Tests 20.11.2018, 09:03 Uhr

Test: Samsung QE75Q900R (8K)

Bei einem 8K-Fernseher stellt sich die Sinnfrage. Doch Auflösung ist nicht alles.
Samsung betritt mit dem 75 Zoll grossen QE75Q900R den exklusiven Klub der 8K-Fernseher. Seine Auflösung von 7680 × 4320 Pixeln entspricht etwa einem Foto mit 33 Mpx. Fast reflexartig stellt sich deshalb die berechtigte Frage: Wer braucht heute 8K, wenn 4K immer noch in der Aufbauphase steckt? Wir werden ganz am Schluss auf diese Frage zurückkommen, doch so viel sei verraten: «Niemand» ist nicht die richtige Antwort.
Kontraste, Farben, Dynamik und 8K-Auflösung: Der Samsung QE75Q900R liefert alles
Quelle: Samsung

Willkommen im Wohnzimmer

Der QE75Q900R wirkt denkbar unspektakulär, eher wie ein fetter Bilderrahmen. Das Gehäuse ist nach hinten plan, sodass es sich bei der Wandmontage möglichst nahe an den Verputz schmiegt. Diese Wandmontage ist in zweierlei Hinsicht eine gute Idee: Erstens ist das Gerät so besser vor Kindern und Hunden geschützt. Und zweitens sind seine Füsse nicht zu sehen, denn die sind irgendwie überhaupt nicht schön – höflich ausgedrückt. Idealerweise wird der TV mit Samsungs «No-Gap»-Halterung an die Wand gepappt, aber die gehört leider nicht zu Lieferumfang. Stattdessen muss sie für etwa 180 Franken hinzugekauft werden.
Die Standfüsse werden bei Nichtgebrauch in der Rückseite untergebracht
Quelle: PCtipp / ze

Verkabelung und One Connect Box

Zum Fernseher führt exakt ein Kabel, die «One Invisible Connection». Über diese dünne, diskrete Verbindung laufen alle Bildquellen, das TV-Signal, die Ethernet-Verbindung und sogar die Stromversorgung. Zwar ist das Kabel eher silberfarben als unsichtbar; doch für Kabelhasser – und wer ist das nicht? – bedeutet diese Verbindung ein grosses ästhetisches Plus.
Dieses Kabel führt wiederum zur «One Connect Box», welche die ganze Arbeit stemmt und für sämtliche Anschlüsse zuständig ist. Und diese Box will versteckt werden! Im Gegensatz zu anderen Samsung-Modellen bringt sie das Gewicht eines ausgewachsenen AV-Receivers auf die Waage. Die Breite von 39 Zentimetern hätte Samsung gerne auf 43 Zentimeter aufrunden können, dann wäre die Box wenigstens bündig mit Hi-Fi-Komponenten stapelbar.
Die One Connect Box wirkt im Vergleich zu einem älteren, einfachen Modell (oben) aus dem Jahr 2017 geradezu monströs
Quelle: PCtipp / ze

Anschlüsse

Die Box bietet Anschluss für Ethernet, Audio (optisch-digital), TV-Signale (2 × DVB-C/S2/T2) und einen CI+-Slot. Ebenfalls dabei sind drei USB-Buchsen, an denen sich zum Beispiel eine Festplatte für TV-Aufnahmen anschliessen lässt. Dazu kommen vier HDMI-2.0-Anschlüsse, was eher knapp ist: Heute hängen am Fernseher oft mehrere Spielkonsolen, ein Mediacenter und meistens eine Box für Digital-TV – gerade auch bei der Zielgruppe für diesen Edel-Fernseher.

Die Fernbedienung

Nicht neu, aber immer noch unerreicht ist die einzige Fernbedienung, die dem Gerät beiliegt. Die Tasten sind auf ein Minimum reduziert, was die Bedienung auf den Kern vereinfacht. Das liegt in erster Linie an Samsungs Oberfläche «Eden 2.0», die optimal auf die Fernbedienung abgestimmt ist: Die Menüs sind klar strukturiert, die blinde Steuerung eines Geräts ist innerhalb einer halben Stunde verinnerlicht.
Die Fernbedienung wirkt spartanisch, aber sie bietet die volle Funktionstüchtigkeit
Quelle: PCtipp / ze
Es kommt noch besser: Diese Einfachheit wird auf andere Geräte übertragen, sodass sich damit auch die wichtigsten Funktionen des AV-Receivers steuern lassen. Oder die Spielkonsolen oder ein Apple TV. Die TV-Box von Swisscom konnten wir nicht testen, die neue UPC-Box (Test) funktionierte hingegen nicht.
Unterstützte Geräte werden beim Anschliessen automatisch erkannt, benannt und oft sogar mit einem passenden Symbol hinterlegt. Kurz und gut: Ohne viel Zutun sind die Chancen hoch, dass Ihre Sammlung an Fernbedienungen stark schrumpfen wird.
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Bildqualität

Bildqualität

Damit wären wir wohl beim wichtigsten Punkt angekommen – aber an vorderster Stelle steht nicht die 8K-Auflösung. Was hingegen sofort auffällt, sind die hohe Schärfe und die kräftigen, ausgewogenen Kontraste. Das Schwarz ist wirklich tiefschwarz! Die Hintergrund-Beleuchtung wirkt im normalen Betrieb perfekt; höchstens bei weissen Schriften auf schwarzem Untergrund erkennt man bei angestrengtem Hinstarren einen leichten Schein um die Zeichen – aber in diese Situation gerät meistens nur, wer sich nach dem Film auch den Abspann antut.
Es braucht weisse Schrift auf schwarzem Grund, um einen leichten Schein zu sehen
Quelle: PCtipp / ze

Full Array Local Dimming

Das tiefe, befriedigende Schwarz ist dem «Full Array Local Dimming» zu verdanken. Diese Technik ist nicht Samsung-exklusiv, aber relativ neu und äusserst beeindruckend. Hunderte von LEDs sorgen für eine präzise, fein abgestimmte Hintergrund-Beleuchtung – wobei man eigentlich von einer Hintergrund-Nicht-Beleuchtung sprechen sollte, denn darum geht es: Möglichst präzise genau jene Bereiche auszuknipsen, die pechschwarz sein sollen.
Diese differenzierte Ausleuchtung reicht zwar immer noch nicht ganz an ein OLED-Display heran, bei dem die Pixel einfach ausgeschaltet werden – aber die Unterschiede sind unterdessen sehr klein geworden. Vor allem aber kosten die hochwertigen OLED-Fernseher selbst «nur» mit 4K-Auflösung einige Tausend Franken mehr.
Bessere Schwarzwerte bedeuten bessere Kontraste, knackigere Farben und einen höheren Dynamikumfang. Und es lässt sich nicht leugnen: Kinofilme wirken spektakulär, wenn sie vom Studio entsprechend aufbereitet wurden. Wir haben das Bild mit verschiedenen HDR-Filmen in 4K getestet. Als Quellen dienten Ultra-HD-Blu-rays, Netflix, iTunes sowie Filme, die über das Mediacenter Infuse auf einem Apple TV liefen – und der Samsung-Fernseher hinterliess immer den denkbar günstigsten Eindruck.
Die App «Infuse» auf Apple TV wird zum idealen Partner
Quelle: PCtipp / ze

«Schau dir diese Haare an!»

Mindestens am ersten Abend war der Film an sich zweitrangig; es dauerte ein paar Stunden, bis wir im Kreis der Familie aufhören konnten, das Gewebe von Spider-Mans Kostüm und ähnliche Details zu loben. Genauso überzeugend präsentieren sich Serien wie zum Beispiel «The Blacklist» auf Netflix; sie zeigt jede Pore von Elizabeth Keen in perfekter Schärfe und das Gesicht in natürlichen, differenzierten Farben – ungeachtet dessen, dass es sich dabei um Streams mit eher bescheidenen 25 Mbit/s handelt und das Material nicht einmal in HDR ausgestrahlt wird!
Kurz, der QE75Q900R bringt aus jeder Bildquelle das Beste hervor.
Ab Werk sind die Bild-Einstellungen sehr gut gewählt und wir mussten nur wenig nachjustieren. Unabdingbar ist jedoch, dass die eine oder andere Automatik und vor allem der «HDR+»-Modus ausgeschaltet wird, der nur bei sehr schwach aufgelöstem Material oder dem TV-Signal eine Verbesserung bringt. Die Verantwortlichen bei Samsung sollten sich fragen, ob es wirklich nötig ist, diese teilweise vernichtenden Einstellungen ab Werk zu aktivieren.
Klingt ironisch, ist aber dringend nötig: Bei echten HDR-Quellen muss die Einstellung «HDR+» ausgeschaltet werden
Quelle: PCtipp / ze

Kein Dolby Vision

Unterstützt werden die HDR-Formate HDR10, HLG und HDR10+ mit seinen dynamischen Metadaten. Nicht dabei ist hingegen Dolby Vision, das sich gerade zum beliebtesten HDR-Standard mausert. Doch Samsung beharrt auf Teufel komm raus auf dem mitentwickelten, offenen Standard HDR10+.
Genau genommen ist das Problem eher ein psychologisches, weil die Bildqualität trotzdem stimmt – aber dieses 7000-Franken-Gerät fühlt sich ohne Dolby Vision einfach nicht vollständig an. Bei einem Fernseher für 1500 Franken könnte man leicht über die Sturheit von Samsung hinwegsehen. Doch bei diesem Boliden aus der obersten Klasse wirkt diese marketingbasierte Verweigerung unsympathisch.

Fotos

Ja, Fotos. Bei uns zu Hause zeigen wir Fotos direkt vom iPhone oder iPad am Fernseher, wobei ein Apple TV 4K (Test) die Brücke schlägt. Das Problem: Wenn das Foto für den Präsentator auf beiden Geräten gleichzeitig zu sehen ist, steigt der Frustpegel: Was auf dem iPad lupenrein aussieht, wird auf vielen Fernsehern zu einem blassen Abklatsch seiner selbst.
Nicht so beim QE75Q900R, der mit ein wenig Schrauben an den Einstellungen sehr nahe an die Displays der aktuellen iOS-Geräte heranreicht. Die Farben sind natürlich, und selbst in den Lichtern und Schatten sind praktisch dieselben Details zu erkennen. Die iOS-Geräte decken den erweiterten Farbraum P3 komplett ab, der Samsung-Fernseher gemäss Datenblatt immerhin «annähernd».
Schöne Erinnerungen: Das Original auf dem iPad links unten wirkt wärmer, weil die TrueTone-Funktion eingeschaltet ist
Quelle: PCtipp / ze
Vielleicht ginge es sogar noch besser, aber wir haben die Justierung im Rahmen dieses Tests nicht auf die Spitze getrieben. So oder so: Mit diesem Gerät lassen sich Fotos in einer würdigen Qualität herumzeigen.

8K-Auflösung

Und jetzt wird es kniffelig, denn eine echte 8K-Quelle stand uns nicht zur Verfügung. Immerhin arbeiten japanische Fernsehstationen bereits an der Einführung, und auch Netflix dreht ausgewählte Produktionen probehalber in 8K. Doch bis es in einigen Jahren zum Durchbruch kommt, springt der Upscaler des QE75Q900R in die Bresche – und der leistet ganze Arbeit.
Samsung spricht von «8K AI Upscaling» – also einmal mehr muss künstliche Intelligenz als Schlagwort herhalten (A.I., für «Artificial Intelligence» oder eben künstliche Intelligenz). Deren Algorithmen sind jedoch nicht endgültig, sondern sollen mit Firmware-Updates weiter verbessert werden.
Dieser Chip hält das Bild, aber auch den Ton und andere Funktionen auf Kurs
Quelle: Samsung
Doch das sei nur am Rande erwähnt. Was zählt, ist das Resultat: Die Schärfe ist hervorragend und das Bild bleibt homogen. Hauttöne werden sehr schön wiedergegeben, ohne dabei wächsern zu wirken. Auch an den Konturen bilden sich kaum Artefakte, die auf den Upscaler hinweisen.
Die Spielkonsole «Switch» von Nintendo gibt zum Beispiel nur ein Full-HD-Bild aus, das auf 8K skaliert wird – und das entspricht der 16-fachen Pixelmenge! Die Cartoon-artigen Charaktere in Spielen wie «Mario Kart» wirken trotzdem gestochen scharf und kommen ohne Kantenflimmern. Die Farbübergänge sind weich und gefällig. Und weil wir gerade bei den Spielkonsolen sind: Der Fernseher erkennt eine angeschlossene Konsole und schaltet automatisch in den Game-Modus um. Dabei werden einige Optimierungen ausgeschaltet, was zwar die Bildqualität etwas reduziert, aber dafür kleine, spürbare Verzögerungen («Lags») verhindert.
Spiele, so schön wie gemalt (im Bild: «Ni No Kuni II» auf der PS4 Pro)
Quelle: PCtipp / ze
Und das Fernsehbild? Einigen wir uns darauf, dass der QE75Q900R das Beste daraus macht – vor allem bei den Kontrasten und der Farbsättigung. Wenn das Quellmaterial stimmt (etwa beim HD-Kanal von «National Geographic»), dann sind die Resultate äusserst überzeugend. Wenn hingegen die nächste Tagesschaumeldung das Material eines arabischen Amateur-Senders verbreitet, resigniert auch die beste künstliche Intelligenz.
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Kaufberatung, die Preisfrage und ein Fazit

Kaufberatung

Der Samsung QE75Q900R spielt in der Oberliga an vorderster Front mit. Zusammen mit der richtigen Quelle bietet er ein dichtes, eindrückliches Kino-Erlebnis, so gut das in einem Wohnzimmer nur möglich ist. Er kann sich zwar nicht ganz mit den OLED-Stars messen, aber die Qualität ist sehr nah dran – und das zu einem deutlich tieferen Preis.
Zu seinen Vorzügen zählen aber auch die «One Invisible Connection» und erst recht die Fernbedienung, die einen universellen, entspannten Umgang mit dem Gerät ermöglicht. Sie steuert viele Fremdgeräte mit derselben Leichtigkeit und unterstützt damit indirekt das aufgeräumte Erscheinungsbild. Kurzum, Samsung hat hier fast alles richtig gemacht.
In dieser Bildstrecke finden Sie einige weitere Impressionen von den Möglichkeiten:

Bildergalerie
Quellen werden in den meisten Fällen automatisch benannt und sogar mit einem passenden Symbol versehen; die Anordnung ist wiederum frei wählbar

Die Preisfrage

Und dann steht da noch der Preis von 7000 Franken im Raum, der ein ausgewogenes Haushaltsbudget ins Elend reissen kann. Deshalb stellt sich einmal mehr die Frage: «Muss es wirklich 8K sein oder ist das zurzeit nur eine Spielerei?» Ziehen wir einen Vergleich.
Innerhalb von Samsungs QLED-Sortiment kommt der QE75Q900R dem 4K-Modell QE75Q9FN am nächsten: Auch dieses Modell gehört zur unbestrittenen Oberklasse und bietet ein hervorragendes Bild, inklusive dem gelobten «Full Array Local Dimming». Wir haben bereits das 55-Zoll-Modell getestet, und im Test finden Sie auch Details zur QLED-Technologie.
Das 75-Zoll-Modell dieser Baureihe kostet aktuell etwa 6000 Franken, also 1000 Franken weniger. Das ist ein überraschend kleiner Preisunterschied – auch deshalb, weil die Auflösung längst nicht der einzige Unterschied ist. Stattdessen kommt das 8K-Modell auch mit den neusten Chips (etwa dem Quantum-Prozessor 8K) und dem ebenfalls neuen, hervorragenden Upscaler.
Wenn Sie also mit der Kreditkarte in der Hand und einer Träne im Auge im Geschäft stehen, greifen Sie zum QE75Q900R. Die Zeit heilt schliesslich alle Wunden – und innerhalb der Samsung-Welt ist das der QLED-Fernseher, den Sie wollen. Ganz sicher.

Tipps zum Kauf

Einen Samsung-Fernseher sollte man nie spontan kaufen, denn die Firma ist für ihre notorischen Sonderverkäufe bestens bekannt. Sie werden nicht lange warten müssen, bis der nächste «Samsung Super Sale» (oder was auch immer) bei Microspot, Digitec (oder bei wem auch immer) ausgerufen wird – mit wenigstens 15 Prozent Rabatt. An diesem Black Friday wird das ganz bestimmt nicht anders sein.
Doch egal, bei wem Sie den Fernseher kaufen: Investieren Sie in eine Garantieverlängerung mit «Pick-up»-Option, damit das Gerät im Schadensfall abgeholt und später zurückgebracht wird. Das kostet 300 Franken bis 500 Franken, ist also nicht billig – aber wenn Sie die Versicherung brauchen, werden Sie sich ausgiebig für diese Entscheidung loben.

Fazit

Zugegeben: Die Versuchung war gross, dem QE75Q900R die Höchstwertung zu verweigern, weil ihm Samsung keine Dolby-Vision-Unterstützung mitgibt. Doch unter dem Strich macht dieses Gerät sehr viel Freude. Die Bedienung ist entspannt, die Funktionalität hoch und die Technik lässt das Bild aus jeder Quelle im besten Licht erscheinen. Und was liesse sich Besseres über einen Fernseher sagen?

Testergebnis

Upscaler, Bildqualität, Fernbedienung, Kabelverbindung
Keine Unterstützung für Dolby Vision, riesige «One Connect Box»

Details:  75 Zoll (189 Zentimeter) mit 7680×4320 Pixel, Unterstützung für HDR10, HDR10+ und HLG, 4× HDMI 2.0, 3× USB 2.0, Direct Full Array Elite, 2× DVB-C/S2/T2, PQI 4000, 4.2-Kanal-Lautsprecher mit 60 Watt

Preis:  6999 Franken

Infos: 
samsung.ch

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