News 03.07.2008, 11:46 Uhr

«Eltern müssen noch viel lernen»

Trotz gewonnenem Gerichtsurteil organisierte der Geschäftsführer des Mediamarkts Bern-Muri einen Infoabend zum Thema «Jugend und Games». Eltern schien das allerdings nicht gross zu kümmern.
Das Thema ist brisant und allgegenwärtig. Jugendliche würden durch Gewalt in Videogames negativ beeinflusst, heisst es etwa. Man müsste meinen, Eltern sorgten sich deshalb um ihren spielenden Nachwuchs. Oder setzten sich zumindest mit der Thematik auseinander. Gemessen an der Besucherzahl der gestrigen Veranstaltung ist dem aber nicht so. Nur gerade drei Elternteile haben am kostenlosen Infoabend des Mediamarkts in Muri bei Bern teilgenommen. Die restlichen zwölf Besucher setzten sich aus Lehrern, Psychologen und Journalisten zusammen.
Vorgeschichte
Der Geschäftsführer des Mediamarkts Bern-Muri, Peter Schmid, wurde vom SP-Politiker Roland Näf verklagt, weil das Videospiel «Stranglehold» in der Berner Filiale erhältlich ist. Die Gewalt in dem Spiel sei nicht tolerierbar, begründete Näf die Klage. Die Richter waren anderer Meinung und haben Schmid freigesprochen, der Mediamarkt darf das Spiel weiterhin legal verkaufen. Trotzdem ist es Schmid ein Anliegen, dass die sogenannten «Killerspiele» nur an Erwachsene verkauft werden, der Jugendschutz gezielt gefördert wird und die Eltern von Gamern für das heikle Thema sensibilisiert sind. Zu diesem Zweck referierten gestern auf Einladung des Mediamarkts Peter Züger, Geschäftsführer der SIEA, Franz Eidenbenz, ein Psychologe sowie Karolina Frischkopf, Leiterin der Fachstelle ECPAT Schweiz.
Wer spielt «Killergames»?
Laut Peter Züger gibt es in der Schweiz 1,3 Millionen Gamer im Alter von 14 bis 49 Jahren. Laut Umfragen die bei Gamern durchgeführt wurden, wird vor allem aus Spass und Erholung gespielt. Am beliebtesten sind nicht etwa Spiele mit gewalttätigen Inhalten, sondern Strategie- und Renngames. Shooter spielen schweizweit nur acht bis neun Prozent aller Gamer, also etwas mehr als 110'000 Personen.
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Autor(in) Reto Vogt



Kommentare
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BlackIceDefender
03.07.2008
Interessant. Auch, dass eigentlich gesunder Menschenverstand zum gleichen Schluss kommt: Mann/Frau muss sich halt mit den Kids abgeben und mit ihnen reden,reden,reden. Und zwar wie mit Erwachsenen mit etwas wenig Erfahrung. Danke fuer den Bericht. So wie ich das lese, scheint die Veranstaltung doch etwas oberflaechlich gewesen zu sein. Es wird von 'Gefahren' beim Gaming gesprochen. Aber nicht spezifischer wie welche Gefahren. Indirekt wird eine Suchtgefahr erwaehnt. Zum Hauptthema Killergames, Gewaltdarstellung und der (fehlenden) Korrelation zu tatsaechlichen Gewalttaten wurde nichts gesagt. Wenn es aber einen lebhaften sachlichen diskurs oeffnet, dann gut. Verbote nuetzen nichts. Im Gegenteil. Ich erinnere mich an meine Kidzeit: Noch Neugieriger. Sicher kann diskutiert werden, ob rating-schema zu lasch oder zu strikt sind. immerhin ist es EIN Masstab. wenn ich weiss dass deren PG-13 meines erachtens eher PG-17 ist, dann kann ich als Elternteil entsprechend handeln. dass der laden dann halt nicht verkaufen sollte, wenn's unter 18 nicht verkauft werden soll: eigentlich richtig. aber dann geht dann der schulkollege der schon 18 ist einkaufen. leuten, die mehr gesetze und vorschriften im bereich eltern-kinder und die art und weise, wie verzogen werden soll, verlangen, empfehle ich, eine weile als Eltern mit Teenagern in den USA zu leben. Um zu sehen wie die Lifestile-Gestapo in den Schulen operiert. Allerdings scheint hier die sensibilitaet betreffend haeuslicher gewalt und deren auswirkungen auf die mitglieder eines haushaltes (kinder und erwachsene) weiter zu sein. Da wird viel frueher eingegriffen als in der schweiz. haeusliche gewalt und ausrasten: da gibt es eindeutige korrelationen. bei games nicht, wie ich in anderen posts schon gesagt habe.

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03.07.2008
Eltern müssen wahrlich noch viel lernen Meinen 3 Kindern werden auch Grenzen gesetzt. Jeden Tag wird zwar darüber gelästert, aber heute kann ich sagen, dass ich wenigstens Grenzen setzen kann. Meine Tochter ist 16 und mein Sohn ist 13. Beide dürfen pro Tag eine Stunde am PC/PS2 spielen. Dann ist Schluss! Zudem kommen einfach keine Spiele ab 18 ins Haus, genausowenig wie Filme. Damit kann ich zwar nicht verhindern, dass sie nicht doch solche Filme sehen oder Spiele spielen - aber sie sind nicht nicht dauernd dem ausgesetzt, sondern nur ausnahmsweise. Es hat ja schliesslich einen Grund, dass Spiele und Filme ab 18 sind. Wenn ich nun aber mit andern Eltern rede, dann heisst es: die lassen sich nichts mehr sagen (heul heul). Diese Eltern verstehen nicht, dass man halt bereits mit 3 Jahren beginnen muss, Grenzen zu setzen und manchmal halt auch nachhelfen muss. Bei mir hat z.B. der Notebook ein Boot-Passwort. D.h. die Kinder können nur an den PC wenn die Eltern einverstanden sind. Doch einfach ist das nicht, man hat jeden Tag Auseinandersetzungen, die darf man halt auch nicht scheuen. Man sollte sich vor Augen halten, dass es nur zum Besten der Kinder ist und dass wir selber auch vielfach nicht verstanden haben, warum unsere Eltern Grenzen setzten. Im Nachhinein, wurde es uns dann vielfach klar. Und wenn schon jemanden verklagen, dann höchsten die Hersteller, doch dafür fehlt wahrscheinlich der Mut und das Geld.

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rroethli
03.07.2008
naja! irgendwie peinlich, oder? Ein Riesengeschrei wegen Killerspielen - und wenn man informieren will geht keiner hin. Für mich ist klar: ich will wissen, was meine Kinder wann (und wielange) spielen. Selber bin ich begeisterter WoW-Spieler, gerne auch mehrere Stunden am Stück... bei meinen Kindern würde ich das NICHT zulassen. (Verkaufs)-Verbote verlangt nur, wer sich der (Technischen) Möglichkeiten nicht bewusst ist. Jedes (!) Spiel ist irgendwie erhältlich. Entweder über ältere Freunde, oder übers Internet. Aber wenn sich Eltern nicht dafür interessieren, was Ihre Kinder machen, hilft alles nichts, ist halt bequemer, sie vor'm PC oder Fernseher sitzen zu lassen, als im Wald oder Sandkasten die Phantasie zu bemühen. Schade eigentlich. und ja, mein Vorposter hat Recht: Grenzen setzen IST anstrengend, nervenaufreibend und mühsam. Lohnen tut sich's auf jeden Fall.

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Telaran
03.07.2008
So wie ich das lese, scheint die Veranstaltung doch etwas oberflaechlich gewesen zu sein. Es wird von 'Gefahren' beim Gaming gesprochen. Aber nicht spezifischer wie welche Gefahren. Indirekt wird eine Suchtgefahr erwaehnt. Zum Hauptthema Killergames, Gewaltdarstellung und der (fehlenden) Korrelation zu tatsaechlichen Gewalttaten wurde nichts gesagt. Wie ich bereits in vorhergehenden Thread versprochen habe, werde ich sicher die kommenden Tage meine Sichtweise des Abend schildern. Doch ich möchte betonen, dass diese Veranstaltung einen soliden und fundierten eindruck gemacht hat und was man erwähnen sollte: Oberflächlich wäre anders gewesen. Die Veranstaltung startete 19:00 und alleine die Referate gingen bis etwa 20:40. Danach war noch "bilateral" möglich sämtliche Referenten anzusprechen und alle drei, sowie der Initiant waren fast bis 21:30 (teilweise 21:45) ansprechbar und waren sehr interessiert Fragen und Meinungen auszutauschen. Ich hatte eigentlich mit dem schlimmsten gerechnet und wurde positiv überrascht. Das einzig bedauerliche ist eben die Präsenz/Interesse der Zielgruppe -> Eltern die bisher nur der Populistischen Medien glauben

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BlackIceDefender
03.07.2008
@Telaran: Ich habe nur den Eindruck des Oberflaechlichen aufgrund des Berichtes erhalten. Ich bin froh, dass dem nicht so war. (Damit will ich uebrigens auch nicht den Bericht von Reto Vogt kritisieren, es kam einfach hier ein bisschen so an). Dass anscheinend wenig Eltern kamen hat vielleicht gerade damit zu tun, dass das Thema 'unter deren Radarschirm' ist. Vielleicht hilft etwas Laerm da. Frage allgemein: Wird das Thema (Gewaltdarstellungen, Gamin Sucht etc.) an den Schulen thematisiert? Welches Alter? Gibt es regelmaessige Eltern-Lehrer treffen?

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Telaran
03.07.2008
Frage allgemein: Wird das Thema (Gewaltdarstellungen, Gamin Sucht etc.) an den Schulen thematisiert? Welches Alter? Gibt es regelmaessige Eltern-Lehrer treffen?Also, die ECPAT versucht regelmässig über Schulen an die Kinder und Eltern zu gelangen. Dies ist aber halt eher "mässiger" Erfolg. Auch Herr Züger machte deutlich, dass schon mehrfach versucht wurde mit den Verantwortlichen im Bildungswesen (Lehrerverband) einen Weg zu finden, die Kinder in den Schulen mit angepassten Lerhplänen entsprechend sensibilisieren soll. O-Ton von Herr Züger: Nach mehrere Gesprächen erschien der Eindruck, dass der Lehrerverband dieses Thema nicht auf seiner Agenda haben will. Der Tenor der drei Experten war allgemein: Jeder will eine Lösung, es gibt diverse Ansätze, aber solange die Eltern sich Ihrer Verantwortung und den Risiken nicht bewusst werden, solange führt alles ins Leere. (Züger hatte es schön fomuliert, dass jede Massnahme ein Teil einer Langen Multiplikation darstellt und solange etwas darin eine 0 hat, wird auch ein 0 rauskommen und derzeit ist die grösste Baustelle noch in der "Eltersensibilisierung")

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BlackIceDefender
03.07.2008
Dann interpretiere ich richtig, dass es keine regelmaessigen Eltern-Lehrer Treffen gibt? Hier gibt es die Parent Teacher Associations (PTA's , www.pta.org). Die Treffen an den Schulen sind regelmaessig. Dort diskutieren Lehrer und Eltern ueber den schulischen Fortschritt der Zoeglinge und Verhalten. Bei auffaelligem Verhalten koennen Eltern, die den Meetings fernbleiben, auch zitiert werden. es gibt auch administrative massnahmen. so koennen eltern, die trotz zitieren nicht an die meetings kommen, wegen vernachlaessigen ihrer elterlichen pflichten bestraft werden. dies kann bis zum entzug der parental rights gehen. ich finde es gut, dass ECPAT das Thema des Missbrauchs von Kindern thematisiert. dass lehrerverbaenda da wegsehen, ist very strange (politisch motiviert, so wie ich das sehe). Bei Gewalt sind auch die Lehrer Opfer. Vielleicht liest eine Lehrperson hier mit und kann mehr dazu sagen?

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Gaby Salvisberg
04.07.2008
Dann interpretiere ich richtig, dass es keine regelmaessigen Eltern-Lehrer Treffen gibt? Als ich hier noch im Schulkind-Alter war (Primar- und Oberstufe) hat die/der KlassenlehrerIn einmal pro Jahr zu einem Elternabend eingeladen. Ist das heute nicht mehr so? Falls doch: Warum werden dort dann nicht auch solche Themen diskutiert? Gaby

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Dragonlord
04.07.2008
Elternabend Bei uns an der Schule wird jedes Jahr einmal zum Elternabend eingeladen. Über ein solches Thema wurde aber noch nie diskutiert. Es wird meistens nur über die Leistung eines jeden Schülers gesprochen und dient weiter dazu die Lehrer ihrer Sprösslinge kennenzulernen. lg Roger

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Telaran
04.07.2008
Als ich hier noch im Schulkind-Alter war (Primar- und Oberstufe) hat die/der KlassenlehrerIn einmal pro Jahr zu einem Elternabend eingeladen. Ist das heute nicht mehr so? Falls doch: Warum werden dort dann nicht auch solche Themen diskutiert? GabyEs ist schwer das "sachlich" zu erklären, aber in meiner Region sind solche Eltern-Abenden nur noch selten und aufgrund mangelnder oder unzureichender Deutschkenntnisse (der Eltern) werden die Gespräche auf ein Minimum reduziert. Das ist wie gesagt und nochmals zu betonen: Zumindest in meiner Region (Wenn ich jüngere Eltern anhöre). @BlackIceDefender: Herr Züger (Spielverband) wünscht sich im Prinzip genau sowas wie "Parent Teacher Associations" (Ein Weg die Eltern Ihren Pflichten bewusst zu machen und zu erreichen). Er will zu den Eltern und Spielern vordringen, aber zumindest im Bildungsbereich hat er bisher nicht die notwendige Unterstützung finden können. @Allgemein Es gibt eben mehrere Probleme: 1) Eltern erreichen 2) Spieler erreichen 3) Medien 4) Umfeld 1) Wie erreicht man Eltern, die "keine Probleme mit Ihren Kindern haben" (nach aussen) oder der Ansicht sind, dass Spiele und Internet kein Problem darstellen 2) Wie erreicht man die Spielsüchtigen, wie kann man sie wieder "zurückholen" oder animieren sich zu ändern. 3) Wie kann in den Medien die Thematik endlich in ein Licht rücken, dass den Tatsachen und Fakten entspricht (8-9% die <Killerspiele> effektiv spielen) 4) Wie kann man "unbeteiligte" Personen Animieren, sich einzubringen. Ehemalige Kollegen (Teamsport, Ausgang, etc), Lehrer, usw welche die negative Entwicklung bemerken und eingreifen. Am Abend war zumindest ersichtlich, dass Züger und Schmid sich bewusst waren, dass die Arbeit auch an Ihnen liegt. Es wurde aber ebenso deutlich, dass die Eltern und Kinder auch erreicht werden und an sich arbeiten müssen.