Interview mit einem kriminellen Hacker

Multiple Identitäten und ethische Grundsätze

Multiple Identitäten und ethische Grundsätze

Hansen: Sie haben viel Kundenkontakt. Wie bewahren Sie sich Ihre Anonymität?
Adam: Ich lasse die Bots für mich sprechen. Nicht, dass ich meinen Datenverkehr über sie umleite und sie als «Proxys» einsetze, sondern, indem ich einen PC programmiere, der Bestellungen entgegennimmt. Der Käufer holt sich den Botcode aus dem Markt, installiert ihn und tippt ein, was er braucht. Ohne dass er es mitbekommt, verbindet sich sein Rechner dann mit meinem IRC-Kanal und gibt Bestellungs- und Zahlungsdaten durch. Natürlich bekomme auch ich von dem ganzen Vorgang nichts mit (grinst).
Hansen: Was könnte den Untergrundforen an sich gefährlich werden?
Adam: Nichts. Kein Markt bleibt länger als eine Woche über eine Domain erreichbar. Wenn doch, ist es eine Polizeiaktion.
Hansen: Welche Linie überqueren Sie nicht? Womit wollen Sie nichts zu tun haben?
Adam: Ich verbiete meinen Kunden, mit meinem Botnetz Wohlfahrtsorganisationen oder Gedenkseiten für gefallene Soldaten anzugreifen. Alles andere ist erlaubt. Ich werde oft gefragt, ob ich zulassen würde, dass mein Botnetz von Pädophilengruppen benutzt wird. Das muss es aber gar nicht, weil Pädos ihre eigenen Botnetze betreiben. Aber wenn jemand eine Pädoseite angreifen möchte, mache ich das sogar kostenlos. Auch Attacken auf «Revenge porn» (intime Fotos, die Ex-FreundInnen aus Rache an ihre Verflossenen ins Internet stellen, Anm. d. Red.) kosten nichts. Ganz so böse sind wir dann also doch nicht.
Hansen: Welche Leute im Untergrund sind die gefährlichsten?
Adam: Die Drogenbosse. Jeder Hacker, der etwas auf sich hält, wird sich weigern, denen zu helfen. Sie sind brutal. Ein bekannter Typ, der «Anti-Drogen»-Attacken gefahren hatte, ist verfolgt und schliesslich getötet worden. Wahrscheinlich haben sie seine ganze Familie gleich mit umgebracht - aber ich möchte hier keine Gerüchte verbreiten.
Hansen: Wie beeinflussen beispielsweise diese Drogenkartelle den Rest des Untergrunds? Machen sie die Arbeit des Normalo-Blackhats einfacher oder schwerer?
Adam: Die versuchen, dich unter Todesdrohungen zu erpressen - also am besten direkt ihre persönlichen Daten veröffentlichen, und gut ist. Jeder hasst sie, aber es handelt sich nun einmal um den Untergrund und da muss das wohl so sein. Ich kann mich ja schlecht bei den Behörden beschweren.
Hansen: Wie gewinnen Szene-Einsteiger das Vertrauen der Forenbetreiber, um Zutritt zu bekommen?
Adam: Mach dir einen Namen in einem der einschlägigen IRC-Kanäle. Erstelle Botnetze, die nichts oder kaum etwas kosten und man wird über dich reden. Vorher hast du keine Chance.
Hansen: Was würden Sie als Ihre eigenen Moralvorstellungen beschreiben? Was empfinden Sie für die Betreiber der Websites, die Sie angreifen und die Besitzer der Rechner, die Sie per Botnetz infizieren?
Adam: Menschen, die Opfer von Kreditkartenbetrug werden, tun mir leid - obwohl viele es einfach verdient haben, wenn sie so blöd waren, auf einen falschen Link zu klicken. Die Admins, die ihre Systeme nicht gegen SQLi oder XSS schützen, hasse ich. Das ist gefährlich, dumm und lächerlich.
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