News 25.07.2017, 10:19 Uhr

Der Formatkrieg ums kontrastreiche Fernsehen

Frische Farben für den UHD-Fernseher: Mit HDR 10, Dolby Vision und Hybrid Log-Gamma stehen mindestens drei Standards zur Wahl. Müssen wir schon Angst vor einem Formatkrieg haben?
High Dynamic Range (HDR) ist mittlerweile auf neuen Top-Fernsehern nahezu omnipräsent. Man macht wohl schon fast etwas falsch, wenn man bei der Anschaffung eines nigelnagelneuen UHD-TVs nicht auf die drei Buchstaben achtet. Neben dem schon etablierten «HDR 10» buhlt aber auch «Dolby Vision» um die Gunst der Käufer. Beide Standards stehen für Bilder mit hohem Kontrastumfang und grösserem Farbumfang. Aber wofür soll man sich als Käufer letzten Endes entscheiden? Für HDR oder Dolby Vision? Die beiden Standards unterscheiden sich in einigen Kriterien grundlegend, vor allem beim Farbvolumen und auch bei der Lizenzierung. Während HDR 10 offen ist, müssen die Filmstudios Dolby Vision für sich lizenzieren. Darum ist Dolby Vision doch erst so langsam am Kommen – was aber noch nicht heisst, dass das Ringen um die Kontrastformate schon entschieden wäre.

HDR 10: der offene Standard

Auf sehr gut ausgeleuchteten LED- oder OLED-Fernsehern der neusten Generation werden Sie vor allem bei 4K-Blu-rays oder PS4-Pro-Spielen mit HDR-Optimierung deutliche Unterschiede bei Explosionen oder Sonnenuntergängen wahrnehmen. Selbst Netflix stellt schon einige UHD-Serien in HDR 10 bereit. Wer generell UHD-Streaming nutzt, muss wissen, dass mit HDR auch die Download-Bandbreite um gut einen Fünftel (auf ca. 18 Mbit/s) wächst. Gut beraten ist man im UHD-Premium-Segment eines Streaming-Anbieters generell mit einer Internetbandbreite von mindestens 20 Mbit/s. Wer einen UHD-Fernseher verwendet und ein UHD-Abo beim Streaming-Anbieter hat, findet entsprechende Inhalte unter dem Suchbegriff HDR. Das TV-Gerät kann allgemein deutlich mehr Helligkeitsstufen abbilden.
4K mit und ohne HDR-Kontrast beim ZD9-Fernseher von Sony
Quelle: NMGZ

HDR 10: Vorteile und Nachteile

HDR 10 ist der offene Standard, der von Geräteherstellern wie Samsung und Sony im Rahmen des UHD-Premium-Konsortiums entwickelt wurde. Natürlich auch, um sich nicht Dolbys eigenem Standard mit Lizenzgebühren unterjochen zu müssen. HDR 10 ist sozusagen das Standardformat bei 4K-Ultra-HD-Blu-ray-Discs und wird auch von Sony und Microsoft auf der PlayStation 4 und der Xbox One S unterstützt. Der Vorteil von HDR kann auch als Nachteil ausgelegt werden. Dadurch, dass HDR 10 offener ist, sind auch die Anforderungen an die Videoqualität niedriger als bei Dolby Vision. Während HDR 10 für Fernseher mit bis zu 1000 Nits ausgelegt ist, liegt das Helligkeitslimit bei Dolby Vision bei bis zu 10'000 Nits. Ob es überhaupt je UHD-Fernseher mit einer solchen Ausleuchtung geben wird, steht aber in den Sternen.
HDR 10 beim Sony Bravia ZD9
Quelle: NMGZ
Aussichten zu HDR: HDR 10 hat sich schon ziemlich durchgesetzt und sollte beim Kauf eines ganz neuen 4K-Fernsehers mit einer grossen Diagonalen ab 50 Zoll und mehr definitiv berücksichtigt werden. Die UHD Alliance gibt zwar vor, dass LED-TV-Bildschirme für die HDR-Wiedergabe eine maximale Beleuchtungsstärke von 1000 cd/m² (Candela/Nits) erreichen müssen und einen Schwarzwert von höchstens 0,005 cd/m² haben sollen (bei OLED reichen auch 600 Nits), aber in Wirklichkeit halten sich nicht alle Hersteller daran. Auf jeden Fall macht man mit dem goldenen HDR-Logo nicht viel falsch. Genauer überlegen sollte man, wenn man mit einem High-End-Home-Cinema-Setup liebäugelt.
Nächste Seite: Was bringt Dolby Vision?

Was bringt Dolby Vision?

Was bringt Dolby Vision?

Abspielinformationen zu Dolby Vision sind auf der UHD-Blu-ray-Disc gespeichert. Bei Netflix-Inhalten greift der Fernseher oder externe Player auf die Dateiinformationen der RGB-Bereiche zurück. Um ein Bild heller darzustellen, ist in den grünen und roten Farbspektren eine höhere Helligkeit erforderlich als in den blauen Bereichen. Der Hauptunterschied: HDR 10 überträgt die Metadateien einmal für den ganzen Film, während Dolby Vision die Kontrastdetails Szene für Szene bzw. Frame für Frame durchrechnet.
Dolby Vision im Vergleich zu HDR 10
Bei HDR 10 weiss der Fernseher beispielsweise nicht, welche Details verstärkt werden sollen. Dolby Vision kann sich dabei je nach Szene natürlicher verhalten. Eine Brücke bei pechschwarzer Nacht offenbart dann unter Umständen viel mehr Details, die man selbst auf sehr hellen Fernsehern mit HDR 10 je nach Szene vielleicht nicht sehen würde. Ein Vorteil ist allerdings: Ein Fernseher mit Dolby Vision interpretiert Farben so, wie sie für den TV am besten aussehen, ganz egal, wie viele Nits unterstützt werden. Für eine dynamische Umrechnung auf das Leistungsprofil des jeweiligen Geräts sorgt dabei ein zusätzlicher Algorithmus.
Aussichten zu Dolby Vision: Die Anforderungen an Dolby Vision sind hoch. Zwar ist mit dem erforderlichen 12-Bit-Sampling ein Sprung auf 68 Milliarden Farben möglich. Da aber die meisten Fernseher nur maximal 10 Bit ermöglichen, muss vor allem der Fernseher die höhere Farbpalette unterstützen. Während einige neuere Fernseher wie Sonys 65XE9305 bereits Dolby Vision mittlerweile ab Werk mitbringen oder noch als Firmware-Upgrade erhalten, gibt es erst sehr wenige 4K-Blu-ray-Player, die schon werkseitig auf den HDR-Konkurrenten ausgelegt sind. Ausserdem sind erst vor wenigen Wochen erste 4K-Blu-ray-Discs mit Dolby Vision erschienen, die aber dem Standard bereits eine strahlende Zukunft prophezeien. Grundsätzlich gilt: Unterstützt der High-End-Fernseher beides, hat man als Home-Cinema-Enthusiast hier die beste Wahl.
Nächste Seite: HLG – Hybrid Log-Gamma

HLG – Hybrid Log-Gamma

HLG – Hybrid Log-Gamma

HLG oder Hybrid Log-Gamma ist sozusagen der allerneuste Standard auf dem UHD-Markt, unterscheidet sich aber grundsätzlich von HDR und Dolby Vision. Ins Leben gerufen wurde er von der britischen BBC und der japanischen NHK. Im Gegensatz zu anderen HDR-Methoden, bei denen die Inhalte in Metadaten enthalten sind, ist HLG auf kommende TV-Übertragung ausgelegt. Hybrid Log-Gamma wird es ermöglichen, zukünftig ausgestrahlte Inhalte in 4K bei 100 Hz ohne Qualitätsverlust wiederzugeben. Allerdings sind bis jetzt erst wenige Programme angekündigt. In Deutschland soll im Herbst etwa «Sky» an den Start gehen. Der Vorteil von HLG: Kompatible 4K/HDR-Fernseher können HLG-Videos wiedergeben und müssen dabei keine Metadaten verarbeiten, was auch enorme Bandbreite spart.
Aussichten zu HLG: Hybrid Log-Gamma wird in Zukunft bei vielen Sendern verbreitet sein, weil die Streams dank besserer Kapazitätsausreizung sowohl von SDR- als auch von HDR-Geräten empfangen werden können. Allerdings ist noch unklar, mit welchen Programmen das hierzulande demnächst geschehen wird. UPC etwa wusste zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses noch von keinen Plänen zu berichten.
Zwischen Samsung und LG kam es sogar bereits zu einem Streit wegen der Marke «SUHD»

Logos, Logos

Was Konsumenten zusätzlich den Überblick erschwert, sind weitere Backpanel-Technologien wie SUHD (Samsung) und Slim Backlight Drive (Sony). Für Letzteres verwendet Sony beispielsweise zwei LED-Streifen, um die hohe Leuchtkraft von über 1000 Nits zu erreichen. Bei den OLED-Modellen sind meist ruhigere Farben und Konturen sowie bessere Schwarzwerte auszumachen, aber die Leuchtwerte sind bei LED immer noch unübertroffen. Idealerweise achtet man bei einem neuen TV-Gerät auf Multiformatunterstützung, wenn man das Beste will. Gelegenheits-Film-Konsumenten sind auch mit HDR 10 gut bedient, wenn sie ein Modell mit sehr guter Leuchtkraft kaufen.

Autor(in) Simon Gröflin



Kommentare
Es sind keine Kommentare vorhanden.