Tests 12.10.2016, 08:22 Uhr

Sphärische Erinnerungen: Ricoh Theta S im Test

360-Grad-Kameras schiessen derzeit wie Pilze aus dem Boden. Kann da ein Pionier wie die Ricoh Theta S für 400 Franken noch mithalten?
Schon jetzt werden auf Facebook und YouTube immer mehr 360-Grad-Aufnahmen abgesetzt. Die Ricoh Theta S war zum Zeitpunkt ihrer Markteinführung eine der ersten 3D-Rundumkameras für die Hosentasche. Die schwarze Soft-Touch-Oberfläche aus Kunststoff zeugt von guter Verarbeitung. Ähnlich wie LGs Vollsphärenkamera wandert der 125-Gramm-Knipser bei Nichtgebrauch in einem Etui einfach in die Hosenstasche. Allerdings hat LG noch ein Stück weiter überlegt und gleich eine funktionale Hülle mitgeliefert, die aufgrund ihres Kompaktkunststoffs bei Bedarf zu einem Ministativ umfunktioniert werden kann. Bei Ricoh ist lediglich eine simple Stoffhülle dabei, mit der die Linsen bei Nichtgebrauch immer geschützt sind. Besonders cool finden wir die blau leuchtenden LED-Icons, die den Status des grossen, rundlichen Auslöse-Buttons anzeigen. Dazu umgeschaltet wird über einen seitlichen Miniknopf, wo sich auch die Ein-/Ausschalttaste und der Signalsendeknopf für den Verbindungsaufbau zum Smartphone befinden.
Die Ricoh Theta S ist gerade mal eine Schoggitafel leicht und passt problemlos in die Hosentasche

Stativ bei Videoaufnahmen empfehlenswert

Über ein Micro-USB-Kabel lassen sich die Fotos und Videos auf den Windows-PC oder Mac rüberschaufeln. Damit die Theta S richtig gute Aufnahmen ohne störende Objekte schiesst, kann sie wie andere Kameras ihrer Art per App mit dem Smartphone gekoppelt und gesteuert werden. Noch besser gelingen Aufnahmen, wenn man ein Standardstativ wie eines der Gorilla Tripods (ab ca. 35 Franken) verwendet. Nur so landen Videos ohne Verwackler – und ohne die störende Hand im Flickr-Ferienarchiv. Im Gegensatz zu anderen Rundumkameras ist kein zusätzlicher Slot für eine SD-Karte vorhanden. Der interne 8-GB-Speicher reicht für ungefähr vier bis fünf zwölfminütige Full-HD-Videos. Ein sphärisches Foto mit einer Auflösung von 5376 x 2688 Pixeln belegt etwa 4 Megabyte. Hier ein paar Schnappschüsse. (Zum Betrachten müssen Sie in die jeweiligen Bilder hineinklicken. Danach können Sie mit der linken Maustaste verschiedene Blickwinkel einnehmen.)
Aussenaufnahmen gelingen bei ruhiger Handhabe in der Regel immer.
Für dunkle Innenaufnahmen reicht dann doch die Blendenöffnung nicht immer ganz.

Langsames WLAN-Modul

Die App für Android und iOS ist zweckmässig, bringt aber nicht ganz den riesigen Funktionsumfang der LG-360-Grad-Kamera mit, bei der nebst ISO-Empfindlichkeit und Belichtungszeit noch weitere manuelle Kameramodi zur Wahl stehen. Ein Drittanbieter hat mit der App Theta S Remote für rund 2 Franken sogar eine inoffizielle App für Windows Phone geschrieben. Vom Funktionsumfang her ist sie der Android- und iOS-Version nachempfunden. Im Test jedoch stürzte die Alternativanwendung fürs mobile Windows auf einem leistungsschwächeren Lumia 650 oftmals kläglich ab. Hieran scheitert auch das langsame WLAN-Modul der Theta S, denn die Kopplung zum Smartphone findet nicht über Bluetooth, sondern über eine WLAN-Punkt-zu-Punkt-Verbindung statt. Umständlich ist leider das ständige Wechseln des WLAN-Zugangspunkts, um auf die Fernbedienung übers Smartphone zuzugreifen.
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Videotest und Fazit

Umständlicher Upload auf Facebook

Beim Upload auf Facebook nervt eine weitere Einschränkung. Anstatt das sphärische Bild auf Facebook direkt hochzuladen, wird das Foto jedes Mal zuerst auf der Ricoh-Webseite platziert. Auf Facebook wird dann nur jeweils ein Link angezeigt, der auf die Ricoh-Plattform weiterleitet. Wenig verständlich für uns, warum dieser Umweg gewählt wurde.
Bei der App nervt, dass man nicht direkt Bilder auf Facebook und Twitter hochladen kann
Quelle: Google Play Store
Stellt man das Bild vom Kameraspeicher direkt auf Facebook, wird die Aufnahme als sphärisches Bild vom sozialen Netzwerk (wie auch von Flickr) richtig erkannt. Die Ricoh kann sogar in 360 Grad auf YouTube einen Livestream übermitteln, allerdings auch nur über Umwege mit einer Software auf dem PC und einem verbundenen HDMI-Kabel. Das hat man in der Natur draussen nicht immer dabei. Für einen Preis von Fr. 399.– liefert die Ricoh Theta S dank grosszügiger Linsenöffnung (f/2.0) und bei Zuhilfenahme der App mehr als akzeptable Bilder. Bei Aufnahmen mit wenig Licht ist eine sehr ruhige Haltung zu empfehlen, um matschige Bewegungsunschärfen zu vermeiden. Abstriche hinnehmen muss man bei der Videoqualität, die kein schärferes Nativformat als Full HD (bei 30 Bildern pro Sekunde) zulässt.
Auch hierzu ein Beispielvideo: Mit der linken Maustaste ziehen Sie von einem Winkel zu einem anderen, in der mobilen Ansicht können Sie das Smartphone schwenken, um den Blickwinkel zu verändern.
Kurzvideos mit der Hand gelingen zu unserem Erstaunen meist verwackelungsarm.

Umrechnen bei Upload auf YouTube

Die eigentliche Übertragung zwischen Kamera und Smartphone geht recht flott, kann aber wie bei anderen 360-Grad-Kameras bei einigen 100 MB Videodaten schon einmal bis zu zehn Minuten dauern. Am einfachsten klappt der Upload von Schnappschüssen und Videoclips direkt ab Kameraspeicher. Am besten kopiert man dazu zuerst die Inhalte auf die Festplatte, weil der Zugriff auf den langsamen Flash-Speicher wie bei anderen 360-Grad-Kameras etwas langsam ist.
Beim Upload auf YouTube muss das MP4-Video zuvor mit einem Tool des Herstellers in ein passendes Format umgewandelt werden
Quelle: PCtipp
Für die Umrechnung und Zusammensetzung der beiden Videohälften muss man vor dem Upload auf YouTube ein kleines Gratisprogramm des Herstellers zur Hand nehmen. Alle Programme von Ricoh kann man auf der Herstellerseite herunterladen. Die Konvertierung einer ca. 150 MB grossen MP4-Datei ist auf einem schnellen PC (Core i7) in weniger als einer Minute erledigt. Danach können Sie das Video bei YouTube hochladen.

Fazit

Die Ricoh Theta S ist vom Konzept und Design her eine der ersten praktischen 360-Grad-Kameras. Die Fotos und Videos kommen gut. Die Veröffentlichung von Aufnahmen auf Facebook, YouTube und Twitter ist aber umständlich. Das fängt schon damit an, dass man zuerst auf die Ricoh-Plattform muss, um Bilder und Videos auf Facebook hochzuladen. Auf schwächeren Mittelklasse-Smartphones funktioniert die App eventuell nicht zuverlässig.
Das Testgerät wurde uns freundlicherweise von Brack zur Verfügung gestellt. Zum Produktlink geht es hier.

Testergebnis

Top-Verarbeitung, akzeptable Bilder und Videos
Schwaches WLAN-Signal, Social-Media-Fähigkeit

Details:  2 x 12-Mpx-Sensoren, 360-Grad-Videos in Full HD (30 fps), 360-Grad-Fotos mit 12 Px (JPEG, MP4-Format), f/2.0, 125 Gramm, Micro-USB, HDMI, Apps für iOS, Android und Windows Phone (kostenpflichtig)

Preis:  Fr. 399.–

Infos: 
www.brack.ch

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Autor(in) Simon Gröflin



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