Samsung 13.03.2020, 11:00 Uhr

Im Test: Samsung Galaxy S20 Ultra

Am Freitag ist es soweit: Das neue Edel-Phone von Samsung feiert seinen Einstand in der Schweiz. Wir haben bereits Hand angelegt und erklären, was Sie von Samsungs Powerhouse erwarten dürfen.
(Quelle: Samsung)
Es ist schon erstaunlich, was die mediale Dauerpräsenz eines Themas – in diesem Fall Corona – mit dem Zeitgefühl machen kann. PCtipp wurde nämlich eingeladen, das Galaxy S20 Ultra auszuprobieren, mit dem Verweis, dass das Phone dann rund vier Wochen später in den Handel gehen wird. Eigentlich ein zeitlicher Klacks, so ein Monat. Dadurch, dass man aber damals noch nicht wirklich über Corona sprach, kommt es mir nun so vor, als wäre das ewig her! Das Samsung Galaxy S20 Ultra, ein Relikt aus der Prä-Corona-Zeit. Aber keine Angst, so tragisch ist es dann doch nicht. Jedenfalls hat dieser Umstand der Qualität dieses Phones keinen Abbruch getan. Im Gegenteil. Mit einer Bilddiagonale von 6,9 Zoll und Massen von 16,7 × 7,6 × 0,8 Zentimetern und einem Lebendgewicht von 221 Gramm kann sich das Telefon einer gewissen Präsenz sicher sein.

Kurz zum Innenleben: Wie wir schon beim Ersteindruck geschrieben haben, ist das Galaxy S20 Ultra derzeit Samsungs Vorzeigegerät. Und als solches entschloss sich Samsung, auf Kompromisse zu verzichten. Was ist der Hauptkompromiss bei einem Flaggschiff-Smartphone 2020? Eine 4G-Version. Sowas gibts beim S20 Ultra nicht. Das 5G-Modul ist verbaut und ready. Punkto CPU gibt es wie immer die asiatisch/europäische Version des Phones, mit dem Exynos 990, die Nordamerikaner kriegen einen Snapdragon 865 (der übrigens im neuen Oppo Find X2 Pro verbaut ist, sehen Sie dazu unser Hands-on hier). Dazu haben Sie die Wahl zwischen (Achtung, jetzt kommt der Kompromiss!) der Version mit 128 GB Speicher und 12 GB RAM oder dem Vollgasziegel mit 16 GB RAM und 512 GB Nutzspeicher. Beide Versionen kommen gleichermassen mit einem 5000-Milliampère-Akku und Android 10 ab Werk. Und, nicht zu vergessen, der neuen Version von Samsungs One UI, One UI 2.1. Diese Oberfläche, soviel sei vorausgeschickt, bringt mich dazu, meine vermeintlich bedingungslose Liebe zu Android One infrage zu stellen.
+ Das Display
Wie Sie bereits lesen konnten, ist das S20 Ultra kein Zwerg. Kein dezentes Schatzkästchen. Eher so: Hallo, hier komm' ich und ich kann so ziemlich alles. Der Vorteil: Seitenränder sind kein Thema. Die Screen-to-Body-Ratio dürfte irgendwo bei 95, 96 Prozent liegen – und das auch nur wegen des neu in der Mitte platzierten Punch Holes mit der Frontkamera (40 Megapixel, Weitwinkel, unterstützt 30 fps bei 1080p Videos, bis 60 fps bei 2160p Videos). Des Weiteren verzichtet Samsung praktisch gänzlich auf Edge- oder Waterfall-Gedöns, wir haben ein schönes, gerades Display oder jedenfalls fast. Fehleingaben werden dadurch erheblich minimiert. Auch das friemelige Bedienen von Scrollbalken (sag Hallo, Spotify-App) wird sehr viel angenehmer.

Das Display weist ein 20:9-Verhältnis auf (QHD+), wirkt dadurch etwas länglich, jedoch nicht gerade wie der Extremfall Xperia 10 (wir wollen das Seitenverhältnis nicht bewerten, der Terminus Extremfall ist gänzlich neutral zu werten). Es wirkt nicht so, weil es einfach auch ziemlich breit ist. Zudem bringt das Display einiges mit, HDR10+-Zertifikation und 511 dpi, aber vor allem eine Bildwiederholfrequenz von 120 Hertz. Per Default sind 60 Hertz eingestellt, was sich aber in den Optionen ändern lässt. Wir warnen an dieser Stelle: Wenn Sie einmal 120 Hertz ausprobiert haben, werden Sie auch mit den Nachteilen leben müssen, die diese Einstellung mit sich bringt. Denn einmal ausprobiert, wollen Sie nicht mehr zurück. Denn diese Reduktion von Dopamin, die eine Rückkehr zu 60 Hertz mit sich bringt, führt zu Verzweiflung und Trauer (zugegeben: Wir können und wollen es nicht medizinisch belegen.) Die Nachteile der 120-Herz-Einstellung sind eine Reduktion der Auflösung (von 3200 × 1440 auf 2400 × 1080) und ein deutlich spürbarer Rückgang der Akkulaufzeit.

Die Display-Helligkeit beträgt 379 Nits, der Boost-Mode kann dies aber temporär ändern in 1010 Nits, etwa bei starker Sonneneinstrahlung. Daraus resultiert eine rekordverdächtige Leuchtkraft.
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+ Kamera, Video

Kommen wir erst zu den harten Fakten: Wir haben insgesamt fünf Linsen, davon eine vorne. Was diese zu leisten vermag, haben Sie weiter oben schon gelesen. Kommen wir also zur Rückseite. Dort erwartet uns eine grosse, rechteckige Aussparung, daneben prangt das Label «Space Zoom 100x». Weil man damit also bis in den Weltraum zoomen kann, umgangssprachlich. Ob man damit den Lieblingswitz von Huawei-CEO Richard Yu persiflieren will («As you can see, with the Samsung Phone, you can’t see the Galaxy, haha»), ist nicht überliefert. Zudem haben wir eine maximale Auflösung von sage und schreibe 108 Megapixeln und ein Weitwinkel. Unklar ist, wie viele Stufen das optische Zoom nun tatsächlich hat (offiziell ist es unklar, wir sagen Ihnen: vierfach). Der Hersteller spricht von einem zehnfachen Hybridzoom.

An dieser Stelle möchten wir kurz einen Einschub machen und uns zusammenfassend zur Kamerasituation äussern. Samsung bietet hier die ganze Bandbreite an. Alles, was 2020 von einem Top-Phone so erwartet wird: der Ultra-Weitwinkel, eine Telefoto-Linse (und der ganze Brennweitenbereich dazwischen) sowie eine DepthVision-Cam. Und überall liefert das Gerät starke Ergebnisse. Die Tele-Brennweite bei Zoom-Faktor 2 bis 5 sind unserer Ansicht nach sogar mit die Kernstärke der gesamten Kameraausstattung. Ebenfalls stark ist der Hauptsensor. Samsung bedient sich hier der altbekannten Pixel-Binning-Technologie (das «Binnen» mehrerer Pixel zu einem grossen Pixel), wobei das Verhältnis beim S20 Ultra sogar 9 zu 1 beträgt, also letzten Endes 12 Megapixel (9 × 12 = 108, nur für den Fall). Etwas anders sieht es beim Space Zoom aus. Wie schon beim 50fach-Zoom des Huawei P30 Pro vor einem Jahr, gehört marketingwirksame Specs-Prahlerei einfach zum Spiel. Wie schon im Hands-on erwähnt, ist die geringste Handbewegung der Tod jeder guten Fotografie auf diesem Zoom-Level. Wer das Handy allerdings auf ein Stativ spannt und es so als Teleskop-Ersatz nutzen will: machbar.

So, Videomodus. Jep, 8K-Videos mit einem Smartphone, das geht. 7680 × 4320 Pixel. Cool, macht auch Spass, nur: Haben Sie einen 8K-Screen? Weil … Wie will man sich das Video denn sonst in der Qualität anschauen, in der es produziert ist? Ich will nicht als Unkenrufer missverstanden werden; die technische Umsetzung ist soweit super. Aber: 4K mit 60 fps wird vom S20 Ultra auch unterstützt, ergibt mehr Sinn und gehört zu den Bereichen, in denen das S20 Ultra eine gute Leistung zeigt. Dort kommt auch die verbesserte Bildstabilität zum Tragen. Auch starkes Durchrütteln steckt die Kamera gut weg und das Videomaterial zog beim Betrachter keine Folgeschäden wegen Schwindel nach sich. Heisst konkret: Der vergrösserte Bildsensor verringert starkes Ruckeln und Unschärfe.

Ebenfalls ein neues Keyfeature im Kamerabereich ist der Single Take Mode. Einfach den Auslöser beim Filmen gedrückt halten und die entsprechende Software macht Fotos und Videos mit allen Linsen gleichzeitig. Es verwandelt sie dann in ein kurzes Video, in GIF-ähnliche Animationen, speziell gefilterte Fotos und so weiter. Die festgehaltene Szenerie in verschiedenen Versionen also. Spassig.

+ One UI 2.1, hohe Konnektivität
Wie bereits eingangs erwähnt, gefällt mir Samsungs Oberfläche mittlerweile sehr. Die Icons mögen ein wenig bunt und rund sein, die Menüführung überzeugt allerdings. Es ist ein sehr aufgeräumtes Design mit übersichtlichen Menüs, die den User nicht einfach so mit tausend und einem Feature allein lässt. Aber auch die Zusatzfeatures sind nützlich. So zum Beispiel der Widgetmode. Jedes App-Icon kann als Mini-Widget angepinnt werden und ist dann stets und ständig zu sehen, egal, was man mit dem Handy gerade macht. Tippt man darauf, öffnet sich die App im Mini-Format, ohne dass sich die App, die man ansonsten gerade offen hat, schliesst. So kann man auch im Mini-Format WhatsApp-Nachrichten beantworten und dennoch läuft das Video bei YouTube weiter. Zudem kann auch der Transparenzgrad bestimmt werden, sodass die eigentlich offene App immer noch durchschimmert, wenn man die Mini-Version der angepinnten App offen hat. Das neue, Samsung-eigene Quick Share, ein Android-Pendant zu AirDrop, vereinfacht das schnelle Teilen von Inhalten sehr. Bleibt zu hoffen, dass hier eine Android-übergreifende Lösung entwickelt wird, aktuell kocht hier noch jeder sein eigenes Süppchen.

Lobend zu erwähnen ist die moderne Connectivity: USB 3.2, Wi-Fi 6, LTE Cat. 20, 5G, Bluetooth 5.0 und NFC. Mehr geht eigentlich gar nicht. Und die Klinkenbuchse? Hätte sich wohl schlecht mit einer Staub- und Wasserdichtezertifizierung (IP68) verstanden. Zudem unterstützt das Gerät Dual-SIM, E-Sim und einen microSD-Slot hats auch, sofern man auf die zweite SIM verzichten kann.

Ach ja – und Bixby. Ich glaub, der kann jetzt mehr als vorher. Couldn’t care less. Sorry Samsung.

+ Audio

Zum Audiobereich gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Er ist gut. Die Gesprächsqualität ist kristallklar, auch mit Lautsprechern. Bei Audio-Fragen arbeitet Samsung ja mit AKG zusammen, was auch bei den Speakern zu hören ist. Theoretisch ist der Output für das Musikhören im Bett auch gut genug. In der Praxis löhnt man einen Hunderter für einen guten Bluetooth-Speaker.

+/– Antenne, Akku

Irgendwann muss es ja kommen: Diese Sachen waren eher enttäuschend. Kommen wir zunächst zum Akku. Er ist okay. Auch im 120-Hertz-Modus und bei starker Beanspruchung kommt man durch den (Arbeits-)Tag. Das allabendliche Laden wird den Usern aber nicht erspart. Wir sprechen da etwa von 10 Stunden. Bei 60 Hertz sind es natürlich mehr. Diese Werte sind in Ordnung, es gibt aber halt einige Geräte, die hier besser performen. Gut, dass Samsung ein 45-Watt-Netzteil beilegt. In einer knappen Stunde von 0 auf 100, das kann sich sehen lassen.

Kommen wir zu einem anderen Kritikpunkt, der sich aber noch ändern soll: der Empfang. Es mag auf hohem Niveau gejammert sein, aber das Antennenmodul lässt sich meiner Erfahrung nach sehr schnell einschüchtern. Auch in Ladengeschäften mitten in der Stadt Zürich kämpfte zeitweise ein letzter Balken 4G um seine Existenz. Ähnliches beobachtete ich während Zugfahrten. Den bewegungsbedingten Wechsel von Antennen steckte das S20 Ultra nicht immer total problemlos weg.

Preise und Verfügbarkeit

Das Galaxy S20 Ultra und seine «kleinen Geschwister» sind ab kommendem Freitag, 13. März, im Handel erhältlich. Das Gerät gibts in Grau und Schwarz zum Preis von wahlweise 1349 Franken mit 12 GB RAM und 128 GB Speicher oder 1549 Franken für 16 GB RAM und 512 GB Speicher.

Fazit

Das Galaxy 20 Ultra ist der volle Deal. Es gibt keine Kompromisse. Kameramässig ist es aktuell das Nonplusultra. One UI 2.1 ist – neben Android One – das beste Android GUI. Das Display ist ungeschlagen. Die Akustik top. Die Videos sind top. Aber: Es ist auch wieder einiges an Marketinggeblubber festzustellen. Eines der Keyfeatures, nämlich der Space Zoom, ist vor allem Show-off für die Konkurrenz. Der Akku ist nur okay und die 4G-Probleme haben echt genervt. Das kostet Samsung, auch hinsichtlich des Preises, den letzten halben Stern.
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