele dort angetroffene Hersteller, die in diesem Flyer mit Produkten inserieren, sind überrascht von dem Media-Markt-Manöver, und haben im ersten Moment nicht so recht gewusst, wie sie das Ganze einschätzen sollen. Ein «Lager» hat sich gefragt: «Wollen die denn nichts mehr verkaufen?». Andere gaben «Daily pricing» (also die Möglichkeit, Produktpreise täglich zu ändern) als Antwort. Diese stellten aber dann auch gleich die Folgefrage, ob sich das Ganze aus Sicht des Kunden bezahlt macht, oder ob «der Schuss da nicht nach hinten losgeht», und das schnell für grosse Verärgerung sorgen kann. Man denke nur daran, dass Anwender, die sich für ein bestimmtes Produkt interessieren, am nächsten Tag erfahren, dass das gleiche Produkt nunmehr um 10 oder 20 Franken teurer geworden ist …
Und drittens hat der eine oder andere Aussteller stark bezweifelt, ob die Anwender dieses Spielchen überhaupt mitmachen. Und wenn ja, wie lange. Man stelle sich vor, Nutzer scannen den ersten, den zweiten, vielleicht auch noch einen dritten QR-Code. Dann könnte es aber bestimmt auch dem einen oder anderen reichen. Und der klappt den Flyer dann vielleicht sogar für immer zu.

Media-Markt-Manöver: das steckt dahinter

Es steckt viel mehr dahinter: Wir haben nachgefasst, über «Umwege» und inkognito Media Markt kontaktiert, und gefragt, ob das Ganze vielleicht doch ein Druckfehler ist. Hier die Antwort eines Mitarbeiters: «Nein, wir haben bewusst auf die Preisangabe verzichtet. Wir sehen das als eine Art Versuchsballon. Wir haben keine Ahnung, wie gut das bei unseren Kunden ankommt».
Wir denken mal in die Richtung mit, und glauben schon auch, dass Media Markt wissen will, welche Produkte per QR-Code angeschaut werden, und welche eben nicht. Das ist aber nicht alles. Längst nicht.
Alles auf online: auf der Media-Markt-Webseite sind die Preise selbstverständlich direkt einsehbar
Quelle: Media Markt
Vielmehr gehen wir davon aus, dass sich das ganze Geschäft von Media Markt, das bisher eher zweigeteilt verläuft und so auch aufgestellt ist, nämlich als Ladengeschäft und Online, sich zukünftig in Richtung Webshop beschleunigt. Den Takt gibt, zumindest aus Sicht des Detailhändlers, «Online» vor. Und klar: Orientiert man sich an der erfolgreicheren Konkurrenz, namentlich Digitec/Galaxus und Brack.ch, wird das Defizit von Media Markt hier durchaus deutlich.

Aufbau im Stillen

Daneben hat PCtipp erfahren, dass Media Markt Schweiz vor Kurzem Digitec-Mitarbeiter (im zweistelligen Bereich) abgeworben hat, und diese nun für die Schweizer Niederlassung des deutschen Detailhändlers arbeiten. Von dort ist zu hören, dass «man unbedingt den Erfolg will. Es werden neue Dinge ausprobiert. Es gibt keine Tabus», hat uns eine mit der Sache vertraute Person erklärt.
Unsere erste Einschätzung: Der Detailhändler will seinem bis dato eher mittelprächtig laufenden Online-Geschäft auf die Sprünge helfen. Klar sein dürfte aber auch, dass diese Neupositionierung den Konzern eine Stange Geld kostet. Ihr Ausgang? Ungewiss! Das scheint aber Media Markt auch in Kauf nehmen zu wollen. Mutig ist der Schritt auf jeden Fall, ob er allerdings in dieser (doch «radikalen») Form zum gewünschten Erfolg führen wird, bleibt sicherlich abzuwarten. Wir bleiben auf jeden Fall am Ball, werden beobachten und weiter berichten.



Kommentare
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cooltiger
25.09.2023
Also für mich ist klar, wenn ich nur über Umwege zu einer Preisinformation komme, dann werde ich diese Firma meiden. Zudem: Wie verhält es sich dann auf Toppreise.ch? Schätze mal, dass wer dort nicht gelistet ist, kaum auf zusätzliche Umsätze hoffen kann. Fazit: Ein Marketing Gag, der Geld kostet und nichts bringen wird.

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Gaby Salvisberg
25.09.2023
Wenn ich es richtig verstanden habe: Online sind die Preise verfügbar. Sie stehen nur nicht auf dem gedruckten Flyer. Insofern dürfte dies aufs Toppreise-Listing keinen bis wenig Einfluss haben.

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chnulleri1
25.09.2023
So ein Quatsch! Für mich war klar, dass sehr schlecht einen Preisvergleich machen kann, wenn ich jeden einzelnen Preis scannen muss. Nach dem ersten Scan ist der Prospekt im Altpapier gelandet. So einen Prospekt will ich in Zukunft nicht einmal mehr entsorgen müssen!

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CoBrun
25.09.2023
Sehe das genauso - entweder offline mit allen Angaben oder dann halt nur noch online. Offline ohne Angaben ist uninteressant, da ich da in diesem Fall immer ein Gerät dabei haben müsste, um die Codes zu lesen, was nicht der Fall ist.

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kajano
25.09.2023
Als ich diesen Quatsch festgestellt hatte, habe ich den Prospekt ohne weiterzublättern direkt ins Altpapier entsorgt. Da hat so ein "Topmanager" wieder mal eine super Idee gehabt, um die Kunden zu vergraulen...

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Nuclear Submarine
25.09.2023
Dieser Flyer ist bei uns letzte Woche reingeflattert. Mit sicher fast einem halben Dutzend gleichartiger von der Konkurrenz. Als Kunde interessieren mich: Die Spezifikation der Ware, die Lieferbedingungen und der Preis. Ob etwas Interessantes in einem Flyer ist, kann man in 15-30 Sekunden "scannen". Geht halt leider bei dem gewählten Vorgehen von Media Markt nicht. Media Markt ist bei mir draussen. Für dumm verkaufen kann ich mich selber und soooooo attraktiv ist Media Markt nicht, war es nie und so wird das nichts.

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samy_k
25.09.2023
Zuerst dachte ich, dass die fehlenden Preisangaben nur auf der Frontseite durch qr-Codes ersetzt wurden. Das war aber nicht so. Folge: Prospekt landete ungelesen im Altpapier und das bleibt auch so, auch wenn andere Anbieter diese Super-Idee kopieren. Erfolg für Media Markt: Minus ein Kunde ;-)

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sansibarius69
27.09.2023
Auf den ersten Blick neu, ungewohnt und unsinnig. Aber vielleicht steckt ja mehr dahinter. Die QR-Codes könnten regional unterschiedlich, was sich sehr gut zu Analysen eignet. Targeting, dynamic pricing, individuelles pricing, verschiedene landing pages, etc. Möglicherweise auch nur ein Test-Ballon im ganzen Marketing-Mix. MediaMarkt/Saturn/Metro bringen wenigstens mal frischen Wind rein.

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Tweety
27.09.2023
Auf den ersten Blick neu, ungewohnt und unsinnig. Aber vielleicht steckt ja mehr dahinter. Die QR-Codes könnten regional unterschiedlich, was sich sehr gut zu Analysen eignet. Targeting, dynamic pricing, individuelles pricing, verschiedene landing pages, etc. Möglicherweise auch nur ein Test-Ballon im ganzen Marketing-Mix. MediaMarkt/Saturn/Metro bringen wenigstens mal frischen Wind rein. Mag ja alles stimmen! Nur, wenn fast niemand diese Codes scannt nützt das auch nichts. Die könnten ganz einfach einfach Flyer mit der Webadresse machen - käme aufs gleiche Raus :-D

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gucky62
27.09.2023
Für ein Prospekt ist das ziemlich unsinnig. Wenn ich online nachschauen muss, dann ist das schlichtweg völlig unnötige Papierverschwendung. Ich vermute mal hier geht es auch um Profil-Bildung der Kunden und der Erfassung, welche Produkte eben für die Zielkundschaft interessant sein könnten. Da dürften mal wieder Marketing Supermänner am Werk sein, die nicht mal im Ansatz gewissen Grundsätze verstanden haben. Man muss den Kunden ja überzeugen das Er jeden Schrott kauft. Fazit: Der Schuss dürfte im CH Markt komplett schiefgehen. Da scheinen einige Marketinger die CH Mentalitäten nicht zu verstehen. Gruss Daniel