News 30.04.2013, 15:45 Uhr

Die Ablösung der SMS ist unumgänglich

Bereits werden mehr Nachrichten über Messenger wie WhatsApp als über traditionelle SMS verschickt - Tendenz steigend. Den Mobilfunkanbietern passt das nicht. Doch sie haben einen Plan.
Im vergangenen Jahr wurden mehr Textnachrichten über IP-basierte Dienste wie WhatsApp verschickt, als via SMS: Durchschnittlich 19,1 Milliarden Chat-Nachrichten stehen 17,6 Milliarden SMS pro Tag gegenüber, wie die Analysten von Informa Telecoms & Media in einer aktuellen Studie schreiben. Und diese Entwicklung wird nicht abreissen. Die Analysten schätzen, dass Ende 2013 jeden Tag bereits 41 Milliarden Nachrichten über WhatsApp und Co. verschickt werden - nichtsdestotrotz wird auch für die Zahl der SMS-Nachrichten eine weitere Zunahme auf 19,5 Milliarden erwartet.
Die SMS werde so bald auch nicht aussterben, glauben die Studienurheber. Denn im Gegensatz zu den SMS sind Chat-Communities immer geschlossene Systeme: Man kann jemandem auf WhatsApp nur schreiben, wenn dieser den Dienst auch selbst nutzt. Das gleiche gilt für andere Messenger wie Apples iMessage, den BlackBerry Messenger oder Skype. Ausserdem nutzen global immer noch deutlich mehr Menschen SMS als IP-basierte Dienste. Laut Informa haben im Jahr 2012 rund 3,5 Milliarden Menschen SMSs verschickt, demgegenüber stehen lediglich 586 Millionen Nutzer von mobilen Messengern. Doch Letztere schreiben wesentlich fleissiger: Durchschnittlich 32,6 Chat-Nachrichten pro Tag und Nutzer stehen lediglich 5 SMS gegenüber.
SMS-Nachfolger Joyn nimmt langsam Fahrt auf
Die Joyn-App für iOS
Auch wenn uns die SMS also noch lange erhalten bleiben dürften, sieht sich die Telekombranche durch die jüngsten Entwicklungen doch vor Herausforderungen gestellt. In einzelnen Märkten mussten die Anbieter in den letzten Jahren dramatische Umsatzeinbussen im SMS-Geschäft hinnehmen, wie Informa schreibt. Längst beschäftigen sich die Telkos daher mit Alternativen. Eine solche Alternative, die von zahlreichen Providern und Mobiltelefonherstellern weltweit unterstützt wird, ist Joyn. Von den Anbietern wird Joyn als Nachfolger der SMS gehandelt. Der im vergangenen Jahr ins Leben gerufene Dienst ermöglicht ähnlich wie WhatsApp nicht nur das Verschicken von Textnachrichten, sondern auch von Bildern und Dateien. Selbst Videoanrufe über die Smartphone-Kameras sind damit möglich.
Joyn ist bereits vereinzelt auf neuen Handys von diversen Herstellern vorinstalliert, ausserdem stehen Apps für Android und iOS zum Download bereit. Allerdings muss der eigene Mobilfunkanbieter Joyn unterstützen, damit der Dienst funktioniert. In Deutschland wird Joyn bereits durch die Telekom und Vodafone unterstützt, in der Schweiz setzt aber bislang noch kein Anbieter auf den neuen Standard.
Die drei grossen Anbieter Swisscom, Sunrise und Orange evaluieren derzeit in einer Arbeitsgruppe die technischen Aspekte von sogenannten Rich Communications Services (RCS), zu denen Joyn zählt. Dies bestätigte Orange auf Anfrage. Bei Swisscom hiess es bereits Anfang 2012, dass man Joyn derzeit prüfe.
Es geht um Geld
Letztendlich wollen die Mobilfunkanbieter natürlich Joyn zu Geld machen. Die Deutsche Telekom offeriert den Dienst bis zum 31. August allen Vertragskunden kostenlos. Ab dann gilt: Alle Kunden mit einer Daten-Flatrate oder einer SMS-Flatrate können den Chat sowie die Funktion zum Dateien austauschen weiterhin kostenlos nutzen. Videoanrufe über Joyn sind nur für Kunden mit einer Telefonie-Flatrate kostenlos.
Weiter gilt: Die Nutzung von Joyn über WLAN wird zunächst befristet bis zum 31. Dezember kostenlos sein. Grundsätzlich haben die Provider natürlich kein Interesse daran, dass die Leute den Dienst via WLAN nutzen, denn daran verdienen sie nichts.



Kommentare
Avatar
Jaqueline L.
30.04.2013
Die SMS werde so bald auch nicht aussterben, glauben die Studienurheber. Denn im Gegensatz zu den SMS sind Chat-Communities immer geschlossene Systeme: Man kann jemandem auf WhatsApp nur schreiben, wenn dieser den Dienst auch selbst nutzt. Das gleiche gilt für andere Messenger und genau da liegt die 'prognostizierende' Studie falsch, weil sie die Motivation, von Telekoms unabhängige Messenger zu benutzen, nicht versteht - ganz abgesehen davon, dass Telekoms einen unausrottbaren Zwang zu zeit-tarifierten Preismodellen haben und deshalb alles tun, um die IP basierten flatrate Business Models zu verbannen, wo sie nur können - dies weil die meisten Telekoms aus den ehemaligen Staatsmonopolen hervorgegangen sind und die Unternehmenskultur immer noch die ist, die verlorenen Pfründe zu bewahren wo es nur geht - selbst wenn das bedeutet, die Kunden technologisch einzuschliessen. Solange Shitcom meine Handy Nummer ungefragt an ihre 'Marketingpartner' weitergibt und die mich ungefragt mit Werbe=SMS zuspammen können, ohne dass die technische Möglichkeit einer Nummernsperre überhaupt angeboten wird, Solange gegen Phonestalker und andere Peeping Johns keine technische Blockierung angeboten wird, Solange Vorratsdatenhaltung ohne vorausgehende Untersuchungsgerichtsbeschlüsse gepusht wird, Solange wird die Nachfrage nach privaten, geschlossenen, verschlüsselten und virtuellen Netzen steigen, in denen der Abonnent selbst bestimmt, wer mit ihm/ihr in Kontakt treten darf. Es kann also sehr gut sein, dass genau das umgekehrte der Studie eintreffen wird. nämlich, dass Smartphones ihrer redundanten Funktion als Handy entledigt werden und für die Stimm- und Video- Kommunikation nur noch verschlüsselte, nicht nach verfolgbare Dienste verwendet werden. die Bandbreite dafür ist ja da. Kurztexte sind dabei dann nur noch ein in einem einfach handhabbaren Format zusätzlich vorhandene Kommunikationselemente. die Telekoms werden dabei zu simplen Bandbreiten Anbietern wie im Internet über Festnetz schon üblich.

Avatar
Kovu
30.04.2013
Weiter gilt: Die Nutzung von Joyn über WLAN wird zunächst befristet bis zum 31. Dezember kostenlos sein. Grundsätzlich haben die Provider natürlich kein Interesse daran, dass die Leute den Dienst via WLAN nutzen, denn daran verdienen sie nichts. Und genau da liegt der Fehler, weswegen Joyn kaum Fuss fassen dürfte. Die diversen Messenger und Skype sind ja vor allem deswegen interessant weil sie nichts oder kaum was kosten, und erst recht über eine vom Provider unabhängige Verbindung genutzt werden können. Wenn überhaupt etwas bleibt, dann wohl die gute alte SMS, weil es ohne Datenabo nutzbar ist. Aber ein kostenpflichtiger Chat und Video-Chat-Dienst, der nicht mal eine unabhängige Nutzung über WLAN zulässt, ist kaum was anderes als zum scheitern verurteilt...

Avatar
iondriver
30.04.2013
Aus meiner Sicht gesehen wird sich SMS noch eine Zeit halten. Besonders "einschränkend" empfinde ich das "geschlossene" bei Whatsapp und anderen solcher Diensten, sprich, whatsappen geht nur wenn die angeschriebene Person auf ihrem Mobilknochen ebenso die entsprechende App eingepflegt (und registriert) hat. SMS dagegen kümmert's keine 2 Bits, ob der Empfänger bei der Swisscom oder einem anderen Anbieter ist. (Dieser Vergleich mag hinken, aber zielt auf "Whatsappen geht nur mit Whatsapper" et al ab.) Mal sehen ob sich "die eine App" findet, welche mit allen anderen IM-Apps ohne Probleme kommunizieren kann... ...oh, was steht denn da...? "Eine App, sie alle zu knechten......" :p ...

Avatar
Emmure
01.05.2013
Alle Kunden mit einer Daten-Flatrate oder einer SMS-Flatrate können den Chat sowie die Funktion zum Dateien austauschen weiterhin kostenlos nutzen. Videoanrufe über Joyn sind nur für Kunden mit einer Telefonie-Flatrate kostenlos. Was genau bring mir als Nutzer ein Dienst, der genau diese Flatrates benötigen, die den Dienst überflüssig machen? Wenn ich eine SMS Flat habe und sowieso gratis SMS verschicke, dann interessiert mich die gratis Chatfunktion nicht wirklich. Die Videotelefonie vielleicht, mit der Telefonflat habe ich ja kein bild dabei, aber telefonieren an sich kann ich ja sowieso. Whatsapp und dergleichen nutze ich jetzt schon längere Zeit nicht mehr. SMS sind auch eher selten, hab zwar ne Flat aber wenn ich auf 2 SMS im Monat komme sind es schon fast viele. Wenn ich eine Nachricht versende, dann utze ich meistens E-Mails, aus dem einfachen Grund, weil sie immernoch platformunabhängig sind. Liegt auch ein wenig daran, dass ich je nach dem mit einer von 5 Nummern unterwegs bin und einige Leute dann nie wissen auf welche Nummer sie mich jetzt anschreiben sollen. Bei SMS und Whatsapp, die nummerngebunden sind ist das ein Problem, bei einer E-Mail spielt es keine Rolle auf welchem Device ich grade bin.

Avatar
no1
01.05.2013
Einen gewissen Marktwert hat die konventionelle SMS auch noch bei der "sicheren Benutzer-Identifizierung", wie sie z.B. von Bankinstituten verwendet wird. Bei allen Limitierungen (z.B. Telebanking direkt über das Smartphone <schudder!>) ist dieser Weg dennoch sicherer als eine allfällige Entsprechung über WhatsApp o.ä.

Avatar
Gast012324
06.05.2013
Kann mir auch nicht vorstellen, dass der SMS bald ausstirbt. Ich schreibe zwar mittlerweile sehr viele iMessages, da ich viele iOS-Nutzer in meinem Freundes- und Bekanntenkreis habe, aber dennoch sind solche Dienste - wie es ja bereits erwähnt wurde - kein SMS-Ersatz, da all diese Dienste nur für Besitzer bestimmter Geräte oder Apps benutzbar sind. Ego wird es auch m.E. noch lange den SMS geben!