AI-Regulierung 19.04.2023, 08:48 Uhr

EU soll Algorithmen genau regeln

ChatGPT ist in aller Munde. Allerdings gibt es Algorithmen und AI schon länger. Big-Tech-Firmen – wie Google oder Facebook – wenden sie seit Jahren an. Das Zentrum für Transparenz der Europäischen Union soll nun genau hinter die Fassade blicken.
(Quelle: OpenAI)
Die Europäische Union will die Blackbox undurchsichtiger Software-Entscheidungen im Internet öffnen und so Online-Riesen wie Facebook oder TikTok sicherer für ihre Nutzer machen. Um die Mechanismen hinter Hassreden, Desinformationskampagnen oder psychischen Gefahren für Kinder tatsächlich zu verstehen, müssen EU-Beamte in Zukunft das Herz und die Seele der Plattformen sezieren: Wie arbeiten die Empfehlungssysteme? Was für Algorithmen liegen ihnen zugrunde? Welche gesellschaftlichen Auswirkungen hat all das? Das Europäische Zentrum für Algorithmen-Transparenz (ECAT), das am Dienstag in Sevilla eröffnet wurde, soll dabei eine massgebliche Rolle spielen.
Das Regelwerk, das Ordnung in den «Wilden Westen» des Internets bringen soll, ist das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA). Bislang setzt die EU im Kampf gegen illegale Inhalte vor allem auf Selbstverpflichtungen der Dienste. Der DSA soll nun unter anderem sicherstellen, dass Plattformen etwa Hassrede und gefälschte Produkte von ihren Seiten schneller entfernen. Für die ganz grossen Plattformen sollen besonders scharfe Vorgaben gelten. Die EU-Kommission wird auf Grundlage der Nutzerzahlen in den kommenden Tagen bestimmen, wer darunter fallen wird. Facebook, Instagram, YouTube oder Twitter dürften aber dazu gehören. Sie alle organisieren ihre Dienste massgeblich über Künstliche Intelligenz (KI) – also Algorithmen. Und da kommt das ECAT ins Spiel (European Centre for Algorithmic Transparency).

Algorithmen steuern Wahrnehmung der Welt

KI ist seit Langem massgeblich dafür verantwortlich, wie Nutzer das Internet erleben: Welchen Song hören wir als Nächstes? Welcher Post wird uns angezeigt? Welche Ergebnisse erscheinen bei unserer Suche? Welches Produkt sollen wir kaufen? Algorithmen bestimmen so wesentlich die Wahrnehmung der Welt und werden so immer ausgefeilter. Einigen bereitet das grosse Sorgen. Sie warnen davor, dass die selbstlernenden Programme unkontrollierbar werden könnten.
Für globale Aufmerksamkeit sorgt derzeit besonders der Text-Automat ChatGPT. Man gibt ihm einige Stichworte oder stellt ihm eine Frage – als Antwort bekommt man einen ausformulierten Text, der oft nicht als computergeneriert erkennbar ist. Mittlerweile gibt es auch Programme, die auf Basis weniger Wörter Bilder erzeugen können. Das Risiko, dass solche Technologien für Fake News genutzt werden könnten, ist offensichtlich. Mehrere EU-Abgeordnete forderten zuletzt einen globalen Gipfel zu den Gefahren von Künstlicher Intelligenz.
Doch zurück ins spanische Sevilla, wo ECAT-Wissenschaftler – wie in einer deutschen Amtsstube – daran arbeiten, dass sich die amerikanischen Online-Giganten an europäische Regeln halten. Ein Team aus 30 Mitarbeitern, darunter KI-Experten sowie Daten- und Sozialwissenschaftler, wird die EU-Kommission künftig bei der Durchsetzung des DSA beraten und sich mit weiteren Experten austauschen. Letztlich liegt die Hoheit über die Regeln nicht in Sevilla, sondern in Brüssel.



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