Tipps & Tricks 15.10.2021, 11:58 Uhr

Im Notfall: Das sind die Tastenkombinationen und die nützlichsten Apps und Uhren

Was sie im Notfall tun sollten, wissen laut einer Comparis-Umfrage zwei Drittel der Schweizerinnen und Schweizer nicht. Wir erläutern die Notfall-Tastenkombinationen am Smartphone und nehmen ausserdem ein paar Notfall-Apps sowie Notfall-Uhren unter die Lupe.
Obwohl die meisten erwachsenen Schweizerinnen und Schweizer ein Smartphone besitzen, wären viele im Notfall aufgeschmissen. Denn die beste Technik nützt nicht viel, wenn man unter Zeitdruck nicht weiss, was zu tun ist.
Eine repräsentative Umfrage von Comparis.ch zeigte 2019 Beunruhigendes: Zwei Drittel der Befragten hatten keine Ahnung, wie man automatisch mit dem Handy einen Notruf absetzt. Einen Notfallpass hatte nur rund ein Fünftel auf dem Smartphone installiert. Die internationalen Notrufnummern kannten gut 40 Prozent nicht. Auch das Wissen um Notfallnummern war lückenhaft: Nur 61 Prozent gaben an, die internationalen Notfallnummern zu kennen. Tatsächlich war laut Comparis die Ignoranz allerdings noch grösser: Von den Personen, die angaben, die Notfallnummern zu kennen, hat ein Fünftel die 112 nicht als europäische Notfallnummer erkannt. Es ist davon auszugehen, dass sich daran auch 2021 nicht so viel geändert hat.

Automatischer Notruf via Smartphone

Bei der genannten Umfrage von 2019 hatten 68 Prozent der Befragten keine Ahnung, wie sie auf ihrem Handy über eine vorinstallierte Tastenkombination einen Notruf absetzen können. In der italienischsprachigen Schweiz mit 75 Prozent Nein-Nennungen sowie dem Alpen- und Voralpengebiet mit 73 Prozent war das Unwissen deutlich ausgeprägter als im Ostmittelland (68 Prozent). Wir zeigen Ihnen im Detail, wie es geht.

Tastenkombinationen für den Notfall

  • iPhone (iOS 8 und neuer):
    Gleichzeitig die Seitentaste und eine der Lautstärketasten gedrückt halten, bis «Notruf SOS» angezeigt wird. Ziehen Sie den Notruf-SOS-Schieberegler, um einen Notruf zu starten. iPhone XR: siehe nächster Punkt. Weitere Informationen finden Sie auf der Apple-Support-Webseite
    Bei iPhones 8 oder neuer: Countdown und allenfalls lauter Signalton
    Quelle: Apple/Screenshot
  • iPhone 7 oder älter:
    Fünfmal schnelles Drücken der Seitentaste (oder obere Taste).
    Hinweis: Das fünfmalige Drücken klappte auch beim iPhone XR 2019. Das startete in unserem Test einen Notruf-Countdown von 5 Sekunden. Achtung: Hinzu kam ein lauter Signalton – unser Redaktor liess vor Schreck fast das Handy fallen. Wer dies ausprobieren möchte, muss schnell sein, um den Countdown noch rechtzeitig zu stoppen – unser Redaktor schaffte es gerade noch. Allerdings sollte erwähnt werden, dass man mit Notrufen nicht herumspielen sollte.
  • Samsung-Notfall-SMS (hängt vom Gerätetyp und der Android-Version ab):
    Beispiel anhand eines Galaxy S10
    Quelle: Samsung
    Dreimal schnell die Ein-/Aus-Taste drücken, um einen Alarm an die Notfallkontakte zu senden. Eine SMS wird an die im Vorfeld definierten Notfallkontakte geschickt.
    Hinweis:
    Die Notfall-SMS-Funktion muss vorher in den Einstellungen unter Erweiterte Funktionen/SOS-Nachrichten senden aktiviert und mindestens ein Notfallkontakt angegeben werden. Der Standort wird immer verschickt (GPS wird automatisch aktiviert). Sie können ausserdem angeben, ob Bilder und Audioaufnahmen angehängt werden sollen (optional). Weitere Informationen finden Sie über diesen Samsung-Support-Link.
  • Huawei Notfall-SOS-Nachricht (hängt vom Gerätetyp und der Android-Version ab):
    Auch bei Huawei können Sie eine SOS-Nachricht an Notfallkontakte schicken. Fünfmal schnell hintereinander die Ein-/Aus-Taste auf Ihrem Gerät drücken. Es werden automatisch eine Nachricht mit ihrem aktuellen Standort an die zuvor hinterlegten Notfallkontakte gesendet.
    Hinweis: Zuvor müssen Sie GPS aktivieren und in der Notfall-SOS-Funktion den Zugriff auf Ihren Standort erlauben. Dies erledigen Sie via Einstellungen/Sicherheit/Notfall-SOS. Dort muss Zusätzlich eine SOS-Nachricht senden aktiviert und Notfallkontakte festgelegt werden. Weitere Informationen finden Sie in diesem Huawei-Support-Artikel.
    Notrufe kann man laut Huawei direkt vom Sperrbildschirm des Geräts tätigen.
Hinweis: Achtung, bei jedem Smartphone und jeder Betriebssystemversion kann es etwas anders sein. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um dies bei Ihrem Smartphone auszuprobieren.
Die wichtigsten Notfallnummern finden Sie übrigens auf dieser Webseite.

Diese Notfall-Apps sind hilfreich

Es gibt ein paar Notfall-Apps: ICE – im Notfall, Notfall-ID, EchoSOS, Ueepa! – 24h Sicherheit – um ein paar Beispiele zu nennen. Wir haben uns eine Handvoll genauer angeschaut.

Erste Hilfe des SRK (Schweizerisches Rotes Kreuz)

Die Rettungs-App des SRK gibt es bereits seit 2014. Die Gratis-App soll eine Anleitung für (fast) alle Notsituationen bieten. Erste Hilfe ist eine gemeinsame Entwicklung der Rettungsorganisationen des SRK. Dazu zählen der Schweizerische Verein für Such- und Rettungshunde REDOG, die Rega, die Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG, der Schweizerische Militär-Sanitäts-Verband SMSV und der Schweizerische Samariterbund SSB.
In der Erste-Hilfe-App des SRK erfahren Sie Schritt für Schritt, wie Sie bei einem Notfall vorgehen sollen
Quelle: Screenshots/PCtipp.ch
Die in der App enthaltenen Erste-Hilfe-Massnahmen entsprechen laut SRK den aktuellen Erste-Hilfe-Richtlinien der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften.
In der Erste-Hilfe-App finden Sie die Registerkarten Wissen, Prävention, Notfall und Test sowie Mehr. Wenn man auf Test geht und dann das Beispiel Bewusstlos nimmt: Man soll die Atmung kontrollieren, indem man den Kopf der Person nackenwärts überstreckt. Dann folgt man Ja/Nein-Fragen. Gleich nach der Beantwortung wird prominent darauf hingewiesen, die Notrufnummer 144 anzurufen. Tippt man auf den entsprechenden Button, wird die Nummer gleich in die Telefon-App eingegeben. Interessant sind z.B., wie viele Herzdruckmassagen pro Minute verabreicht werden sollen.
Es sei dahingestellt, ob man im Notfall nicht besser sofort die Notrufnummer 144 wählen sollte, anstatt noch eine App zu öffnen und darin herumzudrücken. Wir können uns aber vorstellen, dass die App und der Notfall-Coach einigen Personen in einer solchen Situation Sicherheit geben kann. Der Wissensteil ist als Vorbereitung oder Repetition jedenfalls interessant und nützlich.
Die App steht in Deutsch (Erste Hilfe), Französisch (Premiers secours), Italienisch (Primi soccorsi), Rätoromanisch (Emprim agid) und Englisch (First Aid) zur Verfügung.

Rega (Schweizerische Rettungsflugwacht)

Falls es doch einmal schlecht läuft in den Bergen: Mit einem Wisch kann man die Rega-Einsatzzentrale alarmieren und seine Positionsdaten automatisch übermitteln – in der Schweiz und im Ausland. Da der Ernstfall geprobt sein will, verfügt die App über einen Testalarm.
Rega: Auch ohne Gönner-Ausweis kann man diese Notfall-App z.B. in den Bergen nutzen
Quelle: Play Store
Ausserdem gibt es: detaillierte Karten von Swisstopo mit Positionsanzeigen, Informationen zur Alarmierung, Erste Hilfe sowie Lufttransporte für die Berglandschaft.
«Position teilen»: Sie können Ihre Positionsdaten mit Verwandten und Freunden teilen, beispielsweise auf Wanderungen. Diese Personen erhalten einen Link, über den sie Zugriff auf eine Landkarte mit Ihren Positionsinformationen haben. Wenn der Nutzer die Funktion deaktiviert, werden die Daten automatisch gelöscht. Achtung: Diese Zusatzfunktion ist Rega-Gönnerinnen und -Gönnern vorbehalten.
«Aktivität überwachen»:Wenn man allein unterwegs ist, kann man nun bis zu drei Notfallkontakte hinterlegen. Diese werden mit einem automatischen Anruf informiert, falls der App-Nutzer nicht in der Lage ist, die automatische Abfrage auf seinem Smartphone zu quittieren oder er sich länger nicht bewegt. Achtung: Diese Zusatzfunktion ist für Rega-Gönnerinnen und -Gönner vorbehalten.

Uepaa! Die 24 Stunden-App für Sportler und Firmen

In der Schweiz gibt es noch die Notfall-App «Uepaa». Diese wird sowohl von Sportlern als auch von Firmen gerne eingesetzt.
Die Hauptfunktion der Uepaa-Safety-App liegt beim sogenannten «willensunabhängigen Alarm» bei Alleinarbeit (Totmann-System). Sie soll helfen, Arbeitsunfälle verlässlich zu erkennen und dann zu reagieren, wenn der Nutzer selber den Alarmknopf nicht manuell drücken kann. Dazu werden vorab Personen-, Team-, oder Firmen-spezifische Alarmprotokolle hinterlegt.
Uepaa! ist ein 24-Stunden-Notfall-System für Firmen und Sportler
Quelle: Screenshot/PCtipp.ch

Als weitere Funktionen bietet die App Alarm, Standort, Leitstelle etc. und ist in ganze Europa seit 2013 im Einsatz. Das ganze heisst im Fachchargon «willensabhängiger Alarm».
Details finden Sie im Artikel «Notfall-Uhr, Medaillon oder DAB-Radio: Diese Notrufsysteme gibts». Kollege Rüdt schreibt darin: «Nebst den üblichen Alarmierungsfunktionen bietet die App zwei Funktionen, die sie besonders nützlich machen: Einerseits kann sie sogar an einem Ort ohne Netzabdeckung Personen alarmieren, welche die App ebenfalls installiert haben. Andererseits informiert sie nicht nur die Notfallkontakte, sondern auch «Uepaa»-Nutzer in der unmittelbaren Umgebung.»

Diese Notfall-Apps sind hilfreich (Fortsetzung)

Android: ICE – im Notfall

ICE – im Notfall zeigt bei entsprechender Berechtigung die Infos aufklappbar auf dem Sperrbildschirm an
Quelle: cm/PCtipp
Ab Android Lollipop erzeugt die ICE-im-Notfall-App eine permanent sichtbare Benachrichtigung auf dem Sperrbildschirm.
Damit können Sie z.B. Ihre Blutgruppe, Allergien, einzunehmende Medikamente sowie ob Sie Organspenterin/-spender sind, hinterlegen. Ausserdem sind über das Plus-Symbol Kontakte hinzufügbar. Nach dem Erfassen können Sie per Schieberegler die Erlaubnis für Anrufe aus den Benachrichtigungen heraus erteilen.
Der Funktionsumfang ist etwas überschaubar, aber man kann das Wichtigste hinterlegen und die Anzeige auf dem Sperrbildschirm funktioniert. Diese Info (siehe Bild unten) kann ein Helfer aufklappen, dann sieht er (trotz Sperrbildschirm) die hinterlegten Infos zu Allergien, Hausarzt etc. 

iOS: DeafVoice: Notruf-App für Gehörlose

RetteMi.ch gibt es 2021 nicht mehr
Quelle: Screenshot/PCtipp.ch
Hinweis: An dieser Stelle war früher retteMi.ch aufgelistet. Bei retteMi.ch handelte es sich um ein gemeinsames Projekt des Ostschweizer Polizeikonkordates sowie der KaPo Freiburg und Waadt. Bei Fragen zur App war die Kantonspolizei St. Gallen zuständig. Doch die retteMi-App gibt es 2021 nicht mehr, wie PCtipp auf Anfrage bestätigt wird. Ein Sprecher der KaPo St. Gallen sagte, retteMi sei schlecht genutzt und deshalb nicht weiter aufrecht erhalten worden.
DeafVoice
DeafVoice ist eine Notruf-App für Gehörlose in der Schweiz. Die App gibts seit 2019 (unser Download-Tipp von damals). Mit DeafVoice können gehörlose Menschen bei Notfällen direkt und barrierefrei Polizei, Krankenwagen, Feuerwehr oder Rettungshubschrauber per Chat anfordern. Die App ist auch bei Vergiftungsnotfällen sofort einsetzbar. Leider ist auch 2021 die App nur für iOS verfügbar und noch nicht für Android-Smartphones. In den App-Store-Bewertungen schreiben einige Nutzer, die App sei nicht nur für Gehörlose nützlich, sondern allgemein. Denn je nach Gefahrensituation kann man nicht immer frei sprechen.
Die App ist via deafvoice.ch/ erhältlich
Quelle: Screenshot/PCtipp.ch
Die App bietet beispielsweise:
  • Reiner Textchat: Der Notruf wird für die gehörlose Person komplett als Chat dargestellt. Die wesentlichen Informationen werden automatisch übertragen. Das Eintippen von Zusatzinformationen sei zwar möglich, aber selten notwendig.
  • Normaler Notruf: Ein Notruf wird über die normalen Notrufnummern durchgeführt.
  • Umwandlung in Sprache: Seitens Notufzentrale findet der komplette Notruf des Gehörlosen als normaler Sprachanruf über das Telefon statt.
  • Umwandlung in Text: Was die Notrufzentrale antwortet, wird für die Gehörlose wieder in Text umgewandelt.
  • Übertragung des Standorts: Der Standort des Gehörlosen wird beim Notruf direkt in eine Adresse umgewandelt und der Notrufzentrale angesagt.
  • Dank Spenden kostenlos
  • nur iOS
Deutschland: Nora-App für hörgeschädigte Menschen
Falls Sie dies aus Deutschland lesen: In Deutschland gibt es die Notruf-App «nora». Bislang mussten hörgeschädigte Menschen in Deutschland bei Notfällen auf Dritte oder das Fax zurückgreifen. Die Notruf-App «nora» ist kürzlich in 15 Bundesländern an den Start gegangen. Vor allem hörgeschädigte Menschen in Deutschland können in Zukunft per App die Feuerwehr, Rettungsdienste und Polizei rufen. 

Smartwatches und Notfall-Uhren

Smartwatches

Die Apple Watch hat eine Sturzerkennung
Quelle: Apple
Es muss nicht extra ein spezielles Gerät oder Abo sein: Auch einige Smartwatches kennen Notruffunktionen. Wer eine Apple-Watch Series 4 oder neuer besitzt, kann unter Umständen ganz auf die beschriebenen Systeme verzichten: Wenn die Smartwatch schwere Stürze erkennt, gibt sie einen Alarmton aus und zeigt auf dem Display eine Meldung an. Der Träger oder die Trägerin kann nun entweder einen Notruf absenden oder die Meldung mit Antippen von «Mir geht’s gut» quittieren. Reagiert man nicht innerhalb einer Minute, beginnt ein 30-sekündiger Countdown, bevor der Alarm ausgelöst wird. Danach werden alle Notfallkontakte per Nachricht über den Alarm und den Standort  der gestürzten Person informiert. Hier gehts zu unserem Test der Apple Watch 6.
Auch Samsungs Galaxy Watch3 (Test) und Watch4 (Test) haben einen Sturz­sensor; genau wie die Samsung Watch Active 2. Hier startet ebenfalls ein Countdown, wird er nicht rechtzeitig abgebrochen, werden die Notfallkontakte alarmiert und der letzte erfasste Standort übermittelt.

Notfall-Uhren

Von der Firma Limmex gib es einfache Notrufuhren, die ohne Basisstation auskommen: Dank integrierter SIM-Karte, Lautsprecher und Mikrofon ist ein Hilferuf von unterwegs per Tastendruck immer möglich. Wird ein Alarm ausgelöst, kann man auch innerhalb von 60 Minuten auf die Uhr anrufen. Der Akku hält bis zu sieben Tage.
Ein ähnliches Konzept verfolgt der Hersteller SmartWatcher (smartwatcher.com/ch). Auch seine Uhren verfügen über einen Alarmknopf, mit dem je nach Abo Bekannte oder die Notrufzentrale angerufen werden. Diese Uhr hat zudem einen Inaktivitätssensor. Das heisst, sie merkt, wenn sich jemand nicht bewegt, und löst selbst Alarm aus.
Weitere Informationen finden Sie auch im Artikel «Notfall-Uhr, Medaillon oder DAB-Radio: Diese Notrufsysteme gibts».
(Dieser Artikel erschien erstmals im Juli 2019 und wurde am 14.10.2021 aktualisiert.)


Autor(in) Beat Rüdt



Kommentare
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actiread
15.10.2021
... die App retteMi.ch fehlt ebenfalls unverständlicherweise.