Analyse: Windows 10 schielt aufs Business

Das letzte Windows oder das Ende des Fat Clients?

Das letzte Windows?

Noch ist 2020 ein weiter Horizont. Wer heute akribisch testet, könnte von Microsoft belohnt werden mit einer Plattform für die Zukunft. So zumindest würde es Redmond gerne lesen. Wenn es nach den Plänen Microsofts geht, könnte Windows 10 das Letzte seiner Art sein. Der Grund für diese Annahme: Mit dem angekündigten Betriebssystem ändert Microsoft auch die Update-Politik. Funktionelle Erweiterungen werden regelmässig und automatisch eingespielt. Die Kunden haben die Wahl zwischen drei Szenarien: «Consumer Pace», «Near Consumer Pace» und «Mission Critical». Für Privat-User ist «Consumer Pace» konzipiert, aber auch für Geschäftskunden, die allzeit die neuste Software installiert haben wollen, um beispielsweise mit den Verbrauchern Schritt zu halten. Das andere Extrem sind geschäftskritische IT-Systeme, die nicht durch Updates blockiert werden können. Hier bietet Microsoft den Administratoren an, die Aktualisierungen bereitzustellen, das Einspielen aber aufzuschieben («Mission Critical»). Dann werden neue Funktionen erst lanciert, wenn die IT ihr Okay gegeben hat. Zwischen den beiden Szenarien sollen Unternehmen zusätzlich die Wahl haben, zum Beispiel einer ausgewählten Benutzergruppe (dem Marketing und Vertrieb) die Updates aufzuspielen, bei anderen (der Finanzabteilung) aber zu blockieren.
Eine Ausnahme bilden die Sicherheits-Updates: Wie schon heute werden Patches regelmässig einmal monatlich bereitgestellt. Diese Politik wird für alle Plattformen gelten – vom Smart Display über das Handy bis hin zum Server.
Wenn sich Administratoren schon heute ein Bild von der Update-Praxis machen wollen, können sie die ARM-Versionen Windows Phone und Windows RT beobachten. Hier stellt Microsoft neue Funktionen in unregelmässigen Abständen für die User bereit. Sicherheits-Patches kommen hingegen regelmässig wie für die Intel-Plattform. Die ARM-Nutzerschaft ist augenscheinlich eine Testpopulation für Redmond.

Ende der Fat Clients?

Niemals die Beta-Phase verlassen hat der App-Store von Windows. Er war und ist heute ein Kompromiss zwischen dem Progrämmchenportal für Mobilgeräte und einer professionellen Software-Verteilung. Mit Windows 10 gelobt Microsoft Besserung:Der App-Store soll endlich Enterprise-tauglich werden. Redmond plant einen einheitlichen Windows-Store für alle User, in dem Faktoren wie Benutzergruppen, Rollout-Pläne und Volumenlizenzen zentral verwaltet werden können. Zusätzlich soll Unternehmen ein firmenspezifischer App-Store bereitgestellt werden, in dem sich der Endanwender aus freigegebenen (öffentlichen) und internen Apps bedienen kann. Die Verwaltungswerkzeuge wie System Center und Windows Intune dienen dann auch dazu, App-Freigaben zu steuern und die Auswahl im Store zu limitieren.
Mit einem adäquaten App-Store könnte Windows 10 nicht nur das letzte Betriebssystem heutiger Art sein, sondern auch die Software-Industrie kräftig aufmischen. Wenn Apps der Standard sind, wie Funktionen am Computer (und auf allen anderen Plattformen) bereitgestellt werden, sind streng genommen keine lokal installierten Programme mehr erforderlich. Die Dateneingabe in eine CAD-Anwendung, ins Kernbankensystem und ins SAP funktioniert jeweils über eine App oder ein Webinterface. Das ist heute bei einigen Programmen schon Realität, Windows 10 könnte den Weg ebnen für noch mehr Software jenseits des Clients.
Windows 10 bietet eine Vorschau auf das, was sich Microsoft unter seinem nächsten Betriebssystem vorstellt. Bis zum allfälligen Verkaufsstart im nächsten Jahr sieht die PC-Welt womöglich wieder anders aus. Dann hat Redmond womöglich aber eine Plattform, mit der die Software-Ingenieure auf neue Entwicklungen rascher als bis anhin reagieren können.



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