News 23.11.2011, 15:05 Uhr

Bundesrat will Staatstrojaner erlauben

Wie der Bundesrat an seiner Sitzung beschlossen hat, sollen Strafverfolgungsbehörden den «Staatstrojaner» einsetzen können. Der Einsatz soll sich aber auf Telefon und E-Mail beschränken.
Nach der «Affäre» um den Einsatz eines Staatstrojaners in der Schweiz, hat der Bundesrat nun gehandelt. Im Oktober dieses Jahr ist nach der Aufdeckung des Bundestrojaners durch den Chaos Computer Club (CCC) in Deutschland bekannt geworden, dass das Programm einer deutschen Firma auch in der Schweiz eingesetzt wurde. Dieses Vorgehen erntete bei Juristen wie auch IT-Experten Kritik, da der Einsatz nach geltendem Recht nicht explizit geklärt ist und ein Trojaner im Prinzip Beweismittel fälschen könnte, da er Veränderungen am System vornimmt.
Einsatz auf Internettelefonie und E-Mail beschränkt
Jetzt will der Bundesrat den Einsatz von Trojaner-Software klären, wie in einer Medienmitteilung vom EJPD steht. Weiter wird präzisiert, dass der Einsatz auf Internettelefonie und E-Mail-Überwachung beschränkt sein wird. Nicht erlaubt wäre der Einsatz auf Computern. Der Bundesrat argumentiert, dass sich die verschlüsselte Kommunikation von Tatverdächtigen nur mit solcher Software überwachen lassen liesse. Der Einsatz muss von einem Richter genehmigt werden und ist nur bei bestimmten Delikten erlaubt, bei denen auch verdeckte Ermittlung zulässig ist. Dieser Richtungsentscheid soll in die neue Botschaft zum Bundesgesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs einfliessen (BÜPF).
Doch was ist eigentlich der Status Quo? Patrick Rohner, Sprecher des EJPD, sagt dazu, dass es im Ermessen der jeweiligen Zwangsmassnahmenbehörden der Kantone, bzw. dem Bundestrafgericht liege, den Einsatz des Trojaners aufgrund des Art. 286 Abs. 2 der Strafprozessordnung zu bewilligen. Er merkt jedoch an, dass die Situation unbefriedigend ist, da die rechtliche Grundlage doch schwammig sei und die Richter demzufolge nach eigenem Ermessen den Einsatz bewilligen können. Aus diesem Grund soll der Einsatz nun sauber im neuen Gesetz geregelt werden.
VÜPF-Revision schränkt Geltungsbereich ein
Gleichzeitig hat der Bundesrat die neue Verordnung über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (VÜPF) präzisiert, die per 1. Januar 2012 in Kraft tritt. In der neuen Verordnung wird unter anderem geklärt, welche Daten die Fernmeldedienstanbieter den Strafverfolgungsbehörden auf Anordnung liefern müssen. Gleichzeitig werden mit der revidierten VÜPF nicht mehr alle Internetanbieter, sondern nur noch Internetzugangsanbieter in die Pflicht genommen. Reine Anbieter z.B. von Chat-, Blog- oder Community-Diensten sowie private Betreiber von Haus-, Firmen- oder anderen privaten Netzen wie zum Beispiel WLAN, WIFI in Bahnhöfen, Flughäfen, Restaurants oder Hotels müssen keine Überwachungen ausführen.

Autor(in) Marcel Hauri



Kommentare
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coceira
23.11.2011
Weiter wird präzisiert, dass der Einsatz auf Internet-Telefonie und E-Mail-Überwachung beschränkt sein wird. Nicht erlaubt wäre der Einsatz auf Computern. dann ist ja alles bestens, oder wollen die "mein" phone gateway oder "meinen" mailserver (+-3500) user als pc bezeichnen und auch vertrojanern. :confused: Die frage bleibt was ist ein Computer - a.) schreibfehler der redaktion b.) alles was nicht portabel ist (griffe an die pc´s schrauben !) c.) wird vom bundesrat nach anhoerung einer expertenrunde definiert d.) ist eh egal, dem personal fehlt das noetige fachwissen um das ding in einsatz zu bringen ps. und nach erfolgtem z.b. auch erfolglosem einsatz wird der ueberwachte selbstverstaendlich informiert, damit die software entfernt werden kann. .....uebrigens einer meiner kühe kann unheimlich gut klavierspielen andere kühe wiederum haben eher muehe damit.

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marcovolt
23.11.2011
Sorry aber 1. wer nutz im Jahr 2011 noch den Adobe Reader? Es gibt sehr schlanke Freeware PDF Reader welche genau das gleich können aber weniger Sicherheitslücken haben 2. Von wo sollen die meine E-Mail Adresse wissen ;-) 3. PDFs von unbekannten leuten werden bestimmt nicht geöffnet... @coceira: Ich denke kaum das du auf dem Mailserver irgendwelche Dateien öffnest welche du nicht vorgängig auf einem anderen System getestet hast.

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Jürgen N.
24.11.2011
Nicht erlaubt wäre der Einsatz auf Computern. Bin ich froh, dass ich nur auf meine Waschmaschine aufpassen muss...

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skyzem
25.11.2011
Mit der du diesen Beitrag geschrieben hast :D

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ueberschall
25.11.2011
Wird ein Bundestrojaner nicht von einem Antivirus aus der Privatwirtschaft rausgeworfen? Oder ist das als Hinderung einer Amtshandlung strafbar?

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exro
25.11.2011
Nun die AV Hersteller weigern sich bisher für den "Bundestrojaner" oder andere staatliche Viren, Würmer etc., eine Ausnahme zu machen. Würde also vom AV gelöscht/in Quarantäne verschoben werden. (Behaupten die AV-Hersteller zumindest...) Tatsache ist aber auch, dass der deutsche Bundestrojaner erst in den Datenbanken der AV-Hersteller auftauchte, als er vom CCC publiziert wurde. (Hängt natürlich mit dem seltenen Auftauchen des Bundestrojaners zusammen, so fällt er den AV-Herstellern eben kaum auf und wird ergo kaum wirklich erfasst, erkannt und gelöscht werden.) Einige der AV-Hersteller behaupten nun aber, dass der Bundestrojaner aufgrund seiner Aktivitäten auf einem infizierten System sicher aufgefallen und gelöscht/in Quarantäne verschoben worden wäre. (Behaupten kann man vieles, solange der Tag lange ist...) :rolleyes: Kurz: Eine AV Software würde den „Bundestrojaner“ löschen, sofern sie diesen auf der Platte als „Schädling“ erkennen würde. ;)

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starfish
15.02.2013
dem Staat ist nicht zu trauen dass der Staat sich über das Gesetz hinwegsetzt, hat er in der Vergangenheit mehrfach bewiesen - siehe Fichenaffäre, die meines Erachtens nach wie vor nicht aufgearbeitet ist. Auch damals wurden unbescholtene Bürger fichiert mit all den vitalen Nebenwirkungen für die Betroffenen. Genauso wird es mit der angedachten elektronischen Ueberwachung sein, ein Aufdecken von illegalen Aktionen (des Staates notabene) wird auch hier fast unmöglich sein.