News 18.06.2001, 15:30 Uhr

MP3: «Der wirtschaftliche Schaden ist erheblich»

Die Verbreitung von Musikstücken über das Internet nimmt täglich zu. Dr. Peter Vosseler von der IFPI Schweiz bezieht Stellung dazu aus der Sicht der Produzenten.
Trotz oder gerade wegen dem grossen Rummel um die Musiktauschbörse Napster hat das Austauschen von Musikdateien über das Internet Hochkonjunktur. Der PCtip hat bei Dr. Peter Vosseler von der Schweizer Landesgruppe der "International Federation of Producers of Phonograms and Videograms" (IFPI) nachgefragt, wie die Lage aus der Sicht der Musikproduzenten aussieht.
PCtip: Wo sieht die IFPI Chancen, wo Risiken in der Verbreitung von Musikdateien via Internet?
Dr. Peter Vosseler: Die Chancen der Verbreitung von Musikdateien via Internet liegen in der möglichen Generierung zusätzlicher Einnahmen sowie in einer Erleichterung des Vertriebs des "Produktes Musik".
Die Risiken liegen in der Zugänglichkeit der entsprechenden Techniken für jedermann sowie in der damit verbundenen Schwierigkeit für die Berechtigten, die Distribution ihrer rechtlich geschützten Güter zu kontrollieren, und unrechtmässige Aktivitäten zu unterbinden.
PCtip: Welchen Schaden / Gewinn bringt diese Art der Verbreitung der Plattenindustrie?
Dr. Peter Vosseler: Exakte Aussagen / Zahlen liegen derzeit nicht vor. Der wirtschaftliche Schaden, der durch die unautorisierte Vervielfältigung und Verbreitung verursacht wird, ist jedenfalls erheblich.
PCtip: Unternimmt die IFPI Schritte, um diese Art von Datentausch zu Unterbinden? Falls ja, welche?
Dr. Peter Vosseler: Es handelt sich nicht um einen Tausch von Daten. In den so genannten Musiktauschbörsen wird nichts getauscht. Bei einem Tausch gibt der eine etwas weg und erhält dafür vom Empfänger etwas, was dieser wiederum anschliessend nicht mehr hat. Im Rahmen der Nutzung der "Tausch"-Börsen behält der Nutzer sein Musikfile, während erstgenannter Nutzer davon einer Kopie erhält. Es handelt sich also richtigerweise um "Kopierbörsen".
Anbieter solcher Foren müssen damit rechnen, dass IFPI sowie ihre nationalen Landesgruppen rechtliche Schritte einleiten. Gegen Napster liegt bereits ein Erfolg vor, der den Weg für zukünftige Verfahren geebnet hat. Im Rahmen des Vorgehens können selbstverständlich sämtliche Mittel in Betracht gezogen werden, die das Gesetz den in ihren rechten Verletzten zur Verfügung stellt.
PCtip: Inwieweit sieht die IFPI einen Zusammenhang zwischen den Preisen von CDs, LPs und MCs und der grossen Verbreitung von Raubkopien?
Dr. Peter Vosseler: Der Zusammenhang zwischen der Verbreitung von Raubkopien via Internet und den Endverkaufspreisen für Tonträger ist nach unserer Ansicht marginal. Das Herstellen und Verbreiten von Raubkopien via Internet findet sehr häufig seinen Ausgangspunkt in der Technikfaszination gepaart mit einem oft sehr hohen Sammelehrgeiz der Nutzer. Immer wieder begegnen wir Angaben von (nicht gewerblich handelnden) Raubkopierern, sie hätten den zugrunde liegenden Tonträger nie käuflich erwerben, sondern eben nur gratis über das Internet erhalten wollen.
PCtip: Wie soll den nun der "erhebliche Schaden" entstehen, wenn die Raubkopierer den Tonträger sowieso nie hätten käuflich erwerben wollen?
Dr. Peter Vosseler: Das ist nur eine Ausrede. Es ist ganz klar, dass mehr Tonträger verkauft werden könnten. Der Weltmarkt zeigt eine Stagnation bei den Verkaufszahlen, die eigentlich steigen sollten.

Autor(in) Beat Rüdt



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