Ein Insider erklärt 07.02.2023, 08:00 Uhr

Die Vergangenheit und Zukunft von Thunderbird

Der italienisch-kanadische Entwickler Alessandro Castellani leitet bei Thunderbird alles, was sich um die Bedienoberfläche dreht. Hier die interessantesten und kontroversesten Aussagen aus seinem kürzlich veröffentlichen YouTube-Video.
(Quelle: YouTube, Videostill, Alessandro Castellani)
Alessandro Castellani – kurz Alex – ist Chef-Produkt-Designer für Thunderbird. In seinem YouTube-Video (engl.) plaudert er aus dem Nähkästchen, spricht über seine bisherigen Erfahrungen mit der Software, ihrem Programmcode und der Community sowie über die weiteren Pläne fürs beliebteste Open-Source-Mailprogramm der Welt.

Ist Thunderbird nicht mehr «Mozilla»?

Die erste Version von Thunderbird wurde am 28. Juli 2003 veröffentlicht. Die Anwendung feiert also im kommenden Sommer ihr zwanzigjähriges Bestehen. Nebst E-Mail bietet Thunderbird heute auch ein Adressbuch, einen Kalender, Aufgaben und sogar einen Chat-Client.
Ursprünglich von den Firefox-Machern – Mozilla – entwickelt, ist Thunderbird von Mozilla inzwischen «irgendwie unabhängig». Aber was bedeutet das?
Laut Alex verlagerte sich der Schwerpunkt von Mozilla im Laufe der Jahre stark. Es wurden immer weniger Ressourcen in die Entwicklung von Thunderbird investiert. Am 6. Juli 2012 kündigte die Mozilla Foundation an, dass sie sich nicht mehr auf Innovationen für Thunderbird konzentrieren und die künftige Entwicklung von Thunderbird auf ein von der Community betriebenes Modell umstellen werde.
Die Entwicklung und der Support wurden von der Community und externen Mitwirkenden übernommen. Eine zentrale Aufsicht fehlte. Dies habe sich laut Castellani sowohl als Segen als auch aus Fluch erwiesen. Einerseits entfachte es ein «Feuer der Unterstützung» innerhalb der Gemeinschaft. Mitwirkende brachten in den Bereichen, die ihnen wichtig schienen, zahlreiche Funktionen und Anpassungsmöglichkeiten ein. Damit wuchs die Community zu einem Musterbeispiel für echte Software-Demokratie heran.
Es mangelte dabei jedoch an Entscheidungsfindungsprozessen, an einer Roadmap, einer «Vision» und anderen Dingen, die für den Erfolg einer Software unerlässlich sind. Das führte, wie Alex sagt, zu Code-Inkonsistenzen, schlechten Bedienelement-Lösungen und fragwürdiger Code-Qualität. Je mehr Zeit ohne eine ordentliche Entwicklungsstruktur verging, desto schwieriger wurde es, mit den technologischen Veränderungen, Innovationen und Verbesserungen der Konkurrenten Schritt zu halten. Manche hielten Thunderbird sozusagen für «tot».



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