Tests 26.06.2013, 14:29 Uhr

Huawei Ascend P6 im Test

Das dünnste Smartphone der Welt soll Huawei zum Durchbruch in der westlichen Welt verhelfen. Ob das gelingen könnte, lesen Sie in unserem ausführlichen Test.
Für die Präsentation des Ascend P6 hatte Huawei extra nach London eingeladen. Das neue Schmuckstück rühmt sich mit dem Titel des dünnsten Smartphones überhaupt und soll sich gegen die Flaggschiffe der Konkurrenz wie das HTC One oder das Samsung Galaxy S4 behaupten.
Mittelklasse statt Highend
Huawei Ascend P6
Bei genauerem Hinschauen stellt man allerdings fest, dass das Huawei Ascend P6 dann doch in einer anderen Liga spielt. Die Spezifikationen des Geräts sind gute obere Mittelklasse und hätten vor einem Jahr auch einem absoluten Highend-Gerät gut gestanden – aber halt nicht mehr im Sommer 2013. Das fängt beim 4,7-Zoll-Display an, das «nur» eine HD-Auflösung von 1280 x 720 Pixeln bietet. Andererseits dürfte diese Auflösung für die meisten absolut ausreichend sein. Ansonsten hat uns das Display ganz gut gefallen – scharf ist es allemal, und die Farben kommen gut zur Geltung. Nett: Der Touchscreen lässt sich auch mit Handschuhen bedienen.
Die Mittelklasse äussert sich auch andernorts. Zum Beispiel beim Prozessor. Auf dem Papier hören sich Quad-Core-Prozessor mit 1,5 GHz zwar nach wie vor nicht schlecht an. Doch das Huawei-eigene Fabrikat zieht im Vergleich mit anderen vergleichbaren Prozessoren wie etwa der Snapdragon-Serie von Qualcomm klar den Kürzeren. Die Leistung liegt laut AnTuTu-Benchmark ungefähr auf dem Niveau des über ein Jahr alten HTC One X – wie gesagt, vor einem Jahr wäre das Ascend P6 top gewesen. Immerhin ist der Arbeitsspeicher mit 2 GB auf aktuellem Highend-Niveau. Und natürlich muss man sich auch fragen, wie viel Leistung man effektiv benötigt. Eine flüssige Bedienung ist mit dem Ascend P6 problemlos möglich, auch wenn aktuelle Top-Geräte sicherlich noch etwas flinker sind.
Ebenfalls nicht Highend-würdig ist die Tatsache, dass dem Ascend P6 ein LTE-Chip fehlt. Ein als Top-Gerät positioniertes Smartphone muss heute einfach LTE beherrschen. Zumindest in der Schweiz dürfte es das Ascend P6 nur schon deswegen schwer haben. Immerhin dürfte der fehlende LTE-Chip der Akkulaufzeit zugutekommen, denn mit 2000 mAh ist der Akku für diese Display-Grösse eher knapp bemessen. Dass man in ein so dünnes Gehäuse keinen riesigen Akku unterbringen kann, liegt jedoch auf der Hand.
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Schicke Verpackung

Zugegeben, schick ist es
Der Vergleich mit dem selbst nur 7,9 mm dünnen Galaxy S4 zeigt, wie schlank das Ascend P6 ist
Aber genug der Schelte, das Ascend P6 hat durchaus auch seine Schokoladenseiten. Wie schon eingangs erwähnt, ist es Huawei gelungen, das dünnste Smartphone der Welt herzustellen. In Zahlen ausgedrückt: Das Smartphone ist 6,18 mm dünn und wiegt nur 120 Gramm – das sind zweifellos hervorragende Werte. Und dabei fühlt sich das P6 keineswegs billig an, denn das Gehäuse ist nahezu komplett aus Metall. Die Verarbeitung ist gut, auch wenn wir durch Druck auf die (nicht entfernbare) Gehäuserückseite ein leichtes Knarzen verursachen konnten, was angesichts der Materialien doch etwas erstaunt. Das Design selbst ist unaufgeregt und schlicht. Rein optisch macht das in mehreren Farben erhältliche Ascend P6 also definitiv eine gute Figur. Dank des geringen Gewichts fühlt es sich grundsätzlich auch in der Hand gut an, allerdings trägt das superdünne und kantige Gehäuse nicht unbedingt zu einem optimalen Haltekomfort bei – hier fühlen sich abgerundete Geräte nun mal einfach besser an.
Software mit Licht und Schatten
Die Menüdesign, hier die Einstellungen, gefällt
Erfreulicherweise läuft auf dem Ascend P6 die aktuellste Android-Version 4.2. Darüber liegt Huaweis eigene Nutzeroberfläche, genannt Emotion UI, die für ihren Auftritt auf dem P6 stark überarbeitet wurde. Im Test hat die Oberfläche bei uns einen etwas zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Einerseits haben uns die Menüs - z.B. das Einstellungsmenü - ausgezeichnet gefallen. Schlichte Icons und Beschriftungen auf weissem Hintergrund, das sieht sehr schick aus und ist übersichtlich. Weniger toll finden wir Huaweis Entscheidung, auf ein App-Menü zu verzichten und stattdessen alle Apps auf den Homescreens zu platzieren. Die Folge: Wer die Homescreens nach seinen eigenen Wünschen gestalten will, muss sämtliche App-Verknüpfungen mühsam verschieben. Auch die Me-Widgets, mit denen sich mehrere kleine Widgets zu einem grossen gruppieren lassen, haben wir eher nervig denn nützlich empfunden.
Wem das Standard-Theme nicht passt, wählt einfach ein anderes
Cool ist hingegen, dass man zwischen mehreren vorinstallierten Designs (Themes) auswählen und diese nach Belieben individualisieren kann. Die Themes unterscheiden sich nicht nur punkto Hintergrundbild oder Sperrbildschirm, sondern bringen auch komplett unterschiedliche Menü-Icons mit sich – sowas hat sich wohl der eine oder andere auch schon bei einem von Samsungs Galaxy-Smartphones gewünscht. Vorinstalliert sind fünf solcher komplett unterschiedlicher Designs, laut Huawei findet man online über 1000 weitere Themes. Allerdings haben wir auf unserem Testgerät nicht herausgefunden, wie man zu dieser Onlinebibliothek gelangt.
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Kameras und Fazit

Die Kameras
Auf der Rückseite hat Huawei eine 8-Megapixel-Kamera verbaut. Die schiesst ordentliche Bilder, kann aber mit Top-Geräten nicht mithalten. Unsere Testbilder bei Tageslicht wirkten zu hell. Bei schwachem Licht wird die Bildqualität schnell massiv schlechter, das Bildrauschen fällt ziemlich heftig aus. Die Kamera verfügt über eine automatische Szenenerkennung, eine Art Super-Automatik quasi. Wie gut die ihren Dienst verrichtet und inwiefern sie sich von herkömmlichen Automatikmodi abhebt, können wir allerdings nicht beurteilen. Eine weitere Besonderheit ist die Makrofunktion. Auf eine Distanz von nur 4 Zentimetern lassen sich mit der Kamera noch scharfe Bilder schiessen, wovon wir uns überzeugen konnten. Das schaffen andere Smartphone-Kameras nicht.
Witziges Detail: Die Verschönerungsfunktion. Nicht dass Yoda das nötig hätte ...
Von bemerkenswerter Qualität ist die Frontkamera. Während hier bei Smartphones normalerweise Sensoren mit maximal 2 Megapixeln Auflösung zum Einsatz kommen, löst die Frontkamera im Ascend P6 mit satten 5 Megapixeln auf. Dies ermöglicht qualitativ hochwertige Videoanrufe oder aber ordentliche Selbstporträts. Für Letztere hat Huawei übrigens noch eine spezielle Funktion auf Lager: Die in Stufen regelbare Verschönerungsfunktion sorgt in Photoshop-Manier für glattere Haut und ermöglicht so makellose Porträts.
Wer es mit den Selbstporträts übertreibt, stösst aber rasch an Grenzen - an Speichergrenzen nämlich. Auf dem Testgerät waren nur gut 4,2 GB frei verfügbar, der Rest des 8-GB-Speichers wird vom Betriebssystem und Standard-Apps belegt. Dank Speicherkarten-Slot lässt sich aber unkompliziert mehr Platz beschaffen. Der MicroSD-Slot lässt sich übrigens wie auch der SIM-Karten-Slot nur mit einem spitzen Gegenstand öffnen – iPhone lässt grüssen. Damit man nicht ständig eine Büroklammer mitführen muss, hat sich Huawei etwas einfallen lassen. In der Kopfhörerbuchse sitzt nämlich ein kleiner Stift, mit dem sich die erwähnten Abdeckungen öffnen lassen. Nette Idee, aber nicht ganz zu Ende gedacht – wer das Smartphone auch als MP3-Player benutzt, hat schliesslich meistens einen Kopfhörer angeschlossen. Und wohin dann mit dem Stift? Apropos Kopfhöreranschluss: Der ist leider sehr unglücklich ganz unten auf der linken Gehäuseseite platziert – eine ziemlich ungünstige Position für unterwegs.
Fazit: Rein äusserlich betrachtet ist das Ascend P6 ein beeindruckendes Zeugnis chinesischer Ingenieurskunst. Im Innern verbirgt sich aber ein Mittelklassegerät, das objektiv betrachtet einen schweren Stand gegen die Top-Geräte der Konkurrenz haben wird. Fairerweise muss man sagen, dass das Ascend P6 mit einem UVP von 449 Franken auch preislich in die Mittelklasse passt. Wer also ein preiswertes Smartphone sucht und auf LTE verzichten kann, findet im Ascend P6 ein durchaus interessantes Gerät.
Erhältlich ist das Huawei Ascend P6 Mitte bis Ende Juli.

Testergebnis

Display, Design, Gewicht, Themes, Preis
Kein LTE, mässige Hauptkamera

Details:  4,7"-Display, Auflösung: 1280 x 720, Quad-Core-Prozessor (1,5 GHz), 2 GB RAM, 8 GB Speicher, MicroSD-Slot, 8-Mpx-Kamera, 5-Mpx-Frontkamera, Android 4.2.2, HSPA+ 42 Mbit/s, 132,65 x 65,5 x 6,18 mm, 120 g

Preis:  Fr. 449.-

Infos: 
www.huaweidevices.de/

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