Warum die Welt kein zweites Facebook braucht

Es ist zu früh, Twitter den Tod vorauszusagen

Natürlich kämpft Twitter. Mit stagnierenden Nutzerzahlen, mit «toten Accounts» und damit auch mit der Monetarisierung. Denn auch wenn der Kurznachrichtendienst seine Verluste im Q4 2015 etwas verringern konnte, macht er immer noch Verlust. Und der Löwenanteil der Einnahmen kommt natürlich durch Werbung. Der verringert sich aber, wenn die User weniger - oder zumindest nicht mehr - werden.
Problematisch werden besonders die ungenutzten Accounts. Laut eigener Angaben hat Twitter weltweit zwar im Monat 320 Millionen aktive Nutzer (Facebook bringt es auf 1,6 Milliarden), brachte es aber laut StatCounter im Februar nur auf 4,8 Prozent der Social-Media-Aufrufe auf der ganzen Welt. Damit landet Twitter hinter Facebook (85 Prozent) und Pinterest (6,6 Prozent) nur auf dem dritten Platz.
Trotzdem ist es bei Weitem noch zu früh, eine Grabstätte für Twitter zu ordern. Zumindest dann, wenn die sehr treue Community nicht vollends durch unnötige Social-Media-Uniformität vergrault wird. Ein Facebook gibt es schon, ein zweites braucht die Welt nicht. Twitter sollte sich seine Einzigartigkeit bewahren.

Twitter und Facebook haben andere Funktionen

Denn im Kern haben die beiden sozialen Netzwerke eine andere Funktion und damit auch eine andere Zielgruppe. Die Facebook-ähnlichen Features bringen Twitter, wie es die User schätzen, nichts. Während Twitter ein Platz für prägnante kurze Statements ist, ein Platz, um immer auf dem neusten Stand zu sein, ist Facebook ein Ort, um Freunde zu informieren, was man gerade macht.
Beim Zuckerberg-Netzwerk macht ein Algorithmus Sinn, der mir Posts meiner engsten Freunde bevorzugt anzeigt. Bei Twitter will ich keine Sortierung nach Wichtigkeit, ich will die aktuellste News ganz oben. Bei Facebook ist es hilfreich, Freunden anzuzeigen, dass man sich in einer Yelp-Location befindet. Bei Twitter nur dann, wenn ich etwas Witziges und Unterhaltsames für eine grosse Follower-Zahl zu dieser Location sagen kann. Und auch eine Zeichenbegrenzung wäre bei Facebook fehl am Platz. Bei Twitter ist das allerdings der, der seine Aussage nicht in 140 Zeichen packen kann.
Vielleicht gewöhnen sich die Twitter-User an die neuen Features. Die Community damit zu vergrössern und der Stagnation der Nutzerzahlen Einhalt zu gebieten, scheint allerdings fraglich. Und eines sollte man aus all den Highschool-Filmen ja auch gelernt haben: Sich durch Äusserlichkeiten in eine Rolle zu zwängen, die nicht die eigene ist, führt nie zum Erfolg. Am Ende gewinnen auch in US-Teenie-Komödien immer die Individualisten.



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