Software-Tipps 25.09.2025, 12:00 Uhr

Ein USB-Stick für alles

Ein Multiboot-Stick ist wie ein Schweizer Taschenmesser für Ihren PC. Mit ihm reparieren Sie Windows-Probleme, entfernen gefährliche Schädlinge, retten beschädigte Daten oder arbeiten unterwegs. So kommen Sie Schritt für Schritt zu Ihrem USB-Allrounder.
(Quelle: Shutterstock/chaipong pramjit)
Selbst einfachste USB-Sticks bieten heute meist genug Platz, um mehrere Betriebssysteme auf ihnen einzurichten, die Sie bequem in der Hosentasche überallhin mitnehmen können. Ein solcher USB-Stick ist sehr hilfreich, wenn etwa Ihr Computer nicht mehr bootet, wichtige Dateien nicht mehr zugänglich sind, Sie eine versteckte Malware auf dem Rechner vermuten oder unterwegs ein vertrauenswürdiges System starten wollen. Verbinden Sie den Multiboot-USB-Stick einfach mit einem Computer, starten Sie ihn und wählen Sie das gewünschte System aus dem Bootmenü aus, Bild 1.
Bild 1: Auf einem Multiboot-USB-Stick können wenige oder viele Live-Systeme genutzt werden
Quelle: PCtipp.ch
Der Aufwand für die Einrichtung eines Multiboot-Sticks ist überschaubar. Sie benötigen ausser einem geeigneten USB-Stick nur das kostenlose Tool Ventoy sowie eine Handvoll Linux-ISO-Dateien, die Sie ebenfalls gratis aus dem Internet herunterladen und auf den Stick kopieren können. Wir zeigen im Folgenden, wie das geht.

Den USB-Stick auswählen

Bei der Wahl des USB-Sticks sind zwei Punkte massgeblich: seine Grösse und seine Geschwindigkeit. Ein USB-Stick, der mehrere Betriebssysteme beinhaltet, sollte mindestens 8 GB gross sein – besser mehr. Der Grund ist, dass aktuelle Linux-Distributionen in der Regel zwischen 4 und 6 GB Platz belegen. Daher bringen Sie auf einem 8 GB grossen USB-Stick nur maximal zwei dieser «Live-Systeme» unter. Als «live» werden sie bezeichnet, weil sie ihre Daten nur in den Arbeitsspeicher laden und nicht auf die Festplatte schreiben. Auf einem 16 GB grossen USB-Stick bringen Sie drei bis vier Live-Systeme unter und so fort.
Wir raten zu einem USB-Stick mit einer Kapazität von mindestens 32 GB. Er bietet ausreichend Platz für mehrere Live-Systeme. Einfache (und meist langsame) USB-Sticks in dieser Grösse bekommen Sie an der Supermarktkasse oft schon für weniger als 10 Franken das Stück. Die richtig schnellen Sticks wie der SanDisk Extreme Pro bieten meist deutlich mehr Speicherplatz. Mit 128 GB Kapazität kostet er bei brack.ch weniger als 40 Franken, Bild 2. Für etwas mehr bekommen Sie das Modell mit 256 GB Speicher. Ein solcher USB-Stick bootet die auf ihm eingerichteten Live-Systeme nicht nur deutlich schneller als günstigere Sticks. Er verfügt ausserdem über sehr viel Speicherplatz, um zusätzlich wichtige Dokumente oder Fotos aufzunehmen.
Bild 2: Ein Top-Modell wie der SanDisk Extreme Pro kostet mit 128 GB Kapazität knapp 37 Franken, gesehen bei brack.ch
Quelle: PCtipp.ch

Ventoy laden

Laden Sie zuerst das USB-Tool Ventoy herunter, mit dem Sie Ihren Stick danach bootfähig machen. Sie finden es unter der Internetadresse ventoy.net/en/download.html, Bild 3. Ein Klick auf den Link ventoy-1.1.05-windows.zip leitet Sie weiter zum Sourceforge-Portal, wo Sie den eigentlichen Download mit einem Klick auf die grüne Schaltfläche Download Latest Version starten.
Bild 3: Laden Sie das USB-Tool Ventoy von der Webseite der Entwickler herunter
Quelle: PCtipp.ch
Danach klicken Sie entweder im Webbrowser oder doppelt im Datei-Explorer auf das heruntergeladene ZIP-Archiv und danach auf Alle extrahieren. Ändern Sie den Pfad, in den die Daten ausgepackt werden sollen, in etwas Kürzeres wie C:\Ventoy und bestätigen Sie mit einem Klick auf Extrahieren, Bild 4. Sofern Sie das Häkchen vor dem Eintrag Dateien nach Extrahieren anzeigen nicht entfernt haben, öffnet sich nach dem Entpacken ein weiteres Datei-Explorer-Fenster mit den für Ihren Multiboot-Stick benötigten Dateien und Ordnern. 
Bild 4: Extrahieren Sie das ZIP-Archiv von Ventoy am besten in einen Ordner wie C:\Ventoy
Quelle: PCtipp.ch

Ventoy übertragen

Schliessen Sie nun Ihren USB-Stick an den Computer an und sichern Sie alle auf dem Stick vorhandenen Dateien, die Sie eventuell später noch einmal benötigen. Drücken Sie dazu die Tastenkombination Windowstaste+E, um den Datei-Explorer zu öffnen. Navigieren Sie zu dem Laufwerk, unter dem der USB-Stick eingebunden ist. Meist trägt es die Bezeichnung D:\, E:\ oder einen ähnlichen Laufwerkbuchstaben. Kopieren Sie alle wichtigen Dateien auf die Festplatte Ihres Computers, bevor Sie fortfahren.
Bild 5: Klicken Sie auf die Schaltfläche Ja, um Ihren USB-Stick mit Ventoy vorzubereiten
Quelle: PCtipp.ch
Bild 6: Falls Ventoy in Englisch startet, wählen Sie Language/German (Deutsch)
Quelle: PCtipp.ch
Kehren Sie in den Ordner C:\Ventoy zurück und klicken Sie dort doppelt auf die Datei Ventoy2Disk.exe. Bestätigen Sie die Rückfrage der Benutzerkontensteuerung, ob Sie zulassen wollen, dass durch diese App Änderungen vorgenommen werden, mit einem Klick auf Ja, Bild 5. Wenn die Ventoy-Oberfläche in englischer Sprache ist, klicken Sie zuerst auf Language und danach auf die Option German (Deutsch), Bild 6.
Prüfen Sie nun, ob beim Eintrag Gerät auch wirklich Ihr USB-Stick ausgewählt ist. Der angezeigte Partitionsbuchstabe muss mit dem übereinstimmen, der im Datei-Explorer angezeigt wird, Bild 7. Klicken Sie danach auf Installieren, um die Ventoy-Dateien auf Ihren USB-Stick zu übertragen. Da dieser dabei neu formatiert wird, haben die Entwickler mehrere Sicherheitswarnungen eingebaut. Bestätigen Sie diese zuerst mit Ja und anschliessend noch einmal mit Ja. Gelegentlich blendet Ventoy sogar ein weiteres Hinweisfenster ein, indem Sie das englische YES eintippen müssen, um den Vorgang ausdrücklich zu erlauben.
Bild 7: Bevor Sie Ventoy auf Ihren Stick übertragen, prüfen Sie, ob unter Gerät die richtige Partition ausgewählt ist
Quelle: PCtipp.ch
Anschliessend formatiert das Tool erst Ihren Stick neu und überträgt im Anschluss alle erforderlichen Dateien. Danach ist der USB-Stick im Prinzip bootfähig. Es fehlen aber noch die ISO-Dateien der Live-Systeme, mit denen Sie später Ihren oder einen anderen Computer booten können.

ISO-Dateien herunterladen

Eine ISO-Datei enthält jeweils ein gesamtes Betriebssystem. Damit Ventoy etwa Linux Mint booten kann, laden Sie seine ISO-Datei herunter und kopieren sie auf Ihren im vorherigen Schritt vorbereiteten USB-Stick. Laut dem Entwickler unterstützt Ventoy derzeit rund 1221 Betriebssysteme. Sie finden die vollständige Liste unter der Internetadresse ventoy.net/en/isolist.html.
Ein besonders nützliches Live-System ist die Kaspersky Rescue Disk. Sie bootet den Computer mit einem Linux-System und sucht danach nach Malware. Dabei verwendet sie andere Techniken und Signaturen als etwa der Antivirenschutz Microsoft Defender. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, doch noch fündig zu werden. Ausserdem sind die meisten Schädlinge auf Windows als Wirtssystem angewiesen. Mit der Linux-Basis der Kaspersky Rescue Disk kann dagegen keine Windows-Malware etwas anfangen.
Die Integration auf Ihrem Multiboot-Stick ist simpel. Laden Sie zunächst die ISO-Datei der Kaspersky Rescue Disk von kaspersky.de/downloads/free-rescue-disk herunter und speichern Sie diese einfach auf Ihrem Multiboot-Stick. Ändern Sie den Namen der Datei in Kaspersky.iso. Starten Sie den Computer danach bei weiterhin angestecktem USB-Stick neu.

Vom USB-Stick booten

Sobald der Rechner wieder hochfährt, drücken Sie mehrmals die Tasten F8 oder F12, um das Bootmenü zu öffnen. Klappt das nicht, starten Sie noch einmal neu und probieren es dieses Mal mit den Tasten Enter, Esc, Del, F2 oder F10. Leider verwenden die PC-Hersteller unterschiedliche Tasten, um das Bootmenü zu öffnen. Wenn Sie ein Handbuch haben, schauen Sie gegebenenfalls dort nach.
Anschliessend öffnet sich das Bootmenü von Ventoy. Wählen Sie Kaspersky.iso und im folgenden Schritt Boot in normal mode aus. Die Kaspersky Rescue Disk startet vom USB-Stick. Das dauert, je nach Geschwindigkeit des Sticks, einen Moment. Lesen Sie den Abschnitt zu Boot-Problemen am Ende des Artikels, falls Ihr Multiboot-Stick nicht startet.

Suche nach Viren

Nachdem sich die Oberfläche der Kaspersky Rescue Disk geöffnet hat, akzeptieren Sie die End User License Agreement. Damit das System anschliessend seine Signaturen aktualisieren kann, schliessen Sie ein Netzwerkkabel an. Alternativ richten Sie unten rechts über Network Connections eine WLAN-Verbindung ein. Klicken Sie im Kaspersky Rescue Tool auf Start scan, um auf dem gesamten Computer nach Schädlingen zu suchen, Bild 8. Über Change settings wählen Sie gezielt aus, wo gesucht werden soll.
Bild 8: Die Kaspersky Rescue Disk ist bereit für die Suche nach Malware
Quelle: PCtipp.ch
Unter der Schaltfläche Tools finden Sie noch weitere nützliche Werkzeuge wie einen Registry-Editor für Windows. Über die blauen Ordner-Symbole oben links können Sie zudem auf die Festplatte des Computers zugreifen, um etwa Daten auf ein angeschlossenes externes Medium zu kopieren, Bild 9.
Bild 9: Da das Antivirensystem das C:\-Laufwerk einbindet, können Sie damit auch Daten retten
Quelle: PCtipp.ch

Weitere Live-Systeme

Die Kaspersky Rescue Disk ist nur ein System, das Sie auf Ihrem Multiboot-Stick einrichten können. Linux Mint ist eine bewährte Distribution, die bereits mit vielen Standardprogrammen wie Firefox und LibreOffice ausgestattet ist und die ebenfalls auf dem Stick läuft, Bild 10. Sie finden die ISO-Datei unter dem Link linuxmint.com/download.php.
Bild 10: Mit Linux Mint auf dem Stick haben Sie etwa LibreOffice Writer immer dabei
Quelle: PCtipp.ch
Spannend ist auch Hiren’s Boot-CD, die Sie unter hirensbootcd.org/download herunterladen können. Die Basis dieses Rettungssystems ist ein abgespecktes Windows PE mit Dutzenden Windows-Tools, die Sie bequem über das Startmenü aufrufen können.
Die Lazesoft Recovery Suite basiert auch auf Windows und dient ebenfalls zum Reparieren des Microsoft-Betriebssystems. Sie lässt sich aber nicht direkt herunterladen, sondern nur die zugehörige Windows-Software (lazesoft.com/download.html). Installieren und starten Sie das Programm unter Windows. Rufen Sie CD/USB-Laufwerk brennen auf, wählen das gewünschte Betriebssystem aus und markieren Sie zuletzt ISO-Image. Speichern Sie die ISO-Datei auf Ihrem Multiboot-Stick, Bild 11.
Bild 11: Die ISO-Datei für die Lazesoft Recovery Suite laden Sie über die zugehörige Windows-Software herunter
Quelle: PCtipp.ch

Tipps bei Boot-Problemen

Normalerweise richtet Ventoy Ihren USB-Stick mit einem klassischen MBR (Master Boot Record) sowie Unterstützung von Secure Boot ein. Diese Sicherheitsfunktion verhindert, dass nicht offiziell signierte Systeme starten und möglicherweise eine Malware einschleppen. Viele Linux-Distributionen und auch Ventoy haben aber keine solche Signatur. Probleme sind daher vorprogrammiert.
Alternativ bietet das Tool daher die Möglichkeit, einen GPT-Sektor (GUID Partition Table) auf den USB-Stick zu schreiben, der besser mit modernen Rechnern harmoniert. Starten Sie dazu Ventoy und rufen Sie Optionen sowie Partitionsstil auf. Markieren Sie den Eintrag GPT und klicken Sie danach wieder auf die Option Installieren, Bild 12. Sobald die Daten neu auf Ihren USB-Stick übertragen wurden, kopieren Sie auch Ihre ISO-Dateien wieder dorthin.
Bild 12: Wenn der USB-Stick nicht bootet, probieren Sie es mit der GPT-Option in Ventoy
Quelle: PCtipp.ch
Alternativ kann Ventoy auch einen Sicherheitsschlüssel in das BIOS integrieren, der das Booten in Zukunft erlauben soll. Diese Option steht zur Verfügung, wenn Ventoy nicht das Bootmenü, sondern einen blauen Dialog mit OK zeigt. Bestätigen Sie zweimal mit Enter und wählen Sie Enroll key from disk sowie VTOYEFI aus. Im nächsten Dialog greifen Sie zu ENROLL_THIS_KEY_IN_BOOTMANAGER.cer, danach zu Continue sowie zu YES. Dadurch wird der Schlüssel in das BIOS integriert. Nach einem Klick auf Reboot sollte sich das Ventoy-Menü öffnen. Allerdings ist die Funktion wohl bisher nicht fehlerfrei. So kam es bei unseren Tests anschliessend zu Problemen beim Booten von Windows. Wir raten deshalb zur Vorsicht.
Die dritte, ebenfalls nicht ganz risikofreie Möglichkeit ist, Secure Boot abzuschalten. Um später wieder Windows zu starten, müssen Sie Secure Boot aber erneut aktivieren. Das geht auf modernen Systemen (deren Festplatte automatisch durch Windows verschlüsselt wurde) nur, wenn Sie den BitLocker-Wiederherstellungsschlüssel haben. Falls Sie ein Microsoft-Konto verwenden, kommen Sie auch später noch über die Website aka.ms/myrecoverykey an diesen Schlüssel.
Ansonsten öffnen Sie unbedingt noch vor der Deaktivierung von Secure Boot unter Windows eine Eingabeaufforderung mit Admin-Rechten (Windowstaste+R, cmd eingeben, Enter drücken) und geben dort den Befehl manage-bde -protectors C: -get ein. Der BitLocker-Wiederherstellungsschlüssel steht hinter dem Eintrag Kennwort. Drucken Sie ihn am besten aus und legen Sie das Papier bereit, bevor Sie Secure Boot abschalten. Wenn Sie die Funktion später wieder aktivieren wollen, tippen Sie den BitLocker-Wiederherstellungsschlüssel ein. Dieser besteht aus einer langen Ziffernkette.

Andreas Fischer
Autor(in) Andreas Fischer



Kommentare
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Kurt Müller
vor 2 Stunden
Das kopieren auf den USB-stick funktioniert weder mit der empfohlenen Version 1.1.05 noch mit der neueren 1.1.07. Nach dem Doppelklick auf Ventoy2Disk.exe werden zwar sichtlich Daten auf den ausgewählten Stick in Volume E kopiert und anschliessend wird man für die erfolgreiche Installation beglückwünscht, bloss der Stick ist danacn so leer wie vorher.