Tests 02.03.2012, 13:18 Uhr

Windows 8 angetestet

Microsoft krempelt Windows um und stellt den Desktop in den Hintergrund. Die neue Tablet-Oberfläche steht im Vordergrund, allerdings ist das nur die augenscheinlichste Neuerung.
Hochtechnologie wurde in der Computerhistorie immer zuerst in Unternehmen eingeführt. Heute besitzen die meisten Endkonsumenten daheim neuere Geräte als am Arbeitsplatz. Der Trend der «Consumerization» der IT hat Apple zum wertvollsten Unternehmen der Welt gemacht – weil Verbraucher zum Beispiel bequemer, mobiler und schneller mit dem iPad arbeiten als mit dem Tower-PC in der Wohnzimmerecke.
Mit Windows 8 misst Microsoft der «Consumerization» der IT den Stellenwert bei, den sie verdient. Auf der Bedienoberfläche tritt der Desktop in den Hintergrund. Passend zur mobilen, flexiblen und werkzeuglosen Interaktion mit dem Computer übernimmt das Tablet-Interface das Kommando. Anwender bedienen künftige Computer mit den Fingern – Maus, Tastatur und Stift werden zum Hilfsmittel für besondere Arbeitsaufgaben.
Windows ohne eigenen PC
Samsungs 700T ist aktuell das einzige Breitbild-Tablet für Windows
Windows 8 wird für Microsoft ein System für alle Clients: Desktop, Notebook, Tablet und alle Mischformen. Neben der Auswahl bei den Bauformen gestattet Microsoft den Nutzern von Windows auch, ihr Betriebssystem komplett mit Anwendungen und Daten auf ein mobiles Speichermedium auszulagern. Statt eines Notebooks bringt der Mitarbeiter zum Beispiel seinen USB-Stick mit ins Büro. Dort kann er an einem beliebigen PC in seiner gewohnten Computing-Umgebung arbeiten.
Die Technik nennt Microsoft «Windows to Go». Das gesicherte System wird mittels der BitLocker-Verschlüsselung geschützt. Als Host wird ein Computer vorausgesetzt, der mindestens die Hardware-Anforderungen von Windows 7 erfüllt, bestenfalls sogar die von Windows 8. Weiterer Vorteil: Nach getaner Arbeit bleiben auf dem Host keine Spuren zurück.
Nächste Seite: der Windows-Vorteil

der Windows-Vorteil

Ein Argument, das sicher für Windows 8 spricht, ist die lange Liste kompatibler Hard- und Software. Mit diesem Pfund will Microsoft natürlich auch künftig wuchern. Windows-Chefentwickler Steven Sinofsky zufolge arbeiten alle Peripheriegeräte und Programme für Windows 7 auch mit der nächsten Betriebssystemversion. Soweit die Theorie.
Unter Windows 7 installierte Software ist grösstenteils kompatibel
Im Test – auf einem Samsung-Tablet wurde Windows 8 über eine fertige Konfiguration des Vorgängers installiert – bestanden 25 Programme den Kompatibilitätstest, 4 fielen durch. Für Symantecs Norton Internet Security 2011 bot der Setup-Assistent von Windows 8 keine andere Wahl als das Entfernen von der Festplatte an. Nach Aussage von Stefan Wesche, Security-Experte bei Symantec, wird die neue Produktgeneration aber auf den kommenden Microsoft-Code getrimmt: Norton 360 Version 6 unterstützt schon Windows 8, sagt Wesche.
In der Kompatibilitätsliste unter den funktionsfähigen Applikationen aufgeführt, ist die Bing-Toolbar für Internet Explorer. Sie produziert allerdings erst beim Aufruf des Browsers einen Fehler. Dabei handelt es sich aber um einen Konflikt mit Version 10 des Microsoft-Browsers, der bei Windows 8 vorinstalliert ist.
Windows-Ökosystem
Die Bing-Toolbar verträgt sich nicht mit dem Internet Explorer 10
Ein anderes Alleinstellungsmerkmal von Windows ist die grosse Entwicklergemeinde. Sie schreibt fleissig Apps für Windows 8, die vermutlich ab Herbst im «Windows Store» feilgeboten werden kann. Andere Programme gibt es gratis, zum Beispiel arbeitet Mozilla an einer neuen Version des Firefox.
Auch Microsoft trägt seinen Teil zur App-Vielfalt bei. Eine zentrale App im privaten wie im Unternehmensumfeld ist SkyDrive. Das Backup-Tool ist nun bei Windows 8 vorinstalliert. Ähnlich wie bei iCloud sichern Benutzer von Windows ihre Daten in der Cloud – haben dafür allerdings nicht nur 5, sondern 25 Gigabyte Kapazität frei. SkyDrive lässt sich zudem verwenden, um bei einem Gerätewechsel Systemkonfigurationen von einem Windows-8-PC auf einen zweiten zu übertragen. Apple bietet mit iCloud einen ähnlichen Service.
Nächste Seite: Killer-Applikationen

Killer-Applikationen

Nach Jahrzehnten an der Computertastatur haben manche das Schreiben mit der Hand fast verlernt. Oder aber die Handschrift war noch nie richtig chic, sodass man sich lieber an den Rechner setzt, wenn zum Beispiel eine Bewerbung zu Papier gebracht werden soll. In beiden Fällen will Windows 8 eine Alternative anbieten. Microsoft hat für die Tablet-PC-Edition von Windows XP im Jahr 2002 eine Handschrifterkennung entwickelt und diese anlässlich der nachfolgenden Betriebssystem-Versionen immer wieder verbessert. So auch diesmal.
Windows 8 überträgt Handschrift fast in Echtzeit in Druckbuchstaben
Alternativ zur virtuellen Tastatur blendet Windows 8 auf Wunsch ein zweizeiliges Eingabefeld ein, in dem nach Belieben drauflos geschrieben werden kann. Voraussetzung ist allerdings ein Stylus, der dem Testgerät – Samsungs 700T – beilag. Es kann auch mit dem Finger geschrieben werden, diese Methode ist allerdings noch ungewohnter als das Tippen auf der Tastatur.
Windows 8 erkennt Wörter noch während des Schreibens und wird dabei natürlich von der Rechtschreibkorrektur unterstützt. Im Test waren weder mehrere Schreiber in einer Zeile noch eine unleserliche Handschrift ein Problem für den Microsoft-Algorithmus. Bei Apple und Google – den beiden grössten Wettbewerbern auf dem Tablet-Markt – sucht man eine Handschrifterkennung vergeblich. Der iPad-Konzern könnte eine solche Technologie aber in der Hinterhand haben, denn der «Newton»-PDA aus dem Jahr 1993 konnte die Handschrift des Benutzers lesen. Fünf Jahre später entschied Steve Jobs allerdings, die Fortentwicklung sowie die Produktion des PDAs einzustellen.
Nächste Seite: Quasi-Monopol

Quasi-Monopol

Apples iPad ist der zurzeit beliebteste Business-Tablet
Im Jahresendquartal hat Microsoft 75 Millionen Lizenzen von Windows 7 verkauft. Apple brachte im gleichen Zeitraum 15 Millionen iPads an die Weihnachtsfrau und den Weihnachtsmann, Google aktivierte geschätzt 0,6 Millionen Android-Tablets in den drei Monaten. Auf den ersten Blick beruhigende Zahlen für Microsoft. Allerdings ist die Windows-Sparte das Sorgenkind des weltgrössten Software-Konzerns, während die Tablet-Sparten von Apple und Google die Musterknaben sind. Die iPad-Verkäufe legten im Jahresvergleich um 111 Prozent zu, der Windows-Bereich verzeichnet ein Minus von 6 Prozent.
Die Schweiz gilt als der Markt mit einer der weltweit grössten Verbreitung von Apple-Produkten. Insbesondere hierzulande wagt sich Microsoft also mit Windows 8 auf besetztes Terrain. Die «Consumer Preview» getaufte Beta des kommenden Betriebssystems demonstriert mit durchdachten Funktionserweiterungen und einer eigenen Interpretation der Tablet-Bedienoberfläche aber, dass Microsoft verstanden hat: Die «Consumerization» der IT ist Realität – Trends setzt nicht mehr die Unternehmens-IT, sondern der Endkunde.
Preis als letzte Chance
Im Kampf um Marktanteile kann ein neuer Wettbewerber nur erfolgreich sein, wenn er Alleinstellungsmerkmale bietet. Die freie Wahl der Oberflächen, Integration von «alten» Windows-Programmen und «neuen» Metro-Apps und auch die Handschrifterkennung sind drei Pfunde, mit denen Windows 8 wuchern kann. Nun muss es nur noch den Weg in die Läden finden.
Angesichts der Stabilität der Consumer Preview ist der Weg womöglich nicht mehr so lang. Allgemein wird mit dem Verkaufsstart im Herbst gerechnet. Unterdessen sind aus den Häusern Fujitsu, HP und zum Beispiel Medion Signale zu empfangen, dass an Windows-Tablets gearbeitet werde. Zwar sind von den Herstellern keine echten Preisbrecher zu erwarten, aber attraktive Produkte dürfen auch einen Franken mehr kosten. Sollte die Überzeugungsarbeit bei den Tablet-Interessenten scheitern, bleibt Microsoft noch die Preisschraube – das Windows-8-Tablet zum Schnäppchenpreis. In diesem Fall würde aber die Börse über ein einstelliges Umsatzminus vermutlich sogar jubilieren.



Kommentare
Avatar
Gaby Salvisberg
02.03.2012
Hallo Rietramer Und sonst noch einige drollige Ausdrücke. Oder kann ich etwa nicht Deutsch?? Kollege Schröder dürfte der deutschen Sprache durchaus mächtig sein; im Gegensatz zu den meisten PCtipp-AutorInnen stammt er aus dem "grossen Kanton". Herzliche Grüsse Gaby

Avatar
_sven_
02.03.2012
Hallo Rietramer Kollege Schröder dürfte der deutschen Sprache durchaus mächtig sein; im Gegensatz zu den meisten PCtipp-AutorInnen stammt er aus dem "grossen Kanton". Herzliche Grüsse Gaby hallo gaby auch aus dem sog. grossen kanton ist einiges neudeutsch. man mußte ja den duden neu erfinden ;)

Avatar
roblu
03.03.2012
hallo gaby auch aus dem sog. grossen kanton ist einiges neudeutsch. man mußte ja den duden neu erfinden ;) Echt cool:cool: ich habe eine neue Freundin die habe ich angetestet:D

Avatar
coceira
03.03.2012
Was ist denn das für eine Sprache? - «Pfunde wuchern»? Und sonst noch einige drollige Ausdrücke. Oder kann ich etwa nicht Deutsch?? deutsch ist ja nicht mein ding, bin ja aus einem anderen "estado é cantão pequena" - trotzdem, aus reinem interesse ohne kritisieren zu wollen.... hat der gute redaktor "pfunde wuchern" gemeint oder hat der dreckfuhler teufel zugeschlagen ? "in pfründen wuchern" wuerde durchaus einen sinn ergeben zu "pfründen" mein duddden meint: der neue Posten ist eine einträgliche, fette Pfründe für ihn (bringt ihm viel ein, ohne dass er sich viel einzusetzen braucht) @slup danke - jetzt hab ichs .......................begriffen

Avatar
slup
03.03.2012
... hat der gute redaktor "pfunde wuchern" gemeint... Ich sehe das Problem nicht (siehe z.B. hier).

Avatar
medwed
04.03.2012
Normales Deutsch Was ist denn das für eine Sprache? - «Pfunde wuchern»? - «Alleinstellungsmerkmale» oder ähnlich? Und sonst noch einige drollige Ausdrücke. Oder kann ich etwa nicht Deutsch?? "Mit seinen Pfunden wuchern" ist eine ur-ur-ur-alte Redensart. So etwa um die 2000 Jahre. Sie leitet sich aus dem Lukasevangelium ab. Mit dem Pfund ist nicht die Gewichtseinheit Pfund gemeint, sondern eine bestimmte Summe Geld. Und wuchern bedeutet einen Gewinn erzielen. Detaillier beschrieben unter http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_gefl%C3%BCgelter_Worte/M#Mit_seinem_Pfund_wuchern "Alleinstellungsmerkmal" ist ein Begriff aus dem Marketing und wird auch schon seit fünfzig Jahren oder mehr verwendet. Also auch ein alter Hut. Ich würde empfehlen, etwas mehr Bücher zu lesen, dann sind solche Begriffe nicht sprachliches Neuland, sondern ganz alltäglich.

Avatar
ing-8
05.03.2012
Schlechte Sprache "...sind drei Pfunde, mit denen Windows 8 wuchern kann." Ich finde diese Sprache absolut grässlich und mit einem Verweis, sie sei ur-ur-alt wird sie auch nicht besser. Wie die Argumentation des Forumsteilnehmers Rietramer beweist, ist das Lesen von Büchern nicht hinreichend für eine gute sprachliche Ausdrucksweise, es müssen sprachlich hervorragende Werke sein.

Avatar
screwdriver
05.03.2012
Windows 8 der blanke Horro Also ich habe dieses Wochenende das Windows 8 auf einem Tablet von mir installiert. Problem 1 ich konnte keine Apps öffnen da die Auflösung des Displays 1024x600 beträgt (1024x768 müssen es mindestens sein). Mit einem Registry Trick konnte ich dann die Auflösung höher schrauben. Soweit so gut. Die Apps starten. Die Handhabung geht mir nicht so richtig von der Hand (und dies geht noch besser als mit der Maus). Wenn man Systemeinstellungen aufrufen will muss man sich durch mehrere Metromenüs hangeln... mühsam. Die Apps sind einfach nur Apps und von mir ausgesehen keine vollwertigen Programme. Das schlimmste ist aber das Metrodesign auf einem Desktop PC. Mit der Maus muss man die Fenster auch mit einer Wischbewegung von oben nach unten schliessen. Toll wenn da 10 Fenster geöffnet sind... viel Spass... Beim Desktop fehlt einfach der Startknopf was die Sache nicht gerade erleichtert... ich konnte nur über die Konsole Programme aufrufen. Willkommen in der Dos Steinzeit. Ich glaube das Windows 8 so schlecht wird wie ME und Vista.... oder eventuell noch schlechter. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Firma so eine radikale Umstellung macht bzw. seinen Mitarbeitern dies zumutet. Fazit: auf Tablet brauchbar auf Desktop PC eine Katastrophe!

Avatar
roblu
06.03.2012
Ich glaube das Windows 8 so schlecht wird wie ME und Vista.... oder eventuell noch schlechter. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Firma so eine radikale Umstellung macht bzw. seinen Mitarbeitern dies zumutet. Fazit: auf Tablet brauchbar auf Desktop PC eine Katastrophe! Da bin ich gleicher Meinung wenn sich da nicht noch einiges ändert an der Benutzerfreundlichkeit werde ich keinem meiner Kunden W8 empfehlen :( Vielleicht lehrnt Microsoft etwas und kommt mit W9 wieder mit einem Benutzerfreundlichen OS auf den Markt;) Ps Wie gehabt seit W3.11 einmal Top einmal Flop!!!!!!!!!!

Avatar
hwRob
06.03.2012
Die freie Wahl der Oberflächen, Integration von «alten» Windows-Programmen ...... sind drei Pfunde, mit denen Windows 8 wuchern kann. Was heisst hier freie Wahl der Oberflächen? Ich hatte noch keine Möglichkeit die neue OpenPublic-super-costumer-Preview-SE zu testen. Hat MS folgende Optionen im Angebot: - Kann man bei der Installation von Win8 Metro deaktivieren? - kann man Windows ohne Metro direkt mit dem alten GUI Booten? oder muss man noch immer die umständliche "app" benutzen? Unter der Haube bringt Win8 viel gutes mit sich! Aber dass die MS Designer offenbar ein gutes und bewährtes GUI über den Jordan schicken ist nur der Beweis, wie ignorant mittlerweile es in der IT zu und her geht. Ich verstehe, dass man aus unternehmerischen Gründen ein OS für alles prammieren will, nicht aber, dass man allen eine GUI regelrecht aufzwängt die an einem Desktop/Notebook nicht produktiv ist! Ehrlich gesagt, da finde ich die Entwicklung bei der Ubuntu GUI mit dem HUD viel interessanter! ps: mir geht der ganze tab hype sowieso gegen Strich. Für zwischendurch mal was zu tippen ok, Aber produktiv? c'mon! Nichts anderes als das übliche "poser" Gadget. my2cents