Tesla Model S im PCtipp-Test

Energierückführung, Spassmodus und Reichweite

Unter Strom oder der «Spassmodus»

Aber mit dem Tesla will man im Prinzip nur eines: beschleunigen. Immerhin hat man von Kollegen und auf YouTube Eindrückliches gehört und gesehen. Ab auf die Autobahn, Beschleunigungspedal runterdrücken - es presst einem förmlich in den Sitz. Soeben habe ich den «Spassmodus» entdeckt.
Batterie und Elektromotor: Kaum zu glauben, wie viel Kraft diese Einheit auf die Strasse bringt
Denn das uns zur Verfügung gestellte Model S (P85+) wird von einem 85-kWh-Lithium-Ionen-Akku mit über 8000 Zellen angetrieben. Der Akku ist wie eine Granitplatte im Boden des Autos verbaut und mit Titan am Unterboden verstärkt. Er treibt einen Elektromotor mit 421 PS und einem Drehmoment von unglaublichen 600 NM an. Es empfiehlt sich, die Traktionskontrolle einzuschalten. Denn, wenn man das Beschleunigungspedal durchdrückt und somit in den «Spassmodus» wechselt, hechtet die über 2 Tonnen schwere Limousine wie ein Berserker nach vorne und lässt Fahrer und Beifahrer Fliehkräften aussetzen, die süchtig machen. So muss wohl ein Start in einem Kampfjet sein, nur dass dies beinahe geräuschlos geschieht. Einzig ein leises Surren begleitet den 4-Sekunden-Sprint von 0 auf 100 Stundenkilometer. Die 120 schafft unser Model S in 6,5 Sekunden. Dabei kommt dem Tesla zugute, dass er nur einen Gang besitzt - so lässt er aus dem Stand praktisch jeden noch so protzigen Sportwagenfahrer hinter sich. Auch im Non-Spassmodus ist das Fahrgefühl erhaben, beinahe schon majestätisch. Keine Vibrationen von Getriebe oder Motor, die einzigen Geräusche kommen vom Wind und dem Abrollen der Pneus. Das Bewusstsein, dass einzig und allein Strom für den Vortrieb dieser Luxuslimousine sorgt, macht das Steuern eines Teslas speziell - speziell schön. Gespannt warten wir auf das neue Dual-Motor-Allradantrieb-Modell (Bezeichnung P85D), das mit insgesamt 700 PS Motorleistung (224-PS-Frontmotor/476-PS-Heckmotor) aufwartet und in 3,4 Sekunden von 0 auf 100 beschleunigen soll.

Die Sache mit der Reichweite

Apropos Strom - eine Batterieladung soll je nach gewählter Batterie für mindestens 390 Kilometer Reichweite sorgen. Bei unserer Testfahrt entstand nie der Eindruck, dass sich die angezeigten Kilometer zu schnell abbauten - ausser man hatte wieder mal ein paar dieser Spassanfälle, die den Akku jeweils stark belasten.
Aber der Elektromotor kann auch Energie rückführen. Bei voller Rekuperation wird die Batterie mit bis zu 60 kWh aufgeladen. Nimmt man in diesem Modus den Fuss vom Beschleunigungspedal, so bremst der Wagen sogleich ein - und zeigt das natürlich mit Bremslichtern. Daher empfiehlt es sich, die Energierückführung auf «Normal» einzustellen - erstens entspricht das Fahrverhalten eher dem, was man vom Benziner gewohnt ist, und zweitens danken es die Autofahrer, die hinter dem Tesla unterwegs sind. Da jedoch das Perpetum Mobile auch im Jahr 2015 keine Realität ist, muss man früher oder später eine Stromquelle aufsuchen.
 
Gegen Aufpreis installiert Tesla eine spezielle Ladestation in der Garage - Voraussetzung: eine dicke Stromleitung
Dies geschieht zu Hause in der Garage. Einfach das mitgelieferte Kabel an einer normalen 230-Volt/10-Ampere-Steckdose anschliessen und mit dem Tesla verbinden. Dann heisst es jedoch warten. Nach 10 Stunden Laden an der normalen Steckdose gibt es ca. 100 km Reichweite. Lässt man eine Hauptleitung in die Garage ziehen (400 Volt/16 Ampere), dann lassen sich 100 Kilometer in knapp 2 Stunden laden. Eine komplette Batterieladung (500 Kilometer Reichweite) kostet bei 20 Rappen/kWh rund 20 Franken - ein Bruchteil dessen, was man bei gleicher Reichweite für Benzin zahlt. Wer das Modell mit der 85-kWh-Batterie kauft, kann den Tesla auch gratis an einer Super-Charging-Station aufladen. Diese Stationen - es gibt inzwischen 8 davon in der Schweiz - laden die Tesla-Batterie in knapp 40 Minuten zu 80% auf.
An den Super-Charger-Stationen kann man die Batterie mit bis zu 300 Ampère sehr schnell laden
Wir gönnen der Batterie eine solche Strominjektion und machen Halt im Mövenpick-Resort oberhalb von Egerkingen. Dort stehen Supercharger, ein weiterer Tesla-Fahrer lädt sein Auto. Ich verbinden den Super-Charger mit dem Tesla - der Gleichstrom schiesst mit 300 Ampere in die Batterie. Während des Ladens wenden wir uns dem 17-Zoll-Display zu.
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Autor(in) Marcel Hauri



Kommentare
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nihi
29.03.2015
Ich möchte vorausschicken, dass ich für Elektromobilität bin. Ich war schon in den 80er-Jahren mit Prototypen von E-Autos unterwegs. Meine Befürwortung der E-Mobilität ist ein Grund warum ich dem Tesla sehr kritisch gegenüberstehe. Das Konzept geht an der Wirklichkeit vorbei. Für mich ist und bleibt das Teil ein Kurzstreckenfahrzeug. Stellen Sie sich ein Parkfeld mit ein paar Dutzend Teslas an der Ladestation vor und jeder zieht mal schnell seine 300A an Strom! Da stellt man sinnvollerweise das Kraftwerk gleich neben das Parkfeld. Wer mit dem Tesla einkaufen will, wird zwangsläufig zum Aldi-Kunden, da mir kein anderer Detaillist bekannt ist, der entsprechend breite Parkplätze hat. In Tiefgaragen schwindet jede Hoffnung das Fahrzeug auf nur einen Parkplatz zu stellen. Die Grundfläche von von 2 mal 5m entspricht genau meinem Kleinbus mit 12 Sitzplätzen Dazu kommt - ich zitiere aus Ihrem Bericht: "...wer fährt schon gern mit einem Tesla und aufgeschraubten 22-Zoll-Felgen über enge Feldwege und Nebenstrassen?" Was bleibt? - der mehrfach zitierte Spassmode auf der A1, der für den Werktätigen ausfällt, da er am Morgen bei der Fahrt zur Arbeit und am Abend auf dem Heimweg mit tausenden Mitautomobilisten in gebremstem Tempo unterwegs ist. Das Teil macht sich aber ganz gut im Schaufenster und als Model für Prospekte.

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Midori
29.03.2015
Interessanter Test, damit hätte ich nicht gerechnet! Auch wenn natürlich zumeist nur an der Oberfläche gekratzt wird, aber Hauptsache es wird auf den internen Computer eingegangen. Verstehe eigentlich nicht, weshalb man sich in Autos immer noch mit Knöpfen und 7-Segment-Anzeigen herumschlagen muss bzw. sich die Hersteller die komfortable Ausführung fürstlich bezahlen lassen. Meiner Meinung nach wären die umweltfreundlichsten Autos gasbetriebene, deren Treibstoff mit zu Spitzenzeiten anfallendem Strom aus regenerativen Quellen synthetisch (also CO2-neutral) hergestellt wird. Aha. Und das heisst konkret? Biogas, also Nahrung verderben lassen? Solange Strom nicht aus Kohle, Öl oder Gas stammt, ist für mich das genügend umweltfreundlich. Und ja, ich stufe Atomstrom als umweltfreundlich ein.

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Masche
29.03.2015
Kann man diesen Thread mit diesem zusammenführen? [Mod-Edit: Yep, erledigt! (sal)]

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Masche
29.03.2015
Biogas, also Nahrung verderben lassen? Du verwechselst das mit Biodiesel (hergestellt unter anderem aus Raps-, Kokos-, Palm- und Sojaöl). Biogas macht man nicht aus Nahrung sondern hauptsächlich aus Abfällen und nicht essbaren Pflanzenresten. Und ja, ich stufe Atomstrom als umweltfreundlich ein. Darüber diskutiere ich erst, wenn die Entsorgung gelöst ist (für mehrere Millionen Jahre!).

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Leachim
29.03.2015
Biogas, also Nahrung verderben lassen? Biogas, also Nahrung verderben lassen? Abgesehen von aus kompostierbaren Abfällen hergestelltem Biogas finde ich das gar keine gute Idee (da hiermit die Nahrungsmittelproduktion konkurrenziert wird)! Aber das habe ich ja nicht geschrieben: regenerative Energien = Wasser, Wind, Solar ... Das CO2 bei dem von mir erwähnten Verfahren stammt aus der Luft (Synthetic Natural Gas SNG, umgangssprachlich auch "synthetisches Erdgas" genannt), und nicht aus Pflanzen. Es wäre eine Möglichkeit, die Energie der Erneuerbaren zu speichern, da ihre Spitzen meist zu "Unzeiten" anfallen (Sommer, Schönwetter). Bin übrigens kein grundsätzlicher AKW-Gegner, doch zuerst muss ein Endlager gefunden werden! Und unabhängig vom Ausland machen sie uns nun wirklich überhaupt nicht.

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medwed
29.03.2015
Ist gelöst Darüber diskutiere ich erst, wenn die Entsorgung gelöst ist (für mehrere Millionen Jahre!). Technisch ist die Endlagerung schon lange gelöst. Nur politisch nicht.

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Katharina B.
29.03.2015
Technisch ist die Endlagerung schon lange gelöst. Nur politisch nicht. Das stimmt nun wirklich nicht. Genau aus diesem Grund hat Kalifornien gegen die Bundesregierung prozessiert (weil das Thema Nuklearenergie staatshoheitlich bei einer Bundesbehörde liegt), gewonnen, den Bau von AKWs gestoppt und die meisten bestehenden AKWs zurückgebaut.

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Katharina B.
29.03.2015
Nur mit Strom fahrende Fahrzeuge machen nur in einer dichten Siedlungsweise sinn. Nicht aber in dezentralen, wo die Reichweite der Batterie unterhalb der Siedlungsdistanzen liegt und damit Stromtankstellen fehlen. Rein von der Logistik her machen flüssige Energieträger mehr sinn, da sie leicht in die bestehende Infrastruktur integriert werden können. Von da her sehe ich für Fahrzeuge eher in Energiezellen die Zukunft, dort wird verflüssigter Wasserstoff als Energieträger benutzt und in der Energiezelle Strom erzeugt. Diese Technologie besteht seit den 60er Jahren und ist in extremsten Umweltbedingungen (Raumkapseln) bewährt. Allerdings immer noch teuer. Den Wirklichen Impact von Tesla sehe ich eher in der Haustechnik: Musk investiert sehr viel in die Herstellung und Forschung der Batterien und die Zielrichtung da ist tatsächlich Haustechnik, wie er in der neuesten Letter to Investors schrieb. Wird ein Haus mit einer weiterentwickelten Variante der Tesla Batterie bestückt, kann dieses kombiniert mit z.B Solarzellen, vom Stromnetz autonom werden. Es bieten sich andere Einsatzzwecke an, zB die Zwischenspeicherung oder Pufferung von Windenergie. Dies vereinfachte die Anbindung an Stromnetze (Stichwort intelligent Grid). Der Energiebedarf einer Durchschnitsswohnung ist weitaus tiefer als derjenige eines Autos (Stichwort kinetische Physik).

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medwed
30.03.2015
Doch, stimmt Das stimmt nun wirklich nicht. Genau aus diesem Grund hat Kalifornien gegen die Bundesregierung prozessiert (weil das Thema Nuklearenergie staatshoheitlich bei einer Bundesbehörde liegt), gewonnen, den Bau von AKWs gestoppt und die meisten bestehenden AKWs zurückgebaut. Kalifornien ist in höchstem Masse erdbebengefährdet, da lässt sich keine Endlagerung realisieren. Was nichts daran ändert, dass die Technik zur Endlagerung besteht: aber nicht jeder Ort und nicht jeder Fleck ist dazu geeignet. Genauso wenig, wie sich jeder Platz für ein AKW eignet. An einem erdbebengefährdeten Ort und erst noch an der Meeresküste bespielsweise ist es absoluter Unsinn, wie Fukushima zweifellos zeigte. Hat aber mit dem AKW nichts zu tun, das am richtigen Platz und mit der richtigen Technik sicher betrieben werden kann. Wie die Endlagerung auch.

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rodolfo3570
30.03.2015
Wie wird der Tesla besteuert? Stimmt es, dass Basel-Stadt den abgasfreien Tesla, betrieben mit Strom aus 100% erneuerbaren Quellen, wie einen Benziner mit riesigem Hubraum besteuert, Solothurn aber gar keine Steuer erhebt?