News 17.01.2014, 11:02 Uhr

EPFL: Persönlichkeitstests mittels YouTube

Wissenschaftler der EPF Lausanne wollen auf YouTube die Persönlichkeitsmerkmale von Videobloggern ablesen können. Dafür nutzen sie auch automatische Spracherkennung.
Blogger würde man vordergründig das Persönlichkeitsmerkmal der Extravertiertheit zuschreiben. Wer sich aktiv öffentlich äussert, sich und seine Ansichten zur Schau stellt sowie das Gespräch sucht, hat in Blogs und den sozialen Medien eine ideale Plattform. Mit der Erforschung Social Media beschäftigt sich eine Gruppe von Wissenschaftlern an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) und dem Idiap Research Institute in Martigny VS. In einem Forschungsbericht stellt das Team um Daniel Gatica-Perez und Joan-Isaac Biel die Hypothese auf, dass anhand von Bewegungen und Äusserungen von Videoblogger Rückschlüsse auf die Persönlichkeitsmerkmale gezogen werden können.

Fünf Hauptcharakterien des Menschen

In der Persönlichkeitspsychologie seit Jahrzehnten etabliert ist das Fünf-Faktoren-Modell (Big Five). Das Modell besagt, dass sich die Persönlichkeit eines Menschen in fünf Hauptdimensionen einordnen lässt: Extraversion, Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus, Offenheit für Erfahrungen und Verträglichkeit.

Persönlichkeitsprofile

Zunächst nutzten die Lausanner Forscher das Modell, um anhand des nonverbalen Verhaltens ein Persönlichkeitsprofil jedes Videobloggers zu erstellen. Ihre Stichprobe bestand aus 211 weiblichen und 197 männlichen Bloggern. Die insgesamt 408 Persönlichkeitsprofile wurden in einem Crowd-Sourcing-Projekt ermittelt: Als Dimension mit der besten Vorhersagbarkeit erwies sich die «Extraversion» – wie der vordergründige Eindruck vermuten lässt. Aber auch die anderen vier Persönlichkeitsmerkmale liessen sich mit Hilfe der Videos relativ gut identifizieren. Diese Ergebnisse bildeten die Grundlage für weitere Tests.
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Mensch versus Maschine

Bislang weitgehend unerforscht war die Aussagekräftigkeit von verbalen Äusserungen für die Erstellung eines Persönlichkeitsprofils. Für die Untersuchung verwendeten die Lausanner Forscher einerseits Transkripte der Blogger-Aussagen, andererseits eine computergestützte Spracherkennung.

Grosse Übereinstimmung aus Vorstudien 

Aus den transkribierten Videoblogs konnten Gatica-Perez und sein Team vier der fünf Persönlichkeitsmerkmale wiederfinden, die in der Vorstudien bestimmt worden waren. Für sich allein genommen waren die verbalen Aussagen sogar besser für die Bestimmung der Merkmale geeignet als die reinen (nonverbalen) Verhaltensweisen der Videoblogger. Nur bei «Offenheit für Erfahrungen» stimmten die Testwerte aus der Voruntersuchung nicht mit den Daten der verbalen Aussagen überein.

Spracherkennung bringt noch wenig Analyse

Die automatische Spracherkennung brachte hingegen kaum verwertbare Resultate für die Ermittlung von Persönlichkeitsmerkmalen der Videoblogger. Die Umgangssprache war eines der grössten Hindernisse bei der Verarbeitung. Noch am besten liess sich das Merkmal der «Verträglichkeit» identifizieren. In der Persönlichkeitspsychologie werden «verträgliche» Menschen als altruistisch und hilfsbereit beschrieben – keine offensichtliche Eigenschaft von Videobloggern.
Für die EPFL-Wissenschaftler steht fest, dass die Kombination von nonverbalem und verbalem Verhalten bessere Prädiktoren von Persönlichkeitsmerkmalen ist als die Gestik und Mimik. Bis anhin beschränkte sich die Forschung auf Fragebögen und nonverbales Verhalten, da der Aufwand für die Transkription des gesprochenen Wortes sehr hoch ist. Die automatische Spracherkennung ist hier heute eher keine Hilfe, da die Ergebnisse zu wenig aussagekräftig sind. Gatica-Perez und Kollegen schlagen vor, statt der reinen Spracherkennung das computergestützte Verarbeiten von Signalworten zu testen. Damit liessen sich die fünf Persönlichkeitsmerkmale allenfalls gezielter bestimmen.



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